Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Grundrente könnte auf Dauer auslaufen
Die geplante Grundrente könnte nach einem Vorschlag aus der Unionsfraktion auf Dauer wieder auslaufen. Eine Arbeitsgruppe der Fraktion im Bundestag schlägt dazu höhere Rentenanwartschaften für Geringverdiener vor. Arbeitgeber sollen für Menschen mit Niedriglohn höhere Rentenbeiträge zahlen. Dazu sollen die Rentenbeiträge mindestens von einem bestimmten Wert berechnet werden, der höher als tatsächliche Niedriglöhne ist.
Friedrich Merz ist unbestritten ein Meister. Ein Meister des Comebacks. Der Sauerländer will es noch einmal wissen – und wirft seinen Hut erneut in den Ring für den Cdu-vorsitz. Allerdings macht er das nicht persönlich, sondern lässt es die Öffentlichkeit „aus seinem engsten Umfeld“erfahren. Am Donnerstagabend gab er sich zurückhaltend, antwortete auf eine Frage nach seinen Plänen nur indirekt: Ja, er sei bereit, Verantwortung zu übernehmen. „Wir müssen wirklich sorgfältig abwägen, in welcher Kombination und Konstellation wir in die nächste Bundestagswahl gehen.“Es gebe auch einen Tag danach: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Union zusammenbleibt. Das ist nicht trivial.“Klar ist danach: Der 64- Jahre alte Jurist wird nicht zurückziehen.
Seit 2018 feilt der ehemalige Fraktionschef am Comeback
Trotz der jahrelangen Politikabstinenz schaffte er es im Dezember 2018, die Mitglieder der CDU zu begeistern und frustrierte Gegner von Kanzlerin Angela Merkel auf sich zu vereinen. Er konnte sich gegen seine Konkurrentin auf dem Hamburger Parteitag – Cdu-generalsekretärin Annegret Kramp-karrenbauer – dennoch nicht durchsetzen. Der Grund lag vor allem in seiner Rede, die allgemein als mau empfunden wurde. Ein hohes Amt in der Partei lehnte Merz nach seiner
Niederlage ab. Es kam bei vielen in der Partei nicht gut an.
Merz ging zurück in die Wirtschaft, arbeitete im Hintergrund aber weiter an seiner politischen Karriere, besuchte Parteiveranstaltungen, traf sich mit Journalisten, hielt sich im Gespräch. Seine Anhänger, besonders der Wirtschaftsflügel von Partei und Fraktion, unterstützten ihn. Im Sommer 2019 wurde er Vizepräsident des Cduwirtschaftsrates. Bei der Jungen Union, der Jugendorganisation der CDU, hatte er im Oktober einen umjubelten Auftritt.
Doch dann sah es so aus, als hätte Merz sein Pulver zu früh verschossen. Am Tag nach der Wahl in Thüringen gab Merz dem ZDF ein Interview. Anlass waren die Verluste der Volksparteien bei der Wahl im Osten. Er kritisierte das Erscheinungsbild der Bundesregierung als „grottenschlecht“. Die „Untätigkeit und die mangelnde Führung“von Kanzlerin Angela Merkel legten sich seit Jahren wie ein „Nebelteppich“über das Land. „Das kann so nicht weitergehen, und ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass diese Art des Regierens in Deutschland noch zwei Jahre dauert. Das geht einfach nicht.“
Seine Bemerkungen schadeten ihm selbst. Er sei weit über das Ziel hinausgeschossen, hieß es unisono. Merz, der Nestbeschmutzer. Das nervte selbst Unterstützer. „Das war suboptimal“, sagte etwa CSU-CHEF Markus Söder – und senkte damit erst mal den Daumen. Merz gab sich im Anschluss reumütig. Gute Freunde hätten ihm gesagt, er müsse aufpassen, nicht zu weit zu gehen. Und dass er nicht derjenige sein dürfe, der auslöse, „dass wir in der Union einen ähnlichen Umgang mit den gewählten Repräsentanten erreichen wie die Sozialdemokraten“.
„Friedrich Merz bringt aus meiner Sicht das mit, was unser Land und die CDU jetzt brauchen“Kai Wegner, Berliner Cdu-vorsitzender
Die Vorwürfe trafen ihn sehr. Der Putsch gegen Kramp-karrenbauer mit Merz an der Spitze, auf den so manch einer gehofft hatte, fiel beim Cdu-parteitag in Leipzig aus.
Merz ist blitzgescheit, analysiert schnell und treffend, redet anschaulich und mitreißend. Manches Mal ist seine brillante Rhetorik sein größtes Problem: Er kann seine Zunge nicht im Zaum halten, schießt mit Bemerkungen über das Ziel hinaus, verletzt, wirkt arrogant. Auch sein Ehrgeiz wird von manchem Cdu-funktionär kritisch beäugt. Parteichef, Minister oder Kanzler? Drunter macht er es ja nicht, heißt es.
Auch die Frage, ob er wirklich teamfähig ist, beantworten viele mit einem Kopfschütteln. Er wolle keine One-man-show sein, aber genau so gebe er sich. Auch die Unfähigkeit, mit Kritik an seiner Person konstruktiv umzugehen, wird gegen ihn ins Feld geführt. Doch Merz hat an sich gearbeitet. Auch wenn er mit seinen eingestickten Initialen auf den Hemden und einem gewissen großspurigen Auftreten manches Mal aus der Zeit gefallen wirkt, so verfügt er über den politischen Kompass, der die CDU im Innersten prägt. Er ist überzeugter Transatlantiker, ein großer Proeuropäer, ein liberaler Wirtschaftler. Merz ist CDU pur, eher rechts von der Mitte, ohne ein Scharfmacher zu sein. Er wäre ein klares Gegenmodell zu den Grünen.
Und kommt bei den Menschen an. Bei der jüngsten Forsa-umfrage lag er mit 27 Prozent als Kanzlerkandidat vor seinen Mitbewerbern, Nrw-ministerpräsident Armin Laschet und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. „Friedrich Merz bringt aus meiner Sicht das mit, was unser Land und die CDU jetzt brauchen. Er spricht eine klare Sprache und er hat ein erkennbares Profil“, sagte der Berliner Kai Wegner am Donnerstag und kam damit als erster Cdu-landeschef aus der Deckung. „Mit seiner klaren Haltung kann er der CDU Orientierung geben.“
Der Vater dreier Kinder war schon einmal Hoffnungsträger der CDU, im Februar 2000 wurde er – auf dem Höhepunkt des Parteispendenskandals – mit beachtenswerten 96 Prozent zum Vorsitzenden der Unionsfraktion gewählt. Merz sollte die Fraktion aus der Krise führen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hatte er dabei erste Erfolge. Doch dann kam Merkel.
Sie war in den Wirren des Parteispendenskandals an den Parteivorsitz gekommen und hatte sich bei einem legendären Frühstück beim damaligen CSU-CHEF Edmund Stoiber in Wolfratshausen zusichern lassen, dass er sie – egal, wie Stoiber bei der Wahl abschneidet – als Vorsitzende der gemeinsamen Bundestagsfraktion vorschlägt. Stoiber verlor gegen Spd-kanzler Gerhard Schröder – doch Merkel erinnerte den CSU-CHEF an die Absprache. Merz ging als Verlierer aus dem Duell hervor. Und war mächtig sauer, persönlich auf das Tiefste gekränkt. Eine Versöhnung mit Merkel gab es nie, er zog sich von wichtigen Posten in Fraktion und Partei zurück. „Ich habe andere Koordinaten als nur politische Ämter“, sagte er damals. Eng mit ihm verbunden blieb der Begriff der deutschen Leitkultur, mit der er die Ausländerpolitik der CDU auf ein Nein zur Zuwanderung festschreiben wollte. Unvergessen ist auch, wie er im Oktober 2003 die Eckpunkte einer radikalen Steuerreform präsentierte, die auf einem Bierdeckel erklärbar sein sollte.
Der Hobbyflieger kennt sich aus mit kritischen Höhen
Merz weiß um seine Schwächen, versucht, sie beiseite zu räumen. So kündigte er vor Kurzem an, seine Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender des Us-finanzkonzerns Blackrock in Deutschland Ende März zu beenden. Doch bei Blackrock sehen viele in der Partei auch einen Stolperstein. Schlummern da Fallen in seiner beruflichen Vergangenheit? Merz wird das Risiko auf sich nehmen. Der Hobbyflieger kennt sich aus mit kritischen Höhen. Es wird erzählt, dass er teils zu Terminen den nächstgelegenen Flughafen selbst anfliegt - und dann ein Taxi bestellt.
Wie geht es nun weiter? Merz Vorpreschen vom Mittwochabend, mit dem er die interne Verständigung unter den Favoriten torpediert hat, treibt viele in der Cdu-führung zur Weißglut. Merz sieht es so: Er hat den Preis hochgetrieben. Ein Superministerium – darunter wird er es nicht machen. Seiner politischen Karriere steht nichts mehr im Weg. Außer vielleicht er selbst.