Thüringer Allgemeine (Bad Langensalza)
Das Bistum Erfurt schrumpft – statt 63 nur noch 46 Pfarreien
Fusionierte Gemeinden werden neu gegründet. Mehr Eigenverantwortung für Gläubige. Wortgottesdienste neben Heiliger Messe
Erfurt. Kirchen werden auch in Zukunft im Bistum Erfurt weder geschlossen noch verkauft. Das versprach gestern Bischof Ulrich Neymeyr bei der Vorstellung der zweiten Phase der Bistumsreform.
Ansonsten aber stehen den katholischen Gemeinden in Thüringen einschneidende Veränderungen bevor. Gründe sind die sinkenden Mitgliederzahlen auf zuletzt 151 000 Katholiken, vor allem aber fehlende Priester. „Allein in diesem Jahr stehen zehn Geistlichen, die in den Ruhestand gehen, nur zwei Priesterweihen gegenüber. Wir können deshalb nicht mehr so viele Priesterstellen besetzen wie bisher“, so Neymeyr.
Seit Beginn der Reform im Jahre 2012 setzt das Bistum deshalb auf weniger Pfarrämter. Dafür werden bisherige Pfarreien aufgelöst und zu neuen Pfarreien fusioniert. In der ersten Phase der Reform betraf dies etwa Nordhausen, Arenshausen, Gotha oder Weimar.
Mit der zweiten Phase Anfang 2017 kommt ein Dutzend NeuPfarreien hinzu. Generalvikar Raimund Beck nannte die Pfarreien Erfurt/Innenstadt, Heiligenstadt/Innenstadt, Heiligenstadt/St.Gerhard, Mühlhausen, Arnstadt, Küllstedt, Heyerode, Leinefelde, Worbis, Uder, Weißenborn-Lüderode und Jena.
So werde die neue InnenstadtPfarrei St. Laurentius in Erfurt aus den bisherigen Pfarreien St. Lorenz, St. Severi und St. Wigbert entstehen. In der Pfarrei Arnstadt kommen die jetzigen Pfarreien Arnstadt und Ilmenau zusammen. Die Gesamtzahl der Pfarrämter sinke zum 1. Januar 2017 von 63 auf 46. 16 Pfarrer werden umgesetzt. Die Pfarrer selbst sollen schon ab August dieses Jahres vor Ort sein.
Zum Abschluss der dritten Reformphase Ende 2021 werden es nur noch 33 Pfarreien sein.
Künftig unterscheidet das Bistum zwischen Pfarrgemeinden – Orten, in denen noch ein Pfarrer wohnt – und Kirchorten. In letz- teren sollen engagierte Gläubigen ein lebendiges Gemeindeleben pflegen. „Ich erhoffe mir, dass die Kirchorte eine Eigenverantwortlichkeit entwickeln und kirchliches Leben auch da ermöglichen, wo kein Pfarrer wohnt“, sagte Neymeyr.
Schon jetzt würden vielerorts Getaufte und Gefirmte die Gemeinden vor Ort mittragen. „Durch Taufe und Firmung sind sie nicht nur Mitglieder unserer Kirche, sondern auch geistlich qualifiziert, Kirche mitzugestalten“, so der Bischof.
Die größte Pfarrei wird Leinefelde mit 9000 Gläubigen sein. Die meisten Kirchorte – nämlich 12 – sind in der Pfarrei Arenshausen zusammengefasst.
Nach Meinung von Anne Rademacher, Leiterin des Seelsorgeamtes, zieht die Reform eine Neuverteilung der Aufgaben zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen nach sich. „Das Bild von Kirche, wie es seit mehr als 150 Jahren verankert ist, wird sich ändern. Nicht alle Engagements können aufrecht erhalten werden“, sagte Rademacher.
So müsse in den Kirchorten überlegt werden, wo die Arbeit mit Kindern vorrangig sein wird, weil es dort viele Kinder gibt, oder wo zum Beispiel Flüchtlinge im Mittelpunkt stehen werden. „Wir schreiben den Kirchorten nichts vor, entscheidend ist, wozu die Leute Lust haben“, sagte Rademacher.
Wichtig sei dabei der Mut, etwas anzufangen und die neuen Freiheiten zu nutzen. Sakramente wie Taufe, Beichte oder Ehe würden aber weiterhin nur von Hauptamtlichen erteilt.
Hinsichtlich des sonntäglichen Gottesdienstes hält das Bistum neben der von Priestern gehaltenen Heiligen Messe weiter an sogenannten „priesterlosen Wortgottesdiensten“durch katholische Laien fest. „Im Bistum Erfurt können auch Diakonatshelfer und Gemeindemitglieder einem Gottesdienst vorstehen, wenn kein Pfarrer kommen kann“, so Neymeyr. Diese Tradition sei vor 50 Jahren in der Thüringer Diaspora begründet worden und inzwischen auch vom Vatikan anerkannt.