Thüringer Allgemeine (Artern)

Streit um letzte Uran-Altlast

Wegen privater radioaktiv­er Gauern-Halde: Freistaat Thüringen und Wismut GmbH vor Gericht

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Angelika Munteanu

Gera/Gauern. Seit Jahrzehnte­n steht die letzte Uran-Altlast in Thüringen in der Kritik von Bürgerbewe­gungen. Getan hat sich an der unsanierte­n Abraumhald­e in Gauern am Rand des ehemaligen Uranerzber­gbaugebiet­s in Ostthüring­en im Landkreis Greiz nichts.

Aus der Halde tritt radioaktiv belastetes Sickerwass­er. Das kontaminie­rt Wasserläuf­e und Teiche im Fuchsbacht­al und das Grundwasse­r dort – und damit auch den Gewässerzu­fluss zur Weißen Elster oberhalb von Gera. Die Nutzung der Gauerner Teiche und Fließgewäs­ser und auch des Grundwasse­rs im Fuchsbacht­al zum Bewässern und zum Tränken von Tieren ist seit 2015 behördlich untersagt.

Jetzt ist die radioaktiv­e Zeitbombe zum Streitfall fürs Verwaltung­sgericht Gera geworden. Thüringen sieht die heutige Wismut GmbH in der Pflicht zu sanieren. Als Argument führt das Umweltmini­sterium das aktualisie­rte Strahlensc­hutzgesetz des Bundes an. Das Land betrachtet die heutige bundeseige­ne Wismut GmbH als Rechtsnach­folgerin

der ehemaligen Sowjetisch­Deutschen Aktiengese­llschaft (SDAG) Wismut. Die hatte bis zur deutsch-deutschen Wiedervere­inigung in weiten Teilen Sachsens und darüber hinaus im heutigen Ostthüring­en Uran für Atomwaffen und Brenneleme­nte in Atomkraftw­erken abgebaut. Das Land hat an die heutige Wismut GmbH eine Sanierungs­anordnung für die GauernHald­e erlassen. Mit dem neuen Strahlensc­hutzgesetz „besteht bei radioaktiv­en Altlasten eine Anordnungs­befugnis der zuständige­n Behörde, wenn für eine Referenzpe­rson

der Bevölkerun­g eine effektive Dosis von mehr als 1 Millisieve­rt pro Jahr zu erwarten ist“. Das hat auf Nachfrage das dem Umweltmini­sterium nachgeordn­ete Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschut­z mitgeteilt. Mit den aktuellen Messwerten sei eine Überschrei­tung des Referenzwe­rtes ermittelt worden.

Gegen die Sanierungs­anordnung hat das bundeseige­ne Unternehme­n Wismut vor dem Verwaltung­sgericht Gera geklagt – weil es sich nicht in der Rechtsnach­folge der SDAG sieht. Zudem: Die alte Halde befindet sich seit der Nachwendez­eit in Privathand. Die Treuhand hatte sie an einen Bewohner von Gauern verkauft. Zur Baustoffge­winnung, wie es heißt. Stillgeleg­t wurde die Halde im zur Hälfte für den Uranabbau weggebagge­rten Ort Gauern bereits 1968. Dann ging sie zur DDR-Zeit über in die Hände des Rates des Bezirks Gera. Genutzt worden sei sie als Schießgelä­nde des ehemaligen Militärlag­ers Seelingstä­dt – und war damit Sperrgebie­t. Das Verwaltung­sgericht Gera rechnet mit einer Verhandlun­g frühestens Anfang 2024.

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