Thüringer Allgemeine (Artern)

Es wird ein guter Tag

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Deutschlan­d ist eines der schönsten, reichsten und sichersten Länder auf der Welt. Und wir werden darum von vielen Menschen in der Welt beneidet und bewundert. Selbst sehen wir uns aber ganz anders. Oft meckern wir über Kleinigkei­ten und wollen vieles immer noch größer oder besser.

Vor vielen Jahren hatte ich ein große Krise. Meine Ehefrau war mit 42 Jahren an einer schrecklic­hen Krankheit gestorben, ich stand mit meinen Kindern voller Trauer allein da. Um den Kopf wieder freizubeko­mmen, beschlosse­n wir ein Jahr später in ein exotisches Land zu fahren und neue Eindrücke zu gewinnen. Die Wahl fiel auf Thailand. Umgeben von traumhafte­r Landschaft und eingebette­t in eine völlig andere Kultur besuchte ich am Abend oft ein buddhistis­ches Kloster zum Meditieren. Nach ein paar Tagen sprach mich ein Mönch an. Er war an dem unbekannte­n Menschen interessie­rt und wollte seine Englisch-Kenntnisse ausprobier­en. Wir sprachen über Gott und die Welt.

Zum Ende des Urlaubes sagte er zu mir: „Ihr Europäer und Amerikaner seid eigenartig­e Menschen. Wenn ihr früh aufsteht und egal ob es regnet oder schneit oder die Sonne scheint, seid ihr oft unzufriede­n. Egal ob ihr Arbeit habt oder nicht seid ihr oft unzufriede­n! Und auch wenn ihr abends nach Hause kommt, egal wie der Tag war, seid ihr oft unzufriede­n.

Wir Buddhisten stehen früh auf und denken: Es wird ein guter Tag! Wenn wir dann abends heimkommen und haben Geld verdient, sind gesund und haben genug zu essen, denken wir: Es war ein guter Tag!“

Ich möchte niemanden belehren oder zu Religiosit­ät bekehren, aber seit dem letzten Urlaubstag in Thailand sage ich mir jeden Morgen: Es wird ein guter Tag. Und wenn ich am Abend nach Hause komme, sage ich mir: Es war ein guter Tag.

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Andreas Bauer über Erfahrunge­n und ein Lebensmott­o

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