Thüringer Allgemeine (Artern)

Segway-Flitzer stören nicht beim Plaudern

Nur wenige Besucher beim dritten Familienfe­st am Unstrut-Werra-Radweg. Viel Zeit für Gespräche über Ideen zum Radtourism­us

- Von Timo Götz

Sondershau­sen. Für schnelle Runden auf zwei Rädern blieb auf dem Festplatz am Radweg in Jecha am Samstag reichlich Raum. Mit Segways, Elektrorol­lern, die allein durch Körperbala­nce gesteuert werden, kurvten etliche Gäste auch zwischen den Ständen umher und düsten sogar auf den Platz vor der Bühne. Mit anderen Besuchern vom Familienfe­st des Landkreise­s kamen sie sich nicht ins Gehege, wenn sie den abgesteckt­en Parcours für ihre Zweirad-Flitzer verließen. Lediglich ein paar Dutzend Gäste verliefen sich auf dem großen Areal neben dem Jechaer Sportplatz. Dort fand das Fest in diesem Jahr zum ersten Mal statt.

„Der neue Platz liegt wohl nicht so optimal“, schätzt Helmut Nüchter ein, der für den Sondershäu­ser Ortsverban­d des Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­bs (ADFC) einen Informatio­nsstand betreute. Er vermutet, dass viele Radfahrer, die am Wochenende sicher wieder massenhaft auf dem UnstrutWer­ra-Radweg in kaum mehr als 100 Metern Entfernung vorbei rollten, den Abstecher zum Festgeländ­e scheuten oder gar nicht fanden. So aber sei ihm mehr Gelegenhei­t geblieben, den aus seiner Sicht wirklich hervorrage­nden Auftritten von Schülern vom Carl-SchroederK­onservator­ium, der Musikschul­e des Kyffhäuser­kreises, auf der Festbühne zu lauschen.

Zeit fand der Fahrradfre­und am Samstag außerdem, mit den vereinzelt­en Besuchern an seinem Stand Gespräche über die Situation von Radfahrern im Landkreis und auch in der Stadt Sondershau­sen zu führen. Dabei sei immer wieder zu hören gewesen, dass der Landkreis in Sachen Radtourism­us wirklich viel in Bewegung gesetzt habe. „Mit dem Weg in die Steinzeit gibt es ja bald noch eine sehr interessan­te Route mit einer landschaft­lich schönen Anbindung zur Steinrinne nach Bilzingsle­ben. Wenn es nun noch gelingt, die letzte Lücke zwischen Groß- und Kleinfurra zu schließen, steht auch einer Radtour in den Harz auf sicheren Routen nichts mehr im Wege.“

Zum Thema Radtourism­us hatte Nüchter außerdem an den Ständen links und rechts neben dem ADFC-Pavillon sehr engagierte Gesprächsp­artner. Dagmar Dittmer, die Vorsitzend­e vom Verein „Hohe Schrecke“, etwa warb dort für Radtouren in ihrer Gegend. Und am Stand vom Tourismusv­erband Südharz-Kyffhäuser hat das Thema mit den damit verbundene­n Aussichten, mehr Besucher in die Region zu lotsen, derzeit ohnehin einen hohen Stellenwer­t, wie der Verbandsvo­rsitzende Matthias Deichstett­er immer wieder betont. Am Samstag war er allerdings als Musiker und Chef der Kreismusik­schule auf der Bühne eingespann­t.

„In den vergangene­n beiden Jahren war beim Fest doch deutlich mehr los“, hielt auch Dagmar Dittmer mit ihrem Bedauern über das geringe BesucherIn­teresse am Samstag nicht hinterm Berg. Sicher sei das Wetter mit Nieselscha­uern am Vormittag auch nicht günstig gewesen, schränkt sie ein. Ungeachtet dessen nutzte aber auch sie die Gelegenhei­t, mit den wenigen Gästen ausgiebige­re Gespräche zu führen, um die Ideen von einem neuen Radweg rund um das Waldgebiet Hohe Schrecke zu verbreiten.

„Dort gibt es schon ganz gut befahrbare Abschnitte. Und wenn bald die Brücke bei Reinsdorf gebaut wird, kommt noch ein Stück hinzu.“

Aber auch die Pisten durch den Wald seien mit dem Rad gut zu bewältigen, stiftete sie Radfreunde an, schon jetzt mal in die Hohe Schrecke aufzubrech­en. Dorthin könne man sich auch jetzt schon gut von Sondershau­sen aus über den Unstrut-Werra-Radweg auf den Weg machen, findet Nüchter. Größere Hürden gebe es dagegen für Radfahrer innerhalb der Stadt Sondershau­sen. „Dort haben sie noch immer mit Stückwerk zu kämpfen. Es gibt kein durchdacht­es Radwegenet­z. Und ausgeschil­derte Anbindunge­n vom Stadtzentr­um zu den Fernradrou­ten fehlen nach wie vor.“Wegen solcher Mängel sei es auch um die Sicherheit für Radfahrer in Sondershau­sen nicht gut bestellt, erklärt das ADFC-Mitglied. Deshalb lag die Kreisverke­hrswacht mit ihrem Angebot genau richtig, Kinder mit einem Reaktionst­est auf einem Fahrrad, dessen Bremsen mit einem Laptop verbunden waren, beizubring­en, wie sie auf plötzliche Gefahren schnell und sicher reagieren können. Reichlich Zeit für Trainingsr­unden durch die virtuelle Welt fanden die Teilnehmer, weil auch hier nur wenig Andrang herrschte.

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Auf Zweirädern mit Elektroant­rieb, den Segways, düsten beim Familienfe­st des Landkreise­s in Jecha nicht nur Kinder über den ziemlich leeren Platz.
 ??  ?? Stolz wie Oskar versuchte die einjährige Charlotte aus Sondershau­sen, schon mal Rad zu fahren. Freie Bahn hatte sie meistens. Fotos: Timo Götz ()
Stolz wie Oskar versuchte die einjährige Charlotte aus Sondershau­sen, schon mal Rad zu fahren. Freie Bahn hatte sie meistens. Fotos: Timo Götz ()

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