Kommunen klagen über Kosten für leer stehende Flüchtlingsheime
Landkreise beziffern Außenstände auf acht Millionen Euro. Kritik an der Landesregierung. Konflikt im Kabinett
Erfurt. Die Thüringer Kommunen werfen dem Land vor, sie mit den Kosten für leer stehende Flüchtlingsheime und -wohnungen allein zu lassen. Allein in den Kreisen seien die Außenstände bis Ende vorigen Jahres auf etwa acht Millionen Euro angewachsen, sagte gestern die Präsidentin des Landkreistages, Martina Schweinsburg (CDU), gestern der Thüringer Allgemeinen. „Die laufenden Kosten knallen uns immer stärker um die Ohren.“
Wie das Migrationsministerium auf Anfrage mitteilte, standen von den rund 130 Gemeinschaftsunterkünften in den Kommunen zuletzt etwa 40 leer. Nur die Hälfte der insgesamt 13 500 Unterbringungsplätze war belegt – obwohl mittlerweile in den Heimen nicht nur Asylbewerber, sondern auch anerkannte Flüchtlinge untergebracht werden dürfen. Die etwa 8000 Plätze in Wohnungen seien zu 85 Prozent ausgelastet.
Das Problem für die Kommunen: Nach geltender Rechtslage übernimmt das Land nur die Kosten für belegte Unterkünfte. Die Ausgaben für Leerstand werden nicht kompensiert.
Auch der Gemeinde- und Städtebund übte Kritik an dieser Praxis. „Es muss jeder bereit gestellte Unterbringungsplatz vom Land bezahlt werden – und nicht nur der belegte“, sagte Geschäftsführer Ralf Rusch. Alles andere ergebe keinen Sinn.
Schweinsburg griff Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) scharf an. „Wir haben uns schon so oft beschwert“, sagte sie. „Aber der Minister sitzt es einfach aus.“Das Thema stehe deshalb heute auf der Tagesordnung der Präsidiumssitzung des Landkreistages.
Minister Lauinger hingegen erklärte sich mit den Kommunen solidarisch. Die Spitzenverbände machten „zu Recht“auf die „Problematik des Leerstands“aufmerksam, sagte sein Sprecher. Er verwies darauf, dass bereits einige Regeln gelockert worden seien: So könnten inzwischen die Gemeinschaftsunterkünfte „anderweitig genutzt“werden. Weitere Zugeständnisse seien noch Gegenstand von Verhandlungen.
Laut einer internen Kabinettsinformation, die der TA vorliegt, blockiert Finanzministerin Heike Taubert (SPD) eine stärkere Entschädigung der Kommunen. In diesem Zusammenhang kritisierte sie Lauinger: Die Informationen des Migrationsministeriums h m h zu den Kosten seien „zu pauschal“, es fehlten „konkrete Bezifferungen“. Aus diesem Grund komme weder eine konkrete Kostenübernahme noch ein pauschaler Ausgleich über die allgemeinen Zuschüsse infrage. Die Kommunen besäßen ausreichend Handlungs- und Entscheidungsspielräume, heißt es in der Vorlage, die im April im Kabinett beraten wurde.
Auch das Land bleibt derzeit auf Kosten für ungenutzte Heime ü sitzen. Von den zwischenzeitlich zehn Erstaufnahmeeinrichtungen, die das Land betrieb, wird nur noch das Heim in Suhl genutzt. Zwei leer stehende Immobilien in Gera und Eisenberg befinden sich im Besitz des Freistaates. Miete bezahlt das Land für ein früheres, nun leeres Aufnahmeheim in Hermsdorf im Saale-Holzland-Kreis. Der Vertrag läuft nach Angaben des Migrationsministeriums erst im nächsten Jahr aus.