Landeshauptstadt erwägt den Verkauf der Erfurter Bahn
„Tafelsilber“soll dazu beitragen, das Schulbauprogramm umzusetzen. Oberbürgermeister: „Die Bahn stellt keine direkte Daseinsfürsorge dar“
Erfurt. Um das Schulbauprogramm zu finanzieren, muss sich die Stadt Erfurt von Tafelsilber trennen. Die Stadtspitze schließt dabei auch einen Verkauf der Erfurter Bahn nicht aus. „Das wäre eine Option, weil die Erfurter Bahn keine Daseinsfürsorge in dem Sinne darstellt“, bestätigt Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD).
Bei der Erfurter Bahn, die eine hundertprozentige Stadttochter ist, handele es sich um „ein tolles Unternehmen mit einer tollen Entwicklung“, sagt Bausewein. „Aber wir müssen die Diskussion führen, ob man sich nicht von ihr trennt, um das Geld zweckgebunden für die Schulsanierung einzusetzen.“
Das Schulbauprogramm sieht vor, alle nötigen Sanierungsund Neubaumaßnahmen in zehn Jahren abzuschließen. Laut Stadtentwicklungsdezernent Alexander Hilge (SPD) hat es ein Volumen von 450 Millionen Euro. Rund 100 Millionen Euro müssen dabei von der Stadt aufgebracht werden.
Da diese Summe aus dem jährlichen Haushalt nicht zu erwirtschaften ist, müsse sich die Stadt von Eigentum und Beteiligungen trennen, meint Bausewein. Alternativ zum Verkauf der Erfurter Bahn seien Verkäufe unbebauter Grundstücke, von städtischen Mietshäusern in der Die Erfurter Bahn auf dem Hauptbahnhof in der Landeshauptstadt. Foto: Marco Schmidt
Verwaltung der Kowo und von Ärztehäusern denkbar. „Wir haben die begründete Hoffnung, auf die Summe zu kommen – so oder so“, sagt Bausewein.
Den Verkauf von nennenswerten Anteilen der Kowo oder
der Stadtwerke schließt er aber aus. Diese städtischen Unternehmen machten die Daseinsfürsorge der Kommune aus. Bei der Erfurter Bahn sei das nicht direkt der Fall. „Der Verkauf würde keinem Erfurter auf die Füße fallen“, sagt Bausewein. Zudem würden langfristige Verträge sicher stellen, dass sich an den Leistungen des Unternehmens und an den Arbeitsplätzen nichts ändern werde.
Die Erfurter Bahn wurde 1912 als Industriebahn für den Erfurter Norden gegründet und von Beginn an von der Stadt betrieben. Das Unternehmen wurde nach der Wende in eine GmbH umgewandelt und 2007 in Erfurter Bahn umbenannt.
Das Unternehmen betreibt zwölf Linien im Personenverkehr und beschäftigt 330 Mitarbeiter. Zur Hälfte gehört ihr die Süd-Thüringen-Bahn, die sie gemeinsam mit der Hessischen Landesbahn 1999 gründete.
Die ganze Zeit des Bestehens über blieb die Stadt der einzige Gesellschafter. „Wir sind die einzige Kommune in Deutschland, die eine Eisenbahn hat“, sagt Bausewein.
Laut Dezernent Hilge ist ein Verkauf nur mit einem breiten Konsens im Stadtrat vorstellbar. Könne die Stadt aber nicht die Eigenmittel aufbringen, dauere das Schulbauprogramm 40 statt zehn Jahre. „Und irgendwann würde der Brandschutz die Schulen sperren“, sagt Hilge.
Je nach Marktlage könnte die Erfurter Bahn wohl einen höheren zweistelligen Millionenbetrag einbringen. Bausewein und Hilge wollten nicht über den möglichen Erlös mutmaßen.