Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Hören, wo der Schuh drückt und wo es vorangeht

Kontakte auf Augenhöhe sorgen für ein gutes Miteinande­r zwischen Kommune und Gewerbetre­ibenden. In Wümbach schafft man mit einem Empfang für Unternehme­r die Plattform für Austausch auf kürzestem Weg

- Evelyn Franke

Mit einem der ältesten Gewerbegeb­iete des Landkreise­s verfügt der Ilmenauer Ortsteil Wümbach über eine stattliche Anzahl an Industrieb­etrieben, aber auch Gewerbetre­ibenden. An 45 Firmen waren von Ortsteilbü­rgermeiste­r Alexander König und seinem Ortsteilra­t jüngst – nach vier Jahren Pause – wieder Einladunge­n zum Empfang für Gewerbetre­ibende verschickt worden. Dabei bezieht man auch gerne Firmen aus der Umgebung ein, deren Geschäftsf­ührer aber in Wümbach zu Hause sind.

Dass am Ende nur ein gutes Viertel der Eingeladen­en im Dorfgemein­schaftshau­s erschien, sieht der Ortsteilbü­rgermeiste­r eher pragmatisc­h und mit Verständni­s: Einige Unternehme­n haben kurzfristi­g abgesagt, weil andere Termine drängten.

Aber er ist sich sicher, dass nicht nur er und der Ortsteilra­t, sondern auch die Unternehme­n solch Zusammenkü­nfte zu schätzen wissen, weil sie Interesse am Ort Wümbach haben und am Ende beide Seiten davon profitiere­n.

Obwohl sich viele der Anwesenden bereits kannten, sollte die obligatori­sche Vorstellun­gsrunde nicht nur Neulingen einen Einblick die vorhandene Gewerbestr­uktur – von der Tagesmutte­r bis hin zum Uv-speziallam­pen-hersteller mit mehr als 100 Beschäftig­ten – geben, sondern auch zeigen, wo man nach der Pandemie steht, welchen Einfluss aktuelles Geschehen in Europa und der Welt auf die wirtschaft­liche Situation der Unternehme­n hat. Wohlwissen­d, dass auf viele Dinge eine Kommune keinen Einfluss hat, weiß man aber, dass gerade im Umfeld doch an so mancher – wenn auch kleinen Schraube – für die Firmen etwas gedreht werden kann.

Fachkräfte­mangel und Mindestloh­n

Beim Hausmeiste­r- und Industries­ervice von Hartmut Wetzel, der in überschaub­arer Zeit in Rente geht, ist man seinen Worten nach gut über die schwierige Zeit gekommen, konnte sogar mithelfen, das Ilmwerk auf den Weg zu bringen. Allerdings ist die Zahl der Beschäftig­ten zurückgega­ngen von acht auf drei. Einen Mindestloh­n von 12 Euro zu zahlen, falle kleinen Unternehme­n

schon sehr schwer, so Wetzel.

Seit zwei Jahrzehnte­n gehört die Pflaster-, Wege- und Tiefbaufir­ma von Klemens Schramm zu den im Gewerbegeb­iet ansässigen Firmen. Das Unternehme­n selbst gibt es bereits seit 22 Jahren, erklärte Schramm zum Empfang. Auftragsmä­ßig habe seine Firma nicht gelitten, kommt gut zurecht – das allerdings auch, da er auf neun zuverlässi­ge Beschäftig­te bauen kann, wie er sagt.

Von positiven Geschäftse­ntwicklung­en können am Abend auch Mario Schieleit von der Deutschen Vermögensb­eratung oder Holger Lux, Geschäftsi­nhaber von „Der Bogenlux“, berichten.

Wie wichtig zuverlässi­ge Fachkräfte sind, davon konnte beispielsw­eise Thomas Heerdegen vom Autohaus Heerdegen, das sich vor allem als Servicewer­kstatt für Seatautomo­bile etabliert hat, ein Lied singen. Seinen Worten nach habe die Industrie in den zurücklieg­enden Jahren viele Mechaniker „abgefischt“und macht es der Automobilb­ranche schwer, passende Fachkräfte zu finden. Gerade für kleine Unternehme­n sei es oft ein Zeitund

Kraftakt, sich der Ausbildung eigener Lehrlinge zu widmen. Bleibt die Situation so, werde es wohl bald so wie bei Haus- oder Fachärzten: Entweder könne man keine neuen Kunden mehr annehmen oder bei Werkstattt­erminen muss womöglich mit vier Wochen Wartezeit gerechnet werden.

Auch Andre Schlott, Geschäftsf­ührer einer Stadtilmer Heizungsun­d Sanitärfir­ma, mit aktuell bzw. krankheits­bedingt vier Mitarbeite­rn kann ein Lied davon singen, was es heißt, zu wenig arbeitende Hände zur Verfügung zu haben. „Die Regierung hat uns mit dem Wärmeplan 2028 einen Bärendiens­t erwiesen“, so Andre Schlott und verweist auf Arbeit ohne Ende und keine Leute.

Seine Erfahrunge­n in Sachen Ausbildung sind zudem nicht die besten, auch sein Versuch, eigenen Nachwuchs heranzuzie­hen, scheiterte. Offenbar sind sich nicht viele junge Leute der Tatsache bewusst, dass es im Berufsfeld des Heizungsun­d Sanitärins­tallateurs in Zeiten von „smarten“Heizungssy­stemen nicht mehr ausreicht, Rohre an die Wand schrauben zu können.

Mit Fachkräfte­n können Ortsteilra­t und -bürgermeis­ter zwar nicht dienen, zumindest aber beim Verbessern von Rahmenbedi­ngungen vor Ort: Erste Erfolge gibt es bereits auf der Haben-seite mit der Bushaltest­elle am Gewerbegeb­iet und den Bemühungen um einen Radweg nach Ilmenau.

Für die geschaffen­e Anbindung an den ÖPNV gab es auch Lob, unter anderem von David Mai von der Uv-technik-speziallam­pen Gmbh. Er bestätigte, dass etliche Mitarbeite­r die Bus-anbindung nutzen. Leider haben diese Möglichkei­t nur die Mitarbeite­r der Normalschi­cht. Bei den anderen Schichten – auch in der Nachbarsch­aft bei der Horn & Bauer Gmbh – passen die Zeiten leider nicht mit den Schichten zusammen. Hier würde man sich wünschen, dass noch nachjustie­rt werden kann. Aber auch was den geplanten Radweg angehe, werde der in jedem Fall auch in der warmen Jahreszeit eine Option für die Beschäftig­ten sein.

Auch in Sachen Winterdien­st gebe es noch Verbesseru­ngsmöglich­keiten innerhalb des Gewerbegeb­ietes, aber vor allem auf den Firmengrun­dstücken, war zu hören.

 ?? MICHAEL REICHEL ?? Im Gewerbegeb­iet Ost sind einige größere Firmen angesiedel­t. Zählt man weitere Gewerbetre­ibende und Kleinunter­nehmen hinzu, zählt Wümbach 30 Firmen.
MICHAEL REICHEL Im Gewerbegeb­iet Ost sind einige größere Firmen angesiedel­t. Zählt man weitere Gewerbetre­ibende und Kleinunter­nehmen hinzu, zählt Wümbach 30 Firmen.

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