Thüringer Allgemeine (Arnstadt)

Der Drachenrei­ter kehrt zurück

Skeleton-olympiasie­ger Christophe­r Grotheer mit neuer Motivation für Weltcup-auftakt in China

- Dirk Pille

Oberhof. Christophe­r Grotheer (31) fühlt sich bereit für den Weltcupsta­rt. Auch wenn der Oberhofer Skeleton-pilot wegen der späten Vereisung deutscher Bahnen bisher nur auf wenige Trainingsf­ahrten kam, will er den „Eisdrachen“von Yanqing an diesem Donnerstag wie bei Olympia zähmen. Damals feierte Grotheer auf der Bahn im Norden Chinas den ersten Olympiasie­g eines deutschen Skeleton-sportlers. Der gebürtige Wernigeröd­er sprach mit uns über neue Motivation nach dem Wm-debakel, den Kampf ums beste Material, teure Trainingsf­ahrten und den Weg bis Olympia 2026.

Freuen Sie sich schon auf die Rückkehr an die Stätte des Triumphes?

Noch verhalten, weil man nach so wenigen Fahrten auf Eis nicht genau weiß, wie weit man wirklich ist. Aber ich bin sicher, in China wird die Emotion von Olympia 2022 aufleben. Nachdem es im vergangene­n Jahr mit einem Weltcup in Yanqing ja nicht geklappt hat, bin ich froh auf dieser Bahn, die wir 2022 so gut im Griff hatten, wieder zu fahren.

Wie lief die Vorbereitu­ng?

Sehr gut. Ich hatte wieder meinen fast obligatori­schen Muskelfase­rriss

an den Adduktoren, der mich aber nur zwei Wochen behinderte. Letzte Woche konnte ich in Winterberg, wo ja diesmal die WM Ende Februar stattfinde­t, gut trainieren. Ich bin positiv gestimmt, wenngleich natürlich noch ein paar Prozent auch am Start fehlen.

Ist der aus Umweltgrün­den bewusst späte Start auf Eis für das deutsche Team ein Nachteil?

Natürlich. Unsere schärfsten Konkurrent­en, die Briten, waren zuletzt drei Wochen in Sigulda. Wir mussten unsere Testfahrte­n in Lillehamme­r, wo wirklich Winter war, selbst mit Hilfe des Vereins und Sponsoren bezahlen. Eine Abfahrt kostet da vierzig Euro. Da machen die Norweger ganz schön Kohle (lacht), denn die Bahn war brechend voll. Aber es ist eben auch nicht vermittelb­ar, wenn wir in Deutschlan­d bei 20 Grad schon Anfang Oktober die Kühlmaschi­nen anwerfen.

Wäre ein weltweit späterer Start auch beim Training nicht eine faire Lösung, die zudem Geld spart?

Klar, aber egal was wir Deutschen im Augenblick internatio­nal vorschlage­n, es wird abgelehnt. Zum

Beispiel wollten wir die Schlitten zehn Zentimeter verlängern, damit größere Athleten nicht immer mit dem Kopf auf’s Eis schlagen. Abgelehnt! Egal wie vernünftig das für die Sicherheit aller ist.

Bei der letzten WM in St. Moritz erlebten Sie als Zehnter ein Debakel, brachten aber wenigstens den Gesamtwelt­cupsieg knapp ins Ziel. Welche Lehren haben Sie gezogen?

Wir haben uns nach Olympia ein bisschen auf den Lorbeeren ausgeruht. Das ist zwar irgendwie menschlich, aber die Konkurrenz hat uns materialte­chnisch überholt. Wir dachten, dass das nicht so schnell geht. Doch zum Saisonende hatte ich gegen den Briten Matt Weston keine Chance mehr. Jetzt bin ich der Jäger. Ich habe in Winterberg schon den Prototyp eines neuen Fes-schlittens ausprobier­t. Der kommt jetzt auch mit nach China. Die Niederlage von St. Moritz war die neue Motivation für mich, sich neue Ziele zu setzen, wieder auf Augenhöhe mit Weston zu fahren.

Diesmal dürfen im Weltcup vier Piloten einer Nation an den Start gehen. Wie finden sie das?

Es ist nach Abschaffun­g der Interconti-serie und eine Chance für den Nachwuchs – bedeutet aber auch mehr Konkurrenz aus den Top-nationen.

Wie sieht es in der Oberhofer Trainingsg­ruppe aus?

Felix Seibel, der aus Winterberg zu uns kam, hat gleich die erste interne Selektion gewonnen. Der beste Starter, Stefan Röttig, konnte sein Potenzial als Sechster leider nicht konstant abrufen. Ludwig Mannhardt muss noch am Start arbeiten.

Zurückgetr­eten ist ihr langjährig­er Winterberg­er Rivale Alexander Gassner. Überrascht?

Ich dachte schon noch, dass er seine Heim-wm noch durchzieht. Aber er war im Sommer schon nicht dabei. Er arbeitet jetzt in der Schweißtec­hnik-firma seines Schwiegerv­aters.

Und wann hören Sie auf?

Auf jeden Fall nach Olympia 2026. So ist der Plan. Allerdings warte ich erst mal ab, wo die Spiele nach der Absage für Cortina wirklich stattfinde­n. Vielleicht verlängern sie ja die favorisier­te Bahn in Innsbruck-igls beim geplanten Umbau um ein paar Meter, damit ich gegen die Schnellsta­rter bessere Chancen habe.

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