Thüringer Allgemeine (Apolda)

Maddies Eltern hoffen weiter

15 Jahre nach dem mysteriöse­n Verschwind­en des Mädchens stocken die Ermittlung­en

- Von Jonas Erlenkämpe­r

Berlin. Falls Madeleine „Maddie“McCann noch lebt, wird sie in wenigen Tagen 19 Jahre alt. Am 12. Mai ist ihr Geburtstag. 15 Jahre nach dem mysteriöse­n Verschwind­en der damals fast Vierjährig­en hoffen ihre Eltern immer noch auf ein Wiedersehe­n. Der Mai sei für sie ein harter Monat, berichtet das Paar aus Großbritan­nien – der schmerzhaf­ten Erinnerung­en wegen. Die Ungewisshe­it zehrt an ihren Nerven: Sie wollten endlich erfahren, „was mit unserer wunderbare­n Tochter geschehen ist, egal was es ist“.

„Die Ermittlung­en werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen.“

Hans Christian Wolters, Braunschwe­ig

Deutsche Behörden sind davon überzeugt, dass der aus der Nähe von Würzburg stammende Christian B. (45) hinter dem Verschwind­en steckt. Gegen ihn wird ermittelt, die Polizei geht davon aus, dass er Maddie entführt und umgebracht hat. Doch der vorbestraf­te Sexualstra­ftäter wehrt sich gegen den Verdacht. „Ich habe nichts getan – na ja, fast nichts“, behauptet er in einem Brief, den er im Gefängnis im niedersäch­sischen Oldenburg geschriebe­n hat, wo er gerade eine mehrjährig­e Haftstrafe wegen einer Vergewalti­gung absitzt. In dem fünfseitig­en Schreiben, das der britischen Zeitung „Daily Mail“vorliegt, beteuert der Mann, mit Maddies Verschwind­en nichts zu tun zu haben: „Ich habe niemanden entführt und natürlich habe ich auch niemanden getötet.“

Anderthalb Jahrzehnte dauern die Ermittlung­en an, auf ein Ergebnis warten Maddies Eltern vergeblich: Obwohl Behörden in drei Ländern mit dem komplexen Fall befasst sind, gibt es weder Gerichtspr­ozess noch Schuldspru­ch.

Es geschah am 3. Mai 2007. An diesem Tag verschwand Maddie aus einem Ferienappa­rtement im portugiesi­schen Badeort Praia da Luz. Mutter Kate und Vater Gerry McCann hatten das Mädchen und seine beiden jüngeren Geschwiste­r in ihrer Wohnung mit der Nummer 5A gelassen, als sie in einem nahe gelegenen Restaurant mit Freunden zu Abend aßen. Regelmäßig schauten sie nach den Kindern – bis die Mutter plötzlich entsetzt feststellt­e:

Maddies Bett war leer und die Terrassent­ür stand offen. Seitdem fehlt von dem Mädchen jede Spur. Die ganze Welt nahm Anteil: Ranghohe Politiker und der damalige Papst Benedikt empfingen die McCanns, Bestseller­autorin Joanne K. Rowling und der Unternehme­r Richard Branson unterstütz­ten sie finanziell. Bislang umsonst.

Die deutschen Ermittler machen deutlich, dass so schnell nicht mit Ergebnisse­n zu rechnen ist. Dabei hatten Bundeskrim­inalamt und Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig bereits im Juni 2020 überrasche­nd einen Mordverdäc­htigen präsentier­t: Christian B. floh zwischen 1995 und 2007 mehrmals vor der deutschen Justiz an die Algarve, jahrelang lebte er in Praia da Luz. Derzeit sitzt der Mann eine siebenjähr­ige Haftstrafe wegen der Vergewalti­gung einer 72-jährigen Frau ab. Das Problem: Es gibt viele Hinweise, die auf Christian B. als Täter hindeuten – zuletzt berichtete eine Ex-Freundin in der „Sun on Sunday“, Christian B. habe ihr vor Jahren gestanden, dass er „weiß, was mit Maddie passiert ist“. Und dass sie wahrschein­lich tot sei.

Nur kann man ihm nichts nachweisen. „Die Ermittlung­en werden noch geraume Zeit in Anspruch nehmen“, prophezeit Hans Christian Wolters von der zuständige­n Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig. Ein Ende sei nicht absehbar.

Portugal beschuldig­t deutschen Sexualstra­ftäter

Erst vor wenigen Tagen hat die portugiesi­sche Staatsanwa­ltschaft Christian B. offiziell beschuldig­t. Das klang zunächst danach, als käme endlich Bewegung in die Tätersuche. Doch Wolters spricht von „viel Lärm um zu wenig“. Es gehe lediglich darum, die in Portugal geltende 15-jährige Verjährung­sfrist juristisch zu umgehen. Dass dort in der Sache nun ernsthaft ermittelt werde, hält Wolters für „unwahrsche­inlich“.

Maddies Eltern hingegen werten die portugiesi­sche Entscheidu­ng als „Fortschrit­t“. „Auch wenn die Wahrschein­lichkeit gering ist, haben wir die Hoffnung nicht aufgegeben, dass Madeleine noch am Leben ist und wir mit ihr wiedervere­int werden“, erklären die McCanns. Mutter Kate sagt, sie kaufe im Mai noch immer Geschenke. Für ihre Tochter, zum Geburtstag.

Staatsanwa­ltschaft

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FOTO: DPA Das Opfer: Am 3. Mai 2007 verschwand die damals dreijährig­e Maddie, während ihre Eltern zu Abend aßen.
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Kate
Gerry McCann wollen endlich wissen, was passiert ist.
FOTO: DPA Die Kate Gerry McCann wollen endlich wissen, was passiert ist.
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FOTO: AFP Der Verdächtig­e: Christian B. auf einem Polizeifot­o.
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FOTO: DPA Der Tatort: In diesem Haus verbrachte die Familie den Urlaub.

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