Wagner pulverisiert seine Bestzeit
Erfurter ist nach Sturmlauf ohne Rückenwind in Luxemburg mit 10,11 Sekunden nun achtbester Deutscher in der ewigen 100-Meter-Rangliste
Schifflange. Sonntag nach Mitternacht war Julian Wagner in Erfurt angekommen. Am Morgen saß er schon wieder bei der Arbeit bei der Arnstädter Garant Türen und Zargen GmbH. Dort macht Deutschlands schnellster Mann des Jahres seine Ausbildung zum Mechatroniker. „Im September stehen Prüfungen an, da muss ich anfangen mich vorzubereiten“, erzählt der 23 Jahre alte Sprinter vom Top Team Thüringen in der Mittagspause.
Auf der Heimfahrt im Auto aus Luxemburg hatte Wagner „genug Zeit, um runterzukommen“, wie er sagt. Der Thüringer, der Olympia wegen einer Muskelverletzung verpasste, war mit 10,11 Sekunden durch das Ziel geschossen, hatte seine alte Bestzeit von 10,21 regelrecht pulverisiert. Damit ist Wagner gemeinsam mit Sven Matthes achtschnellster Deutscher in der ewigen 100-Meter-Rangliste, die Wagners – nun ehemaliger Trainingskumpel – Julian Reus auch nach seinem Rücktritt mit 10,01 anführt.
Während Matthes damals 1988 1,8 m/s Rückenwind hatte, musste sich Wagner in Schifflange mit Windstille begnügen. „Sonst wäre vielleicht noch eine schnellere Zeit drin gewesen“, sagt Trainer Tobias Schneider, der nicht vor Ort sein konnte. Doch Wagners aktuelle Stärke zeigte sich schon vor einer Woche in der Höhe im schweizerischen La Chaux-de-Fonds, als er mit zu viel Wind sagenhafte 10,00 Sekunden ablieferte. „Die Bedingungen waren wieder nicht perfekt. Im Vorlauf regnete es und ich hatte 1,8 Meter Gegenwind. Doch trotzdem gelang mir mit 10,19 Sekunden die Einstellung der deutschen Jahresbestzeit von Marvin Schulte“, sagt Wagner. Doch sein Selbstvertrauen in die eigene Kraft ist inzwischen groß und wurde mit dem Sieg in Schifflange vorm Briten Ramdhan (10,16) und der Topzeit belohnt.
Für seine Form bedankt sich sich Wagner vor allem bei seinem Physiotherapeuten. „Torsten Rocktäschel kennt mich genau, weiß was ich brauche und schreibt mit die Kraftpläne“, sagt Wagner, der sich beim vorolympischen Trainingslager auf Gran Canaria am Oberschenkel verletzt hatte. Tokio verpasste er zwar, aber Rocktäschel, Dr. Gerald Lutz, Therapeutin Melanie Squara und seine Trainer brachten ihn in die Form dieser Tage.
Inzwischen kennt man Wagner – auch international. „In Schifflange bekam ich die Startnummer mit Namen, ohne zu sagen, wer ich bin“, erzählte er. Für das Istaf in Berlin am 12. September haben sie ihn jetzt eingeladen. Es soll der krönende Abschluss der Late-Season werden.
Mit seinen 10,11 Sekunden hat Wagner übrigens schon eine die Norm für 2022 im Kasten. Bei der Heim-EM in München dürfte der Erfurter im Einzel starten.