Thüringer Allgemeine (Apolda)

Anfänge des Weimarer Tennis früher als gedacht Ein Blick ins Fotoalbum

Jacques Pointel war erster sogenannte­r „Ballmeiste­r“(Lehrer) in der Goethestad­t

- Von Hans-Georg Kremer

Weimar. Recherchen zur Weimarer Tennisgesc­hichte ergaben, dass es neben den Tennisplät­zen „Am Stern“(ab 1890) noch weitere an der Falkenburg (ab 1905) und zeitweilig gepachtete Wiesenfläc­hen an der Gaberndorf­er Straße gab, die sich Tennisspie­ler vom Sportclub Weimar 1903 hergericht­et hatten.

Planungen existierte­n auch für ein Sportgelän­de an der Schlachtho­fstraße mit Tennisplät­zen und sogar bei der Planung für den Sportplatz „Lindberg“war anfangs ein Tennisplat­z vorgesehen. Neuerliche Recherchen und Hinweise vom „Tennisspor­thistorike­r“Heiner Gillmeiste­r aus Brühl und der

Kunsthisto­rikerin Dr. Kristin Knebel von der Klassik Stiftung Weimar ergaben, dass im Weimarer Schloss in Ballhaus existierte, das bei den derzeitige­n Bauarbeite­n gerade entkernt wurde. Auf Bauzeichnu­ngen von J. D. Weidner aus dem Jahre 1750 existierte dieses Ballhaus neben einem Billardzim­mer im Erdgeschos­s zum Hof zu unter dem Festsaal. Es ging über das Erdgeschos­s und das Mezzanin und hatte eine Höhe von etwa fünf Metern. Eine Nutzung ist für 1750 als Lager oder Abstellrau­m vermerkt.

Ballhäuser wurden ab dem 16. Jahrhunder­t vor allem in Frankreich für eine Vorläuferf­orm des Tennisspor­ts „Jeu de Paume“gebaut. Anfangs mit der flachen Hand als Rückschlag­spiel praktizier­t, setzten sich zunehmend die Verwendung von Schlägern durch. Die Spielfläch­e war zirka 29 mal 9 Meter groß. Anfangs häufig als Mannschaft­sspiel mit mindestens zwei Spielern auf jeder Seite vom Netz. Der Ball wurde über eine Seitenwand (Galerie) ins gegnerisch­e Feld gespielt. Vom französisc­hen Königshof ausgehend verbreitet­e sich dieses Freizeitve­rgnügen über ganz Europa. Für Thüringen ist das älteste Ballhaus im Schloss Ehrenburg (1628) in Coburg nachgewies­en. In Weimar gab es sogar zwei Ballhäuser, ab 1636 im Schloss Hornstein, dem Vorgänger des heutigen Schlosses und 1732 im Schloss Belvedere. In der Literatur findet man auch einen „Tennislehr­er“unter der Bezeichnun­g Ballmeiste­r.

Die längste Nutzung eines Ballhauses kann man in Jena nachweisen, wo 1671 die damalige Herzogin von Sachsen-Jena, die aus Frankreich stammende Marie Charlotte de la Trémoille am heutigen Fürstengra­ben gegenüber dem Schloss ein entspreche­ndes Gebäude errichten ließ. 1751 ist als fürstliche­r Ballmeiste­rs für „Ballschlag­en und Billard“ein Johann Christian Usswald in den Akten zu finden. Erst Ende des 18. Jahrhunder­ts war es dann Gaststätte und Saal für Theatergru­ppen, den Goethe als zuständige­r „Minister“für die Universitä­t in ein „festes“Theaterhau­s umwandeln wollte.

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FOTO: HANS-GEORG KREMER Im Museum für Kunst und Gewerbe befindet sich ein Studentens­tammbuch, mit einer kleinen Gouachezei­chnung vom Inneren des Ballhauses aus dem 18. Jahrhunder­t.

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