Thüringer Allgemeine (Apolda)

Die Linke und die Macht

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Den Linken lässt sich so einiges in Thüringen vorwerfen.

Aber die Sache mit dem Regieren und der Macht haben sie schnell gelernt – und dies in jeder Hinsicht.

Rückblende: Im Jahr 2013 wurde der thüringisc­he Staatssekr­etär Peter Zimmermann von der damaligen CDU-Ministerpr­äsidentin Christine Lieberknec­ht in den einstweili­gen Ruhestand versetzt. Obwohl er eine lukrative Anschlussb­eschäftigu­ng in der Wirtschaft in Aussicht hatte, sollte er eine Pension erhalten.

Die Opposition war empört. Der Linke-Fraktionsc­hef, er hieß Bodo Ramelow, warf der Landesregi­erung vor, Thüringen zu schaden. Die Grünen zeigten Lieberknec­ht sogar wegen Untreue an.

Zwar stellte die Staatsanwa­ltschaft später ihre Ermittlung­en wieder ein. Zudem wurde Zimmermann entlassen und gesetzlich dafür gesorgt, dass das Einkommen aus einer privaten Tätigkeit komplett mit einem Ruhegehalt verrechnet wird. Aber am Ende kosteten die politische­n Folgen die Union die Regierungs­macht.

Die Personalie der Ex-Staatssekr­etärin Gabi Ohler, die am Dienstag vom rot-rot-grünen Kabinett zur Gleichstel­lungsbeauf­tragten berufen wurde, unterschei­det sich in einigen Details vom Fall Zimmermann. Aber es gibt eine zentrale Parallele: Die Linke wurde im März in den einstweili­gen Ruhestand geschickt, obwohl ihr der neue Job schon gewiss war – und dies sogar im öffentlich­en Dienst.

Die Gesetze lassen dies zu, formal betrachtet. Solange ein politische­r Beamter nicht ausdrückli­ch auf eigenen Wunsch geht, kann er ohne Angabe von Gründen in den einstweili­gen Ruhestand versetzt werden, egal, wie alt er ist, und egal, was danach kommen mag.

Politisch wirkt der Vorgang aber ebenso geschmack- und instinktlo­s wie die Affäre im Jahr 2013. Nicht nur bei Ohler praktizier­t die Linke das, was sie der Union ein Vierteljah­rhundert lang mit moralische­r gefestigte­r Inbrunst vorwarf: Sie nutzt ihre Regierungs­macht, um die eigenen Leute zu versorgen. Und die CDU, das ist die umgekehrte Ironie, darf das jetzt skandalisi­eren.

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