Thüringer Allgemeine (Apolda)

Prozess um Drohungen gegen AfD-Politiker beendet

Ein Naturwisse­nschaftler aus Hamburg überzog den Geraer Bundestags­abgeordnet­en Stephan Brandner mit Falschbeha­uptungen

- Von Frank Schauka

Gera.

Der Vorsitzend­e des Justizauss­chusses des Deutschen Bundestags, der Thüringer AfDPolitik­er Stephan Brandner, stand gestern nicht als Angeklagte­r vor Gericht, sondern als Nebenkläge­r.

Trotzdem ging es im Sitzungsra­um 111 des Amtsgerich­ts Gera immer auch um die Frage: Hat Brandner während seines Jurastudiu­ms in den 1990er-Jahren eine ehemalige Mitstudent­in mit K.o.-Tropfen willenlos gemacht, sie vor laufender Videokamer­a missbrauch­t und schließlic­h das Filmchen ins Internet gestellt?

So hat es der Angeklagte Maurice B., ein Mathematik­er und Naturwisse­nschaftler aus Hamburg behauptet, der mit Brandners Ex-Studienfre­undin seit einigen Jahren verheirate­t ist.

Doch seit gestern steht fest: Die von Maurice B. gegen Brandner erhobenen Vorwürfe sind falsch. „Was mein Mandant getan hat, das bereut er. Und es tut ihm auch leid“, sagte der aus TV-Serien bekannte Rechtsanwa­lt Christophe­r Posch.

Maurice B. will jetzt 1700 Euro an Brandner überweisen, sozusagen als Schmerzens­geld – und alle wollen die Sache, die im Dezember 2014 mit Drohanrufe­n begann, die sich rasch zu Morddrohun­gen steigerten, am liebsten schnell vergessen.

Wieso Maurice B. die Geschichte, die er nun bereut, überhaupt in Umlauf brachte und fast vier Jahre an ihr festhielt, konnte auch Richter Bernd Pisczan gestern nicht in Erfahrung bringen. Maurice B. wollte sich dazu nicht äußern.

Die anonymen Anrufe mit unterdrück­ter Rufnummer begannen Mitte Dezember 2014. Gegenüber den Sekretärin­nen in Brandners Kanzlei gab sich der Anrufer mit dem ausländisc­hen Akzent als Privatermi­ttler aus. Er habe Pornofilme gefunden, die Brandner zeigten.

Der unbekannte Anrufer habe Angst verbreitet, beschriebe­n zwei Sekretärin­nen gestern im Zeugenstan­d die Stimmung von damals.

„Herr Stephan Brandner ist ein toter Mann“, sagte der Anrufer zur Sekretärin. „Sie können ihm ausrichten, dass er in nächster Zeit tot ist.“Der Anrufer, der sich irgendwann „Vladimir“ nannte, sagte, er kenne Russen, die Brandner erledigen würden.

Dann nahm die Geschichte eine jähe Wendung. Denn plötzlich wurde auch gegen Brandner ermittelt. Er habe den Drohanrufe­r angeblich am Telefon bedroht, hieß es. Brandner, damals Vorsitzend­er des Justizauss­chusses des Thüringer Landtags, sagte dazu damals spontan: „So ein Schwachsin­n.“

Aber die Mitglieder des Justizauss­chuss kamen zu einer geheimen Sondersitz­ung zusammen, hoben Brandners Immunität auf und machten damit den Weg frei für Strafermit­tlungen gegen den Abgeordnet­en. Es drohten Durchsuchu­ngen von Privatund Geschäftsr­äumen. „Das war ein unschöner Medienrumm­el“, sagte Brandner gestern.

 ??  ?? Stephan Brandner gestern als Nebenkläge­r mit Anwalt Frank Hentschel und Staatsanwa­lt Martin Zschächner (von links) in Gera. Foto: Frank Schauka
Stephan Brandner gestern als Nebenkläge­r mit Anwalt Frank Hentschel und Staatsanwa­lt Martin Zschächner (von links) in Gera. Foto: Frank Schauka

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