Auch am Geburtstag kann Wegner nicht ohne Boxen
Der Kult-trainer wird heute 75 Jahre alt. Seinen Ehrentag verbringt er in der Trainingshalle
Berlin. Verfrühte Glückwünsche sollen ja Unglück bringen, aber gegen dieses Ständchen hatte Ulli Wegner nichts einzuwenden. Nachdem sein Schützling Arthur Abraham seinen Kampf am Samstag gegen Robin Krasniqi gewonnen hatte, stimmte der Ex-weltmeister ein „Happy Birthday“mit dem Erfurter Publikum an.
Wegner lauschte gerührt, seinen 75. Geburtstag feiert er aber erst am Mittwoch. Wie? Natürlich in der Trainingshalle. Wegner bereitet Schwergewichtler Kubrat Pulew auf seinen Kampf am Freitag im bulgarischen Sofia gegen Kevin Johnson vor. Die geplante Überraschungsparty in einer Fischerklause in Warnemünde musste Margret Wegner absagen. Ihr Ehemann kann einfach nicht ohne das Boxen, und ans Aufhören denkt der Kultcoach noch lange nicht.
„Wenn ich das nicht machen würde, würde ich nur durch die Gegend fahren. Das will ich nicht!“, sagte Wegner. „Seit neun Jahren bekomme ich Rente, mit der würde ich über die Runden kommen. Aber vom Fachlichen her kann ich den Jungs noch unheimlich viel geben.“
Vor allem Abraham weiß das zu schätzen, beide arbeiten seit 13 Jahren zusammen und haben reichlich Höhen und Tiefen erlebt. „Ich liebe ihn von ganzem Herzen“, sagt Abraham über „Herrn Wegner“, wie er seinen Trainer noch immer nennt: „Er ist für mich ein ganz besonderer Mensch: Trainer, Ersatzvater, Berater, Diktator.“ Neben Abraham hat Wegner auch Kämpfer wie Sven Ottke, Markus Beyer, Marco Huck und Yoan Pablo Hernandez zu Profiweltmeistern geformt. Mit einer Mischung aus strenger Autorität und väterlicher Milde. „Das Alter spielt bei ihm keine Rolle“, verrät Abraham: „Er ist noch fitter uns spritziger geworden. Und viel strenger als vorher.“
Niederlagen kann Wegner auch mit fast 75 Jahren nur schwer verkraften. „Wenn der Sportler verliert, dann ist doch auch der Trainer eine Pfeife“, sagt er.
Er selbst hat vor sieben Jahren das Bundesverdienstkreuz bekommen, und dank seiner Entertainer-qualitäten genießt Wegner eine Popularität, von der die meisten Boxer nur träumen.
Dass er seinen Geburtstag in Sofia feiern muss, stört Wegner nicht, „da wird dann ein Glas Wodka weniger getrunken“. Alleine wird er nicht sein: „Es ist erstaunlich, wie viele Anrufe meine Frau bekommen hat, die nach Bulgarien kommen wollen. Das macht mich irgendwie stolz.“(sid)
Abraham: „Er ist noch fitter geworden“