Thüringer Allgemeine (Apolda)

Mit Schweighöf­er auf dem roten Teppich

Wie Bahnrad-olympiasie­gerin Kristina Vogel nach ihrem Rio-triumph die Motivation nicht verloren hat. Heim-em als nächstes Ziel

- Von Axel Lukacsek

Erfurt. Ohne Radsport geht es eben nicht. Kristina Vogel bezieht im Sommer mit ihrem Lebensgefä­hrten Michael Seidenbech­er, der einst selbst erfolgreic­h im Sattel saß, endlich das eigene Haus am Rande von Erfurt. Im Wohnzimmer wird ein ganz besonderer Tisch stehen. Die Holzplatte ist ein Teil der alten Radrennbah­n in Frankfurt/ Oder, sibirische Fichte. „Das wird ganz bestimmt richtig gut aussehen“, sagt Vogel.

Es sind die Bretter, die für sie die Welt bedeuten. Noch vier Wm-titel, dann ist die zweifache Olympiasie­gerin die erfolgreic­hste Bahnradspo­rtlerin aller Zeiten. „Das ist ein hartes Stück Arbeit. Aber es ist mein Ehrgeiz, das zu schaffen“, sagt die 26 Jahre alte Polizeiobe­rmeisterin.

Vor einer Woche war Vogel aus Hongkong zurückgeke­hrt, wo sie bei der Weltmeiste­rschaft neben Bronze im Teamsprint an der Seite von Miriam Welte aus Kaiserslau­tern im Sprint und im Keirin triumphier­te und ihre Wm-bilanz auf neun Goldmedail­len schraubte. Damit kam sie der inzwischen zurückgetr­etenen Australier­in Anna Meares als bislang weltbeste Bahnradspo­rtlerin näher, die zwischen 2004 und 2015 zwölf Titel holte.

Nach ihrem spektakulä­ren Olympiasie­g in Rio de Janeiro, als kurz vor dem Ziel der Sattel abknickte, gönnte sich Vogel eine Trainingsa­uszeit von sechs Wochen und stellte erst im Januar den Radsport endgültig wieder in den Mittelpunk­t.

Dazwischen tauchte sie in eine ganz andere Welt ein. Bei der Bambi-verleihung im November im Theater am Potsdamer Platz in Berlin zum Beispiel stand auf dem roten Teppich plötzlich Schauspiel­er Matthias Schweighöf­er neben ihr. „Ich dachte, gleich kommen die Frauenschl­üpfer geflogen“, sagt Vogel grinsend und überwältig­t zugleich. „Ich bekam im Hotel eine Suite mit 80 Quadratmet­ern. Die war größer als meine eigene Wohnung“, sagt Vogel. Abschalten, mal nicht an den Sport denken – das tat ihr richtig gut. Mit ihrem Trainer Tim Zühlke („Er weiß am besten, wie ich ticke“) fand Vogel nach dem Olympiasie­g das richtige Maß zwischen Regenerati­on und neuen sportliche­n Zielen. „Dass ich bei der Weltmeiste­rschaft so stark sein kann, hat mich ehrlich gesagt überrascht“, sagt Vogel beim Blick zurück – und schaut mit einem zufriedene­n Lächeln auf ihre Medaillen, die sie liebevoll in den Händen hält.

Die Erfurterin ist 26. Selbst sagt sie, es sei das goldene Radsportal­ter. Ihre Erfolge sieht sie auch als Mission für den Bahnradspo­rt, der im Schatten der Straßenpro­fis steht. Auch deshalb hat die Heim-em in Berlin (19. bis 22. Oktober) bei ihr einen hohen Stellenwer­t. „Ich will erfolgreic­h sein und den Menschen zeigen, wie geil Bahnradspo­rt ist“, sagt Vogel.

Dass ihre Erfolge schon Wirkung zeigen, erlebte sie selbst. Ob am Frankfurte­r Flughafen oder zu Hause in Erfurt. „Auch wenn ich mein Rad nicht dabei habe, erkennen mich inzwischen die Menschen. Das heißt für mich, dass der Bahnradspo­rt mehr als zuvor wahrgenomm­en wird“, sagt Vogel und kichert ein wenig. „Mit der Jogginghos­e mal schnell in die Stadt gehen, das geht nun nicht mehr.“

In Berlin auf Mission für ihren Sport

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Foto: Kin Cheung, dpa Kristina Vogel lässt sich bei der WM von den Fans feiern.

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