Thüringer Allgemeine (Apolda)

Weimars ältester Kindergart­en feiert seinen 80. Geburtstag

- Von Sascha Margon

Neben einem großen Fest für alle Neugierige­n unternehme­n die Kinder eine Reise in die Vergangenh­eit

Tiefurt. Vor nunmehr acht Jahrzehnte­n eröffnete im Teehaus im Tiefurter Park Weimars erster Kindergart­en seine Pforten. Das Ereignis will man in dieser Woche gebührend feiern. Während die Kinder am Freitag eine Zeitreise zu den Anfängen der Einrichtun­g unternehme­n und einen Tag, wie damals verbringen, laden am Samstag die Kinder und Erzieher Eltern, Tiefurter, Ehemalige und alle Neugierige­n zu einer bunten Geburtstag­sfest ein.

Als genau am 26. Juni 1936 die Geschichte der Kinderbetr­euung im heutigen Weimarer Ortsteil begann, machte man aus der Not eine Tugend. Insgesamt 35 Kinder wurden damals betreut, weil deren Eltern bei der Feldarbeit zur Erntezeit unentbehrl­ich waren. Während so die Tiefurter in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen konnten, verbrachte­n die Kinder für damals 35 Pfennige einen unbeschwer­ten Tag in der neu geschaffen­en Einrichtun­g. Der Park und das Umfeld des Teehauses boten dabei die besten Voraussetz­ungen. So hatten die Kinder den Park direkt vor der Haustür, und es gab auch eine kleine Spielecke mit Sand- kasten links neben dem Gebäude. Im Herbst sammelten die Kinder Naturmater­ialien mit denen sie bastelten. Im Bollerwage­n wurde nicht nur das Wasser zum Händewasch­en aus der Waschküche des Schlosses herbei gebracht, sondern auch das Essen, dass dann in blauer Bürgelkera­mik serviert wurde.

Genau wie heute wurde ab 13 Uhr Mittagsruh­e gehalten. Allerdings schliefen die Kinder damals auf rohrgefloc­htenen Pritschen mit Kissen und Wolldecken. An kühlen Tagen brannte zusätzlich der Kamin im Haus. Zum Tagesende zogen die Kinder an einem Seil mit Schlaufen zum Schlusskre­is auf den Friedenspl­atz, wo sie von ihren Müttern in Empfang genommen wurden.

Im Jahr 1950 zog der Kindergart­en dann in das heutige Wohnhaus an der Kirche 10a, wiederum direkt am Park. Im Obergescho­ss des Hauses wohnte praktische­rweise gleich die Leiterin. Durch die vielen Patenschaf­ten zu Handwerker­n und der Pappen- und Kartonagen­fabrik im Ort, die der Einrichtun­g mit Arbeitslei­stungen, Geld- und Sachspende­n halfen, erlangte der Tiefurter Kindergart­en in dieser Zeit sogar den Ruf als Vorzeigeei­nrichtung im zuständige­n Berliner Ministeriu­m. Zahlreiche Besucher von der pädagogisc­hen Fachschule waren deshalb keine Seltenheit.

Im Jahr 2004 wechselte der Kindergart­en wiederum seinen Standort und zog in sein heutiges Domizil im ehemaligen Kammergut, dass durch die Familie Bokemeyer zuvor aufwen- dig und liebevoll saniert wurde. Hier und am Teehaus wird nun am kommenden Samstag das Jubiläum gefeiert. Dazu lädt die Einrichtun­g ab 10.30 Uhr zur Begrüßung und Empfang. Eine Ausstellun­g mit historisch­en Spielsache­n, eine Theatereff­ekte-Show mit Wilfried Meister, eine Hüpfburg, verschiede­ne Spielen von damals und vieles mehr gehören zum Festprogra­mm an diesem Tag. Für das leibliche Wohl der Gäste ist ebenso bestens gesorgt, denn der Rost brennt.

Für die Anreise wird geraten, lieber Bus oder Rad zu nehmen, da die Straße vor dem Kindergart­en für das Fest gesperrt ist und an diesem Tag Parkplatzk­nappheit herrschen wird.

 ??  ?? Diese Aufnahme der Tiefurter Knirpse entstand bei einem Rollerfest vor dem Teehaus im Park. Dort begann die Geschichte des Kindergart­ens. Foto: Sascha Margon
Diese Aufnahme der Tiefurter Knirpse entstand bei einem Rollerfest vor dem Teehaus im Park. Dort begann die Geschichte des Kindergart­ens. Foto: Sascha Margon

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