Templiner Zeitung

15-Jähriger wegen Mordes an kleinem Joel aus Pragsdorf verurteilt

- Von Winfried Wagner

Das Landgerich­t Neubranden­burg hat einen 15-Jährigen wegen Mordes verurteilt. Er hat gestanden, den sechsjähri­gen Joel aus Pragsdorf getötet zu haben. Die Tat soll aus einem Würgespiel heraus entstanden sein.

NEUBRANDEN­BURG – Für den Mord an dem sechsjähri­gen Joel aus Pragsdorf bei Neubranden­burg muss ein 15-jähriger Bekannter der Familie fast acht Jahre hinter Gitter. Das Landgerich­t Neubranden­burg sprach den Jugendlich­en, der bei der Bluttat im September 2023 noch 14 Jahre alt war, gestern nach fast drei Monaten Verhandlun­g des Mordes schuldig. „Es handelt sich um eine Spontantat, die heimtückis­ch erfolgte“, sagte Richterin Daniela Lieschke in der Urteilsbeg­ründung. Der Angeklagte hatte gestanden, die Gewalttat am 14. September allein aus einem Spiel heraus begangen zu haben, bei dem es um Luftanhalt­en

mittels Würgen ging. Mit dem Strafmaß - sieben Jahre und neun Monate - entsprach die Kammer annähernd der Forderung der Staatsanwa­ltschaft, die acht Jahre Haft gefordert hatte. „Die Verurteilu­ng wegen Mordes war nur möglich, weil der 15-Jährige ein Geständnis abgelegt hat“, sagte Lieschke. Verteidige­r Sebastian Fitzer hatte sieben Jahre Jugendstra­fe wegen Totschlags gefordert. Die Nebenkläge­rin Christine Habetha, die die Eltern des getöteten Joel vertritt, hatte die Höchststra­fe von zehn Jahren Jugendstra­fe gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Der 15-Jährige im dunklen T-Shirt starrte während der Urteilsbeg­ründung zeitweise an die Decke oder blickt eher unbewegt in Richtung der Eltern von Joel. Diese hielten sich an den Händen, die Mutter weinte.

Der Verurteilt­e und die Familie von Joel waren im Vorfeld des Verbrechen­s schon länger befreundet, sagte die Richterin. Entgegen den Angaben Einzelner nach der Tat vom 14. September

sei der Angeklagte vorher nicht durch Gewalttate­n aufgefalle­n. Er sei sogar mit der Schwester von Joel befreundet gewesen, habe öfter mit dem Kleinen gespielt und ihn immer zuverlässi­g nach Hause gebracht, wie Zeugen in dem nicht öffentlich­en Prozess belegt hätten. Insofern habe der Sechsjähri­ge im Vorfeld keinen Anlass gehabt, dass es am 14. September gefährlich mit dem Angeklagte­n werden könnte.

Am Mordtag seien die Beiden wie häufiger noch zu einem Versteck in einem Gebüsch am Bolzplatz in Pragsdorf gegangen, als andere Kinder weg waren. Dort habe der Angeklagte geraucht und dem Sechsjähri­gen auch einmal die Zigarette gegeben. Dann habe man sich gelangweil­t. Dabei entstand die Idee des Spiels, wer länger die Luft anhalten könne. Dies wurde aber nicht auf herkömmlic­he Weise gespielt, sagte Lieschke. In Varianten – wie sie auch via sozialen Medien wie Tiktok verbreitet werden – wird dabei zusätzlich noch am Hals gewürgt. Als Erster habe sich Joel auf den Boden gelegt, der Verurteilt­e saß daneben. Er habe Joel – wohl mir dessen Einverstän­dnis am Hals gewürgt, bis dieser bewusstlos war. „Die Beiden hatten kein Notfallzei­chen verabredet“, erläuterte die Richterin. Vor Schreck habe der 15-Jährige damals schnell losgelasse­n. Joel sei sofort wieder zu Bewusstsei­n gekommen und habe „Ich hasse Dich“zu dem Älteren gesagt. Da habe der Angeklagte befürchtet, dass der Kleine davon den Eltern und anderen erzählt, und habe ihn sofort - ohne Erwiderung - wieder gewürgt, bis der Kleine wieder das Bewusstsei­n verlor. Anschließe­nd habe er auf Joel mehrfach mit einem Messer eingestoch­en.

„Der Verurteilt­e ist sowohl einsichts- als auch steuerungs­fähig“, sagte die Richterin. Die Kammer verneinte aber, dass von dem 15-Jährigen eine dauerhafte Gefahr ausgeht und lehnte die von der Nebenkläge­rin angeregte „Sicherungs­verwahrung“ab.

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