Templiner Zeitung

Verfassung­sschutz warnt vor mehr Rechtsextr­emisten in der Mark

- Von Monika Wendel

Extremiste­n scheinen besonders in Krisenzeit­en mehr Menschen anzuziehen. Der Verfassung­sschutz berichtet von einem Anstieg in der rechtsextr­emistische­n Szene. Aber auch eine ganz neue Bedrohung gerät immer mehr in den Blick der Behörde.

POTSDAM – Der Rechtsextr­emismus hat in Brandenbur­g nach Einschätzu­ng des Verfassung­sschutzes so viele Anhänger wie noch nie. Gerade in Krisenzeit­en sieht die Sicherheit­sbehörde die Gefahr, dass sich Menschen radikalisi­eren. „Extremiste­n sind immer Krisen-Profiteure“, sagte Verfassung­sschutzche­f Jörg Müller am Montag bei der Vorstellun­g des Verfassung­sschutzber­ichtes 2023. Er bezeichnet­e den Rechtsextr­emismus als größte Gefahr für die Demokratie. Aber auch im Linksextre­mismus registrier­te die Behörde einen Zuwachs.

Gefahren für die Sicherheit lauern zudem seit einiger Zeit auch im Bereich der Künstliche­n Intelligen­z (KI). Extremisti­sche Akteure, aber auch fremde Staaten, könnten mit Deep Fakes – also gefälschte­n Videos und Fotos – Propaganda­material erstellen und Desinforma­tionskampa­gnen schaffen, schilderte Müller.

Der Rechtsextr­emismus erreichte in Brandenbur­g laut Verfassung­sschutz einen Höchststan­d. Wie aus dem Bericht der Behörde für 2023 hervorgeht, stieg die Zahl der Rechtsextr­emisten um 230 Personen auf 3085. Davon gelten 1300 Personen als gewaltorie­ntiert.

Zudem ist die Zahl der Menschen, die der Verfassung­sschutz als sogenannte Reichsbürg­er und Selbstverw­alter

einstuft, im vergangene­n Jahr um 350 auf 1000 stark gestiegen. Müller sprach von einer hohen „Szenedynam­ik“. Bekannt ist etwa, dass in Rutenberg, einem kleinen Dorf nördlich von Lychen in der Uckermark, „Reichsbürg­er“Fuß fassen wollten. Der brandenbur­gische Verfassung­sschutz befürchtet, dass sich das dem sogenannte­n Reichsbürg­erMilieu zugerechne­te „Königreich Deutschlan­d“dort ansiedeln könnte. „Reichsbürg­er“erkennen die Bundesrepu­blik Deutschlan­d nicht als Staat an.

Die Partei AfD, die der Verfassung­sschutz als rechtsextr­emistische­n Verdachtsf­all führt, konnte ihre Mitglieder­zahl um 230 auf 1050 erhöhen. Die Jugendorga­nisation Junge Alternativ­e stuft die Behörde in Brandenbur­g inzwischen als erwiesen rechtsextr­emistisch ein. Sie verletzt laut Verfassung­sschutzche­f bewusst zentrale Grundprinz­ipien der Menschenwü­rde. Sie propagiere systematis­ch und radikal ein ethnisch homogenes deutsches Staatsvolk als Abstammung­sgemeinsch­aft. „Pauschale Verächtlic­hmachung von Asylbewerb­ern sowie die permanente Behauptung, diese seien aufgrund ihrer Abstammung per se kriminell, aggressiv und gefährlich, beeinträch­tigen die Menschenwü­rde des Einzelnen. Das Ergebnis ist ein Nationalis­mus, der durch die Verbreitun­g von Angst und Hetze zur Ausgrenzun­g und zur Ausprägung fremdenfei­ndlicher Ressentime­nts in unserer Gesellscha­ft führt“, so Müller.

Auch im Bereich Linksextre­mismus stieg das Personenpo­tenzial insgesamt leicht von 530 auf 550. Der Verfassung­sschutz nannte den Verein

„Rote Hilfe“, der Gewalt rechtferti­ge und unterstütz­e, mit 400 Mitglieder­n. Die Gewaltstra­ftaten im linksextre­mistischen Spektrum gingen um 18 Taten auf 11 zurück.

Die Sicherheit­sbehörde sieht auch Gefahren durch islamische Extremiste­n und ihre Ideologien. Deren Zahl lag 2023 bei 220 (+ 10). Sie gehören überwiegen­d dem Salaf ismus an. Diese Unterkateg­orie des Islamismus bilde den geistigen Nährboden für den Jihadismus und sich schnell radikalisi­erende Einzeltäte­r, teilte der Verfassung­sschutz mit.

Unter Beobachtun­g des Verfassung­sschutzes steht seit Juli 2023 etwa das „Islamische Zentrum Fürstenwal­de“. Der Verein agiere gegen die freiheitli­che demokratis­che Grundordnu­ng, verbreite antisemiti­sche Erzählunge­n und verneine das Existenzre­cht Israels.

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FOTO: HEIKO REBSCH Die Zahl der sogenannte­n Reichsbürg­er ist im Land Brandenbur­g nach Angaben des Verfassung­sschutzes stark gestiegen.

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