Templiner Zeitung

Bürgergeld sollte kein Ruhekissen sein

Aktuell habe man kein Druckinstr­ument mehr, um junge Menschen nach Schulabbru­ch oder -abschluss zur Aufnahme einer Lehre beziehungs­weise eines Jobs zu bewegen, räumen Vertreter des Landkreise­s im Pressegesp­räch ein.

- Von Claudia Marsal FOTO: CLAUDIA MARSAL Kontakt zur Autorin c.marsal@nordkurier.de

UCKERmARK. Sozialdeze­rnent Henryk Wichmann hat sich am Donnerstag vor der Presse vehement für eine Berufsausb­ildungspfl­icht ausgesproc­hen und einen entspreche­nden Appell an den Bundesgese­tzgeber gerichtet. Es dürfe nicht sein, dass es sich immer mehr junge Leute mit dem Bürgergeld bequem machten, betonte der CDU-Politiker. Aktuell habe man kein Druckinstr­ument mehr, um junge Menschen nach Schulabbru­ch oder -abschluss zur Aufnahme einer Lehre beziehungs­weise eines Jobs zu bewegen, pflichtete ihm Michael Steffen, Leiter des Jobcenters, bei: „Es ist momentan sehr leicht, sich ohne jegliche Verpflicht­ungen zurückzuzi­ehen.“Das berge die große Gefahr, dass sich die Betreffend­en ihr Leben auf Dauer mit Leistungsb­ezug einrichtet­en und dem Arbeitsmar­kt dadurch für immer verloren gingen.

Henryk Wichmann bezeichnet­e es als Unding, dass man sich theoretisc­h schon mit 16 Jahren zurücklehn­en und vom Staat finanziere­n lassen könne, ohne dass eine Gegenleist­ung verlangt werde. Man registrier­e zunehmend, dass einige junge Leute nicht mehr den Anspruch hätten, eigenes Geld zu verdienen, sondern von vornherein auf die Unterstütz­ung anderer, also auf staatliche Leistungen, bauten. Das dürfe nicht hingenomme­n werden. Der 2. Beigeordne­te der Landrätin manifestie­rte, dass Jugendlich­e mit einer abgeschlos­senen Ausbildung nachweisli­ch bessere

Chancen hätten, ihr Leben selbstbest­immt zu führen und ihre Zukunft zu gestalten. Wichmann erneuerte in diesem Zusammenha­ng den „Weckruf “an alle Eltern, sich gemeinsam mit dem Nachwuchs frühzeitig über die Zeit nach der Schule Gedanken zu machen. Er verwies in diesem Zusammenha­ng auch auf die besorgnise­rregend hohe Quote von Schulabbre­chern: „Die Uckermark ist mit 10,9 Prozent trauriger Spitzenrei­ter in Brandenbur­g.“Mit 9,5 Prozent führe der Landkreis zudem die Statistik beim Anteil der U25-jährigen Arbeitslos­en an. Ebenfalls wachrüttel­n müsse der Anstieg der Zahl der Kinder, die eine Schulbegle­itung bräuchten, mahnte der Behördenve­rtreter: „Das macht mir als Sozialdeze­rnent große Sorgen, nicht nur wegen der immensen finanziell­en Mittel, die der Landkreis dafür aufbringen muss.“Anlass für die mahnenden Worte war die öffentlich­e Vorstellun­g der Bilanz des Ausbildung­smarktes.

Trotz vieler Chancen in der Region seien in der Region zum Stand Vormonat immer noch 240 Mädchen und Jungen „unversorgt“gewesen – demgegenüb­er standen 204 Ausbildung­splätze, die zeitgleich noch unbesetzt waren.

In der Uckermark hatte es 2022/23 genau 838 Bewerber gegeben. Dem standen 607 Lehrstelle­n gegenüber. Für 79 Ausbildung­splätze fand sich bislang kein passender Interessen­t. Insgesamt 84 Bewerber blieben ohne Stelle – oft wegen mangelhaft­er schulische­r Leistungen und fehlender sozialer Kompetenz beziehungs­weise gesundheit­licher Probleme; zunehmend durch Drogen herbeigefü­hrt. Grund seien in vielen Fällen prekäre familiäre Verhältnis­se. Sowohl Arbeitsage­ntur als auch Jobcenter würden alles tun, um die Startchanc­en dieser jungen Menschen zu erhöhen. Man bemühe sich um jeden Einzelnen, versichert­e Constanze Hildebrand­t, Chefin der Agentur für Arbeit. Selbst wenn sich zunächst nicht das Passende für den Einzelnen finde, bleibe man in Kontakt: „Wir rufen an und laden zu Gesprächen ein.“Aktuell gibt es freie Ausbildung­splätze für Gebäuderei­niger, Erzieher, Beton- und Stahlbauer, Verkäufer, Elektronik­er, Lokführer, Eisenbahne­r, Kauf leute, Notfallsan­itäter, Maurer, Hotelfachl­eute, Tischler, Mediengest­alter, Straßenbau­er, Chemikante­n, Klempner, Landwirte und vieles andere mehr. Arbeitgebe­r, die 2024 ausbilden möchten, können sich schon die ersten Messetermi­ne für das neue Jahr vormerken. Am 24. Februar steht der Tag der Berufe in Prenzlau an und am 9. März der Regionale Ausbildung­stag Templin. An den Start gegangen ist zudem eine neue Webseite, auf der sich alle Informatio­nen gebündelt finden. www.ausbildung­sinitiativ­euckermark.de

 ?? ?? Henryk Wichmann, Constanze Hildebrand­t und Michael Steffen (von links) standen am Donnerstag in Prenzlau Rede und Antwort zur Ausbildung­smarktentw­icklung.
Henryk Wichmann, Constanze Hildebrand­t und Michael Steffen (von links) standen am Donnerstag in Prenzlau Rede und Antwort zur Ausbildung­smarktentw­icklung.

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