Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
„Wir brauchen diesen Gedenkort gerade jetzt“
WUPPERTAL Von Juli 1933 bis Januar 1934 war in der ehemaligen Putzwollfabrik an der Beyenburger Straße das Konzentrationslager Kemna untergebracht. Währenddessen waren dort bis zu 3000 politische Häftlinge aus dem Bergischen Land und aus dem Ruhrgebiet unter katastrophalen Bedingungen inhaftiert. Im Rat der Stadt Wuppertal wurde nun die Förderung eines Lern- und Gedenkortes in der alten Fabrik einstimmig verabschiedet.
„Der neue Gedenkort soll als Lernort für Demokratie und Menschenrechte das Interesse von Bürgerinnen und Bürgern, vor allem von jungen Menschen, wecken“, heißt es in einem Statement vom Rat der Stadt. „Auch über Wuppertal hinaus sollen die Menschen damit angesprochen werden. Der Ort hat die einzigartige Chance, unmittelbar vor der Haustür in Wuppertal, die Auseinandersetzung mit dem Übergang von einem Rechtsstaat in eine Willkürherrschaft zu ermöglichen.“
Den Antrag stellte der Gesamtverband der Evangelischen Kirchengemeinden des Kirchenkreises Wuppertal. Bei der Umsetzung und Konzeption wird er von den Städten Solingen und Remscheid unterstützt.
Der Jugendring Wuppertal errichtete 1983 ein Mahnmal auf der gegenüberliegenden Straßenseite des ehemaligen Konzentrationslagers. „Ich kannte nur die Gedenkstätte und wusste nicht, dass das Gebäude noch steht“, erzählt Paul Yves Ramette, Fraktionsvorsitzender der Grünen.
2019 erwarb der Gesamtverband der Evangelischen Kirchengemeinden des Kirchenkreises Wuppertal die ursprüngliche Putzwollfabrik, als sie auf der Suche nach einem neuen Standort für das Kirchenarchiv waren. Die Kirche ließ das Haus bauhistorisch untersuchen und entwickelte eine bauliche und inhaltliche Konzeption für die Lern- und Gedenkstätte. „Ich freue mich, dass die Kirche das Gebäude gekauft hat. Das wird ein würdiger Gedenkort. Die knapp 3000 Menschen mussten hier sehr viel Leid ertragen, auch wenn das Konzentrationslager nur für relativ kurze Zeit geöffnet war“, weiß Ramette.
Die Skizze wird laut Ramette beim Bund eingereicht. Daraufhin entscheidet der Staat, ob er in das Projekt investiert. Danach soll die Planung ins Detail gehen und im Laufe der Monate konkreter werden. Erst kürzlich gab es einen Projektaufruf des Bundes zur Förderung von Investitionen in nationale Projekte des Städtebaus. Ramette hofft stark auf die Förderung des Projekts: „Wir brauchen diesen Gedenkort gerade jetzt. Er ist vor allem in der aktuellen Zeit sehr wichtig. Man kann den Menschen mit diesem Gedenkort zeigen, was passiert, wenn Demokratie schwindet.“