Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Ein Stück Kipper-Brauerei im Sauerland

In einem Museum im Sauerland wird eine Dampfmasch­ine aus der Remscheide­r Brauerei aufgebaut.

- VON SVEN SCHLICKOWE­Y

REMSCHEID / ESLOHE Es ist ein im wahren Wortsinn starkes Stück Remscheide­r Geschichte, das nach mehr als drei Jahrzehnte­n nun wieder der Öffentlich­keit zugänglich gemacht wird: Eine riesige Dampfmasch­ine, vermutlich rund 200 PS stark, die ihren Dienst über Jahrzehnte in der Remscheide­r Brauerei Kipper verrichtet­e, wird derzeit in einem Museum im Hochsauerl­and aufgebaut. Ab dem 29. Februar kann sie dort besichtigt werden. Dahinter steckt auch das persönlich­e Engagement eines inzwischen verstorben­en Brauerei-Patriarche­n.

Mehr als sieben Meter lang ist die Maschine und über fünf Meter hoch, allein das Schwungrad hat etwa 5,60 Meter Durchmesse­r. „Da ist schon einiges an Eisen dran“, sagt Sebastian Friedhoff, der das Gesamtgewi­cht auf 35 bis 40 Tonnen schätzt. Friedhoff gehört zu dem Team von Ehrenamtle­rn, das das Museum „Dampf Land Leute“in Eslohe im Hochsauerl­andkreis betreibt. Aktuell ist er damit beschäftig­t, die ehemalige Kipper-Maschine wieder zusammenzu­bauen.

Ganz fertig werde er bis zur Wiedereröf­fnung des Museums Ende Februar wohl nicht, berichtet er: „Wir machen das ja alle nach Feierabend.“Aber die gigantisch­en Ausmaße des Gerätes seien bereits jetzt schon erkennbar. Steht später alles, sei das nächste Ziel, die Maschine wieder in Betrieb zu setzen, so Friedhoff. Denn dafür sei das Museum bekannt: „Alle unsere Maschinen laufen unter Dampf.“Versteckte Elektromot­oren wie in anderen Ausstellun­gen seien tabu. „Mit viel Glück kriegen wir das noch dieses Jahr hin.“

Er selber engagiere sich seit Grundschul­zeiten in dem Museum, das Anfang der 1980er-Jahre aus einer privaten Sammlung eines Unternehme­rs entstand, sagt Sebastian Friedhoff. Doch die Dampfmasch­ine aus dem Hause Kipper sei auch für ihn etwas Besonderes. Wegen der Größe zum einen. Zum anderen wegen des ausgesproc­hen guten Gesamtzust­ands. „Das ist weltweit sicherlich einzigarti­g.“

Zu verdanken ist das vor allem Albert Cramer, bis zu seinem Tod 2012 Chef der Warsteiner-Brauerei. Er hatte die Dampfmasch­ine nach dem Ende von Kipper 1993 erworben, eigentlich als Demonstrat­ionsobjekt für sein Brauereimu­seum, wie Warsteiner-Pressespre­cherin Pia Bollkämper auf Anfrage unserer Redaktion erklärt. Die Maschine sei am alten Standort demontiert und dann in Warstein restaurier­t worden, so Bollkämper.

Doch das Museum kam nie in der geplanten Form, stattdesse­n eröffnete die Brauerei die Warsteiner Welt, ein Hotel mit Besucherze­ntrum. „Aufgrund der Größe war es nicht möglich, die Maschine in Warstein in der Warsteiner Welt zu integriere­n“, erklärt die Pressespre­cherin. Also wurde die restaurier­te und zerlegte Maschine konservier­t und eingelager­t. Bis die Brauerei ihr Lager erweiterte – und den Platz brauchte.

Man habe verschiede­ne Museen kontaktier­t, sagt Pia Bollkämper. Fündig geworden sei man schließlic­h kaum 30 Kilometer vom Firmensitz entfernt. „Mit dem Museum

Dampf Land Leute aus Eslohe wurde nicht nur thematisch, sondern auch mit der räumlichen Nähe zu Warstein und Remscheid der ideale Verbleib der Maschine gefunden.“

Das findet auch Sebastian Friedhoff. „Wenn man so etwas angeboten bekommt, muss man das nehmen“, ist er überzeugt. In die Sammlung des Museums mit mehr als einem Dutzend anderer Dampfmasch­inen, diversen Loks und weiteren Geräten passe das Remscheide­r Exponat auf jeden Fall perfekt. Noch sucht das Museumstea­m allerdings nach passendem Deko-Material für die Ausstellun­g, zum Beispiel Bierkästen, Flaschen, Werbeschil­der oder Ähnliches der Brauerei Kipper.

In der Remscheide­r Brauerei war die Maschine, die im Jahr 1898 in Dienst gestellt wurde, übrigens nicht nur für den Antrieb von Rührwerken und anderen Geräten zuständig, sondern trieb auch einen sogenannte­n Kälteverdi­chter an. Mithilfe von Ammoniak erzeugte das Gerät die Kälte, ohne die es das berühmte Remscheide­r Pils sonst nur ein paar Monate pro Jahr gegeben hätte.

Als untergärig­es Bier braucht Pils zum Gären nämlich Temperatur­en zwischen vier und neun Grad, weswegen es ursprüngli­ch nur in den kalten Monaten gebraut wurde. Dank Dampf- und Kältemasch­ine konnte Kipper das ganze Jahr über brauen.

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FOTO: MUSEUM DAMPFLANDL­EUTE Mit einem Lkw werden die Bauteile der ehemaligen KipperDamp­fmaschine von Warstein nach Eslohe gebracht.

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