Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Kirschnere­it geht in den Ruhestand

Der Kantor verabschie­det sich mit Orgelkläng­en. 1994 trat er seinen Dienst in „seiner“Lutherkirc­he an.

- VON MELISSA WIENZEK

Die über 3600 Orgelpfeif­en, die ihn während seiner Laufbahn als Kantor begleitet haben, erklingen nun noch einmal – für Jörg Martin Kirschnere­it ist es Zeit, Abschied von „seiner“Fünf-Meter-Orgel und „seiner“Lutherkirc­he zu nehmen. 1994 trat er seinen Dienst als Kantor der Luther-Kirchengem­einde an, die 2018 mit der Johannes-Kirchengem­einde zur Evangelisc­hen Auferstehu­ngs-Kirchengem­einde verschmolz­en ist. Im Oktober ist der gebürtige Dorstener 65 geworden – am 31. Juli ist sein letzter Arbeitstag.

Klanglos will er aber nicht in den Ruhestand gehen: Kirschnere­it verabschie­det sich mit einer Konzert-Reihe. Der Auftakt für „Time to say goodbye“findet am Samstag, 15. Mai, statt. Bis Ende Juni sollen weitere Veranstalt­ungen folgen, sofern es Corona zulässt.

Ihm sei es immer wichtig gewesen, mit den Gemeindemi­tgliedern gemeinsam zu musizieren, betont der Kantor. „Wenn man die Gelegenhei­t hat, mit Chor und Solisten Musik aufzuführe­n und dadurch eine Atmosphäre zu schaffen, ist das einfach schön.“So geschehen bei den musikalisc­hen Abendgotte­sdiensten, die Kirschnere­it direkt nach seinem Antritt 1994 initiiert hatte. Daher freut er sich, dass nun zwei der vier Veranstalt­ungen musikalisc­he Abendgotte­sdienste sind. Sein letztes Orgelkonze­rt spielt er am

30. Mai. „Und dann hoffe ich auf den

26. Juni.“Bei seinem Abschiedsk­onzert mit Beteiligun­g der Bergischen Symphonike­r möchte er oratorisch­e Chorwerke zum Thema „Bewahrung der Schöpfung“bieten.

Jörg Martin Kirschnere­it wurde 1955 in Dorsten geboren. Weil sein Vater Pfarrer war, zog die Familie öfters um. Auch nach Namibia. Dort hat Kirschnere­it übrigens mit 16 das Orgelspiel erlernt, Klavier spielte er bereits mit neun Jahren. Er studierte an der Musikhochs­chule in Detmold Kirchenmus­ik (A-Examen) und Instrument­alpädagogi­k im Fach Klavier. Von 1983 bis 1994 war Kirschnere­it Kantor an der Auferstehu­ngsgemeind­e in Bremen, ehe er nach Remscheid wechselte. Hier war er für die musikalisc­he Früherzieh­ung zuständig, leitete die „Lucky SingeRS“, den Kinderchor der Evangelisc­hen Kirchengem­einden Remscheids, den Evangelisc­hen Posaunench­or und die Heinrich-Schütz-Kantorei. Von 2000 bis 2010 baute er zudem eine Jugendchor­arbeit auf. Seine drei Kinder begleitete­n ihn in seinen Gruppen. „Sie waren mir eine große Hilfe.“Sein Sohn habe bis zum Abitur keine Probe verpasst. Seine älteste Tochter singt heute im Kammerchor Hückeswage­n.

Zu den Höhepunkte­n seiner Laufbahn

zählt Kirschnere­it die Aufführung der h-moll-Messe von Johann Sebastian Bach 2008, die mehrere Jahrzehnte zuvor und seitdem in Remscheid nicht mehr aufgeführt wurde, die große Matthäus-Passion 2014 mit dem Kammerchor Hückeswage­n, das Bach-Weihnachts­oratorium. Ohnehin ist der Kantor begeistert von diesem Komponiste­n. „Das ganze Spektrum menschlich­er Emotionen wird hier in Musik gefasst.“Zudem setzte sich Kirschnere­it für die Sanierung der Lutherkirc­hen-Orgel ein. 2005 wurde sie für einen Betrag knapp unter 100.000 Euro überarbeit­et. „Damals ist sie noch mal ein neues Instrument geworden“, sagt er. Aus 38 Registern wurden 47, zudem erhielt das Instrument eine digitale Registrier­anlage. Diese kann sich nun 4000 Kombinatio­nen merken – die Orgel hat nun symphonisc­he Qualitäten.

Seinem Nachfolger wünscht Kirschnere­it „die Möglichkei­t, anzuknüpfe­n und die Gemeindemi­tglieder mitzunehme­n“. Wer es wird, steht noch nicht fest. Und wie geht es für ihn weiter? „Für den September habe ich eine Einladung nach Ilmenau mit einer Orgelsymph­onie von Charles-Marie Widor.“Ansonsten möchte er lesen, Musik hören, wandern, Fahrrad fahren und sich im Lions Club engagieren.

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FOTO: ROLAND KEUSCH Jörg Martin Kirschnere­it (65) an seiner Wirkungsst­ätte: der Orgel in der Lutherkirc­he.

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