Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Ärzte halten an Priorisierung fest
Kommunale Spitzenvertreter zeigen sich angesichts Tausender Fälle von Impfvordränglern gelassen.
Trotz des steigenden Tempos beim Impfen gegen Covid-19 haben sich führende Ärztevertreter für ein Festhalten an der Impf-Priorisierung ausgesprochen. So sieht der Deutsche Hausärzteverband in der vorgegebenen Reihenfolge eine „wichtige Leitlinie“für die Hausärzte, solange eine Knappheit an Impfstoffdosen bestehe, wie der Verbandsvorsitzende Ulrich Weigeldt unserer Redaktion sagte. Die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, sagte, sie halte es für falsch, die Priorisierung jetzt schon preiszugeben. „Es sind ja noch gar nicht alle Personen mit Vorerkrankungen und erhöhtem Risiko geimpft. Die sollten auch in den Impfzentren noch Vorrang haben.“
Diese Einschätzung teilte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes,
Gerd Landsberg. Zugleich betonte er: „Wichtig ist allerdings, sicherzustellen, dass keine Impfdosen liegen bleiben und am Ende sogar vernichtet werden müssen. Restbestände gehören in den Arm und nicht in den Müll.“In diesen Fällen könne auf die Priorisierung verzichtet werden.
Dabei sind sich nicht alle kommunalen Spitzenvertreter einig. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, sprach sich klar für eine Aufhebung der Priorisierung aus. „Damit sich das Impftempo weiter beschleunigt und nicht ins Stocken kommt, sollte die Impf-Priorisierung dann aufgehoben werden“, sagte Dedy. „Wenn sich jede Bürgerin und jeder Bürger um ein Impfangebot selbst kümmern kann, wird das Impfen schneller vorangehen.“
Hausärzte-Chef Weigeldt hält eine Kombination von „Flexibilität und Pragmatismus“beim Impfen für notwendig – trotz seines generellen Festhaltens an der Priorisierung. „Zudem steigen sowohl die gelieferten Impfstoffmengen, als auch der Anteil der Geimpften, und damit wird im Laufe der Zeit auch die Priorisierung an Bedeutung verlieren und schließlich nach und nach auslaufen“, sagte Weigeldt. Die Vorsitzende des Marburger Bunds verwies auf die derzeit noch begrenzten Liefermengen. „Bund und Länder dürfen bei ihren Entscheidungen nicht der Devise ,Wer zuerst kommt, mahlt zuerst’ Vorschub leisten. Dann haben die Schwächeren, die am wenigsten drängeln, am Ende das Nachsehen“, mahnte Johna an.
Mit zunehmenden Impf-Fortschritten wird offenbar auch der Wunsch vieler anderer Impfwilliger größer, auch zeitnah an der Reihe zu sein – und dafür werden teilweise unlautere Methoden genutzt. Städtetags-Hauptgeschäftsführer Dedy äußerte daran Kritik, sah jedoch kein flächendeckendes Problem in den Städten. „Für Vordrängler beim Impfen haben die Städte kein Verständnis“, sagte er. In den Impfzentren der Städte habe bislang aber „alles reibungslos funktioniert“. „Sie werden auch diese neue Phase unkompliziert umsetzen“, sagte Dedy.