Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid
Die Vision einer Schule ohne Klassenräume
Die Digitalisierung der Bildung birgt großen Chancen. Doch dafür muss zunächst eine grundlegende Änderung von Unterrichtskonzepten her. Matthias Kostrzewa ist Digitalisierungsbeauftragter für die Lehrerbildung an der Ruhr-Universität Bochum und für den Themenkomplex „Lernen und Lehren in einer durch digitale Medien geprägten Welt“zuständig. Der IT-Experte wünscht sich, dass das Lernen in der Schule neu gedacht wird: „Wir müssen von der Frage wegkommen, wie digitale Medien als Werkzeuge genutzt werden können, und uns dem Lernen in einer Kultur der Digitalität widmen.“Heißt: Schülerinnen und Schüler müssten besser vorbereitet werden, um an einer sich immer schneller digitalisierenden Welt teilhaben zu können.
Dabei gehe es nicht darum, welche Art Gerät von welchem Hersteller bestellt werde. „Das Digitale zieht viele Dinge, die wir als Gesellschaft in Bezug auf Schule für selbstverständlich gehalten haben, grundlegend in Zweifel,“sagt Kostrzewa. Nun komme es darauf an, „die wirklich großen Fragen“zu stellen und das Thema Lernen aus dem Blickwinkel der neuen digitalen Möglichkeiten zu betrachten. „Dazu gehört unter anderem die Auseinandersetzung damit, wie sinnvoll es ist, heutzutage Kinder nach Schulformen getrennt, in Klassenräumen, in Jahrgangsstufen und nach Fächern zu unterrichten“, sagt Kostrzewa. Das solle nicht heißen, dass all das abgeschafft werden solle. „Aber wir müssen es aktiv hinterfragen.“
Die ideale Schule in der Zukunft stellt er sich so vor: „Ich bin mir sicher, dass sie keine Klassenzimmer mehr hat, sondern Lernorte. Die perfekte Schule ist für mich auch eine, die mir verschiedene Möglichkeiten gibt, mit Schülern zu lernen und zu arbeiten“, sagt Kostrzewa. Da spiele Technik eine große Rolle. „Sie kann zu einer besseren Chancengleichheit beitragen. Darunter verstehe ich, allen Kindern gleichermaßen zu ermöglichen, das Beste aus sich herauszuholen“, sagt Kostrzewa. „Die Individualität, die es dafür braucht, kann durch Digitalität an den Schulen viel stärker im Fokus stehen.“
Es brauche nun Mut, notwendige Veränderungen in Angriff zu nehmen und damit anzufangen, langfristige Konzepte zu erstellen, meint der IT-Experte.
„Das Digitale stellt vieles in der Bildung grundlegend infrage“Matthias Kostrzewa Digitalisierungsbeauftragter