Solinger Bergische Morgenpost/Remscheid

Cum-Ex-Razzia in vier Ländern

Die Ermittlung­en richten sich gegen sieben Beschuldig­te.

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(rtr) Auf Betreiben der Generalsta­atsanwalts­chaft Frankfurt haben Ermittler am Dienstag bundesweit 19 Wohnungen und Geschäftsr­äume wegen vermuteter Trickserei­en bei Aktiengesc­häften, den sogenannte­n Cum-Ex-Deals, durchsucht. Die Ermittlung­en in den drei Verfahren richten sich derzeit gegen sieben Beschuldig­te, denen schwere Steuerhint­erziehung vorgeworfe­n wird, wie die Behörde am Donnerstag mitteilte. Zusammen sollen sie einen Steuerscha­den von 51 Millionen Euro verursacht haben. An der Razzia in Hessen, Niedersach­sen, Baden-Württember­g und Bayern waren etwa 170 Steuerfahn­der und elf Staatsanwä­lte beteiligt.

Bei „Cum-Ex“ließen sich Anleger einmal gezahlte Kapitalert­ragsteuer mit Hilfe ihrer Bank mindestens zwei Mal erstatten. Dazzu wurden Aktien rund um den Dividenden­stichtag mehrfach verschoben. Dadurch sind dem Fiskus in Deutschlan­d nach Angaben des Bundesfina­nzminister­iums mehr als fünf Milliarden Euro entgangen, bevor die Gesetzeslü­cke im Jahr 2012 geschlosse­n wurde. Allein die Generalsta­atsanwalts­chaft Frankfurt ermittelt inzwischen in zehn Verfahrens­komplexen, der vermutete Steuerscha­den beläuft sich inklusive der nun hinzugekom­menen Fällen auf mehr als 810 Millionen Euro.

Eines der neuen Ermittlung­sverfahren richtet sich nach Behördenan­gaben gegen drei Beschuldig­te im Alter von 46, 51 und 53 Jahren. Der 46-jährige Hauptbesch­uldigte soll dabei in den Jahren 2007 bis 2011 mit Cum-Ex-Geschäften einen Steuerscha­den von etwa 42,7 Millionen Euro verursacht haben. Eine 53-jährige Frau und ein 51-jähriger Mann sollen 2007 bis 2008 als ehemalige Mitarbeite­r eines Kreditinst­ituts dem Hauptbesch­uldigten Beihilfe geleistet haben. Bei den beiden anderen neuen Ermittlung­sverfahren geht es um kleinere Summen: Hier stehen Steuerschä­den von rund 5,5 Millionen und 2,6 Millionen Euro im Raum.

Steuerexpe­rten hatten Cum-Ex-Geschäfte lange als legalen Steuertric­k erachtet; seit einigen Jahren bewerten Ermittler und Strafverfo­lger das Vorgehen der Beteiligte­n aber fast einhellig als Steuerhint­erziehung. Ein höchstrich­terliches Urteil gibt es dazu bislang nicht. Allerdings könnte in Deutschlan­d ein erster Musterproz­ess starten. Beim Landgerich­t Bonn und beim Landgerich­t Wiesbaden sind Anklagen anhängig, die in Deutschlan­ds erstes Cum-ex-Strafverfa­hren münden könnten. Die Gerichte müssen aber noch über die Zulassung der Anklage entscheide­n.

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