Neuer Rückschlag für das E-rezept
Seit Jahren wird um den massenhaften Einsatz gerungen – Datenschützer bremsen aus
- Die deutsche Apothekerschaft hat „mit Unverständnis“auf Sicherheitsbedenken des Bundesdatenschutzbeauftragten reagiert, die erneut den Einsatz elektronischer Rezepte ausbremsen. Wer Bedenken habe, „sollte auch konstruktive Vorschläge machen, wie man diese ausräumen kann. Sonst kommt die Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht voran“, so Anke Rüdinger, Vorstandsmitglied im Deutschen Apothekerverband. Die Apotheken seien seit September bundesweit bereit für das E-rezept. Allerdings fehlt es an Ärzten, die digital verordnen.
Eigentlich sollten das zwei Pilotregionen ändern: In Schleswig-holstein und in einem Teil von Nordrhein-westfalen, nämlich Westfalenlippe, sollten Praxen und Kliniken freiwillig das E-rezept massenhaft anwenden. Als Vorbereitung auf den Einsatz in sechs weiteren Bundesländern und schließlich eine bundesweite Nutzung im Laufe des kommenden Jahres. Doch nachdem bereits die Datenschutzbehörde in Schleswig-holstein den Test im Norden verhindert hatte, stiegen nun auch die Ärzte im Westen aus. Begründung: Der Bundesdatenschutzbeauftragte habe den Einsatz der elektronischen Gesundheitskarte (EGK) für das E-rezept abgelehnt. Dies, so Thomas Müller, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-lippe, sei „eine Bankrotterklärung für die Digitalisierung“.
Bisher nämlich gibt es hohe Hürden für die Patienten: Man benötigt eine spezielle App, die nur auf neueren Smartphones läuft. Dann muss man sich mit seiner EGK in der App anmelden.
Das funktioniert aber nur mit Karten, mit denen man kontaktlos Daten tauschen kann und die erst seit Ende 2019 von den Kassen verpflichtend ausgegeben werden. Schließlich braucht man eine Geheimnummer (PIN), für die man sich vor Ort bei der Kasse oder in der Post identifizieren muss. Letztlich hat das dazu geführt, dass E-rezepte, wenn sie denn erstellt wurden, zumeist nicht im Smartphone landeten – sondern als Papierausdruck in die Apotheke getragen wurden.
Kritiker fordern seit längerer Zeit, die EGK, die jeder gesetzlich Versicherte verpflichtend hat, für E-rezepte zu nutzen. Die zuständige Gesellschaft Gematik, zu 51 Prozent in der Hand des Bundesgesundheitsministeriums, hatte noch im August das E-rezept per EGK als „weitere sichere Option“angekündigt. Nun will man bis Mitte 2023 eine Lösung anbieten, die laut Ministerium einfacher als bisher und trotzdem sicher sein soll.
Laut Gematik wurden bisher 558 000 E-rezepte in Deutschland eingelöst. Mehr als 3700 Arztpraxen stellten diese aus. Zum Vergleich: Pro Jahr gibt es laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung von 102 000 Praxen rund 450 Millionen Verordnungen. Nach Angaben der Europäischen Kommission gehört Deutschland zu den elf der 27 Eu-staaten, in denen weiterhin Papierrezepte genutzt werden.