Armacell kündigt Aus für Standort in Friesenhofen an
Laut Betriebsrat rund 100 Mitarbeiter betroffen – Was das Unternehmen zur Schließung sagt
- Die Armacell Gmbh möchte ihren Standort in Friesenhofen schließen. Was der Betriebsrat des Standorts in einer Pressemitteilung zuerst berichtete, bestätigt der „Schwäbischen Zeitung“nun der Hauptgeschäftsführer der Firma mit Hauptsitz in Münster.
In die westfälische Stadt soll aus strategischen Überlegungen auch die Produktion verlagert werden. Mitte 2023 könnte es soweit sein.
Die großen Hallen der Firma im Industriegebiet von Friesenhofen dürften vielen, die regelmäßig zwischen Leutkirch und Isny unterwegs sind, gut bekannt sein. Von der Straße aus sind sie kaum zu übersehen. Derzeit prangt dort an der Außenhülle noch groß der Armacellschriftzug. Das Unternehmen produziert in Friesenhofen seit 22 Jahren Ummantelungssysteme für isolierte Rohrleitungen im Heizungs- und Sanitärbereich sowie für Kälte- und Klimatechnik. Das könnte sich bald ändern. Betroffen von der geplanten Schließung sind laut Betriebsrat rund 100 Mitarbeiter, Hauptgeschäftsführer Stefan Garmann nennt gegenüber der Redaktion die Zahl von rund 90 Mitarbeitern. Informiert wurden diese über die Pläne laut Betriebsrat Ende vergangener Woche.
Viel zu spät, wie es in der Mitteilung heißt: „Der Betriebsrat hätte gemäß Paragraph 111 Betriebsverfassungsgesetz über die geplanten Maßnahmen deutlich früher informiert werden müssen. Dies ist nicht geschehen.“
Dass der Standort in Friesenhofen geschlossen werden soll, dafür gibt es beim Betriebsrat kein Verständnis. Der Standort existiere seit Mitte der 1970er-jahre und erwirtschafte sehr gute Ergebnisse. Der Betriebsrat werde für den Erhalt des Standortes und der Arbeitsplätze kämpfen.
Betriebsratsvorsitzende Elke Huber: „Jetzt habe ich zusätzlich zu den Sorgen um steigende Preise und Inflation richtige Angst vor der Zukunft: Wie soll ich all das bewältigen, wenn ich arbeitslos bin? So wie mir geht es allen meinen Kollegen.“Huber ist laut Mitteilung seit 2014 Betriebsratsvorsitzende und seit mehr als 30 Jahren in Friesenhofen beschäftigt.
Unterstützt werde der Betriebsrat „rückhaltlos“von der Gewerkschaft IG BCE. Betriebsbetreuer Markus Wimmer von der Gewerkschaft betont: „Einen solch erfolgreichen Standort zu schließen, ist ein Verbrechen. Ein Kapital-verbrechen.“
Um dieses „Kapital-verbrechen“doch noch zu verhindern, so Wimmer, werde man zum einen versuchen, öffentlichen Druck auf das Unternehmen aufzubauen. Zum anderen möchte man versuchen, die Arbeitgeberseite davon zu überzeugen, dass die Verlagerung nach Münster wirtschaftlich einfach keinen Sinn mache.
Überhaupt, so Wimmer, hätte Armacell den Betriebsrat viel früher über die Pläne informieren müssen. Um diesem die Gelegenheit zu geben, ein Gegenkonzept zu erstellen. Der Gewerkschaftssekretär ist überzeugt davon, dass sich das Unternehmen bewusst dazu entschlossen habe, die Mitarbeiter erst so kurzfristig über die Schließungspläne zu informieren. Nichtsdestotrotz werde man ein solches Gegenkonzept noch erstellen, betont er.
Auf die Frage zum konkreten Zeitplan der Schließung erklärt Garmann der Sz-redaktion: „Dies hängt von den weiteren Verhandlungen mit unseren Sozialpartnern ab. Die Aktivitäten des Werks in Friesenhofen
sollen nach unserer Planung frühestens im zweiten Halbjahr 2023 an den Standort Münster verlagert werden.“
Als Grund für die Schließung des Standorts führt Garmann an, dass Armacell zurzeit eine Reihe von Schritten prüfe, „um das Unternehmen an das neue makroökonomische Umfeld anzupassen und für langfristiges Wachstum zu positionieren.“Diese Schritte beinhalten demnach unter anderem ein umfassendes Programm zur Senkung der Fixkosten und die Konsolidierung einiger der lokalen Betriebe. „Ziel ist es, das Fachwissen in größeren Werken zu bündeln und die Effizienz durch spezialisierte industrielle Kompetenzzentren zu verbessern“, so Garmann.
Mit Blick auf die Zukunft der betroffenen Mitarbeiter erklärt er: „Er ist verfrüht, Details zu den rund 90 Mitarbeitern zu liefern. Uns ist es wichtig, dass die Transformation in respektvollem Umgang mit dem Team und in Zusammenarbeit mit unseren Sozialpartnern erfolgt.“Untersucht werde zudem das Angebot von Umzugsoptionen für Interessierte und die Sicherstellung, dass alle Betroffenen regelmäßig informiert und bestmöglich unterstützt werden.
Blick zurück: Der amerikanische Konzern Armstrong World Industries hatte 1986 die Firma Karl Klein Isoliersysteme in Friesenhofen übernommen, die Produktpalette erweitert und den Betrieb vergrößert. Seit 2000 wird die Firma in Friesenhofen unter dem Namen Armacell geführt.