Tierhotel schuld am Tod eines Hundes?
Dies konnte vor Gericht nicht bestätigt werden – Richter sah keine eindeutigen Beweise
KREIS RAVENSBURG - Ist ein Tierhotel in der Region dafür verantwortlich gewesen, dass ein zur Betreuung untergebrachter Hund mit Magendrehung zu spät medizinisch behandelt wurde und deswegen gestorben ist? Für den Hundebesitzer steht fest: ja. Das ist beim Verhandlungstermin im Amtsgericht Bad Waldsee deutlich geworden.
Für die Betreiber des Tierhotels ist hingegen klar – es wurde so schnell wie möglich gehandelt. Der Tierarzt einer Klinik aus dem Kreis Ravensburg, der den Hund operierte, konnte nicht bestätigen, dass eine raschere Einlieferung in die Klinik das Leben des Hundes in jedem Fall gerettet hätte. Ein Urteil wurde am Verhandlungstag noch nicht gefällt. Allerdings ließ Richter Feurle bereits eine Tendenz durchblicken.
Was genau war passiert? Der Hundebesitzer aus dem Landkreis Biberach hatte seinen Jagdhund der Rasse Deutsch Kurzhaar während eines Urlaubs im vergangenen Herbst für einige Tage in dem Tierhotel untergebracht – wie schon einige Male zuvor. Noch im Urlaub bekam er die Nachricht, dass es seinem Hund plötzlich nicht gut gegangen sei und der siebenjährige Rüde eine Magendrehung erlitten habe, operiert worden und nach der OP gestorben sei.
Ein Schock und eine emotionale Belastung für den Mann, wie bei der Verhandlung deutlich wurde. Den Betreiber des Tierhotels hat der gleichermaßen trauernde wie erboste Hundehalter in der festen Überzeugung,
dass zu spät gehandelt wurde, auf Schadensersatz verklagt.
In der Verhandlung am Amtsgericht sollte dem genauen Ablauf auf den Grund gegangen werden. Dazu waren der operierende Tierarzt der Klinik mit mehr als 20 Jahren Op-erfahrung als Sachverständiger sowie die am Unglückstag zuständige Tierpflegerin als Zeugin geladen worden. In einer etwa zweieinhalbstündigen Sitzung schilderten beide sowohl den Ablauf des Tages als auch die medizinische Behandlung des Hundes und beantworteten zahlreiche Fragen des Richters sowie der Klägerseite. Teilweise ging es dabei um einzelne Minuten und spezielle Details. Es wurde haarklein aufgedröselt, ab wann es dem Hund nicht gut ging, was und wann er gegessen und getrunken hatte und schließlich in die Tierklinik gebracht und operiert wurde.
Der Jagdhund sei bei Ankunft um kurz nach 22 Uhr in einem schlechten Allgemeinbefinden gewesen und wurde in Seitenlage gebracht, schilderte der Tierarzt. Der Magen des Tieres sei hochgradig aufgegast gewesen, eine Röntgenuntersuchung habe den Verdacht auf eine Magendrehung – was für diese Rasse eine häufig auftretende Krankheit sei – bestätigt. Also wurde der Hund schleunigst operiert und sei danach stabil gewesen, jedoch später um 3.15 Uhr nachts an einem Herzatemstillstand gestorben.
Wie lange die Magendrehung schon vorlag – das vermochte der Tierarzt auf Nachfragen des Richters nicht konkret zu sagen. Aufgrund
seiner Erfahrung tippte er auf mindestens etwa drei Stunden. Ein Hund mit dieser Erkrankung könne jedoch noch bis zu acht Stunden normal laufen und sich einigermaßen normal verhalten.
Die Tierpflegerin berichtete ihre Sicht des Ablaufs. Demnach habe der Hund tagsüber zwar etwas weniger gegessen, sei aber in Summe zuerst noch ganz normal gewesen und habe auch getrunken. Lediglich am Nachmittag habe sie das Tier gegen 16 Uhr aufgrund eines Wetterumschwungs
von draußen herein geholt. „Weil der Hund gezittert hat, hab ich ihn mit einer Decke warm gerubbelt und ihn darin eingewickelt, dann war eigentlich wieder alles gut“, erläuterte die Befragte und erklärte, dass auch Hunde einfach mal frieren und das nichts Ungewöhnliches sei. Der Hund habe abermals etwas getrunken.
Einige Zeit später habe der Rüde nicht mehr gezittert, woraufhin sie das Tierhotel verlassen habe, unter anderem um einzukaufen und dem
Tier zuhause eine Suppe zu kochen. „Es ging ihm gut“, betonte sie immer wieder. Zweieinhalb Stunden später habe sie wieder nach dem Hund geschaut. „Dann ging es ihm plötzlich schlecht.“Eine Pfütze erbrochenes Wasser vor seinem Maul habe sie zudem aufschrecken lassen.
Nach einem Telefonat mit der Tierhotelleitung und einer Tierärztin ging es direkt in die Klinik. Den Weg zum Auto habe der Hund in angeschlagenem Zustand noch selbstständig geschafft, erklärte sie und berichtete von „unangenehmen Gerüchen“während der Fahrt. „Ich bin sehr schnell gefahren und habe meinen Führerschein riskiert, um dem Tier schnellstmöglich zu helfen.“An der Klinik angekommen sei alles ganz schnell gegangen. Der Hund sei aus dem Auto geholt und recht schnell operiert worden.
Für den Kläger indes stand fest, dass die Magendrehung bei dem Hund schon früher hätte erkannt werden müssen. Er zeigte sich überzeugt, dass das Tier bei einer frühzeitigeren Behandlung nicht gestorben wäre und es fahrlässig gewesen sei, ihn so lange alleine zu lassen und die Einrichtung zu verlassen.
Seine Vorwürfe zum seiner Ansicht nach vermeidbaren Tod seines Tieres machte er an mehreren Dingen fest: Etwa an der Art der Erkrankung ansich, die viel früher erkennbar sei. Dann anhand eines Fotos, dass vor Gericht gezeigt wurde und entstanden ist, kurz bevor die Tierpflegerin die Einrichtung vorübergehend verlassen hatte und den Hund in bereits bedauerlichem Zustand zeigte. Dann an zeitlichen Abläufen, in denen er zahlreiche Widersprüche sah und versuchte, diese zu belegen. Und auch daran, dass zu diesem Zeitpunkt zu viele Hunde in dem Tierhotel hätten betreut werden müssen, was eine gute Obhut nicht mehr möglich mache. Zumal der Leiter des Tierhotels gerade selbst nicht anwesend gewesen sei.
Seine Anschuldigungen, dass der Hund bei anderer und schnellerer Reaktion hätte gerettet werden können, konnten jedoch vor Gericht nicht bestätigt werden. Auch nicht vom Tierarzt. Ein Zittern alleine oder ein unruhiger und schlapper Hund seien noch nicht als Notfallsituation zu bewerten, erläuterte dieser auf Nachfragen des Richters.
Dass es im Nachhinein mit dem Wissen um den Tod des Tieres besser gewesen wäre, den Hund gleich morgens zu bringen, stellten der Tierarzt und auch Richter Feurle nicht in Zweifel.
Er betonte jedoch: „Die juristische Frage ist: Bestand ein zwingender Anlass, es früher erkennen zu können und vor allem zu müssen, um dann entsprechend zügig zu handeln.“Genau diesen Punkt sah Feurle nach Anhörung des sachverständigen Tierarztes sowie der Tierpflegerin nicht bestätigt. Zumal der Tierarzt auch erläuterte, dass es bei einer Magendrehung gemäß Statistiken auch bei einer frühzeitigen Einlieferung in 19 Prozent der Fälle zum Tod kommt.
Das Urteil steht noch aus. Ein sogenannter Verkündungstermin wurde für Mitte November anberaumt.