Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fische leiden unter den Wetterextr­emen

Trockenhei­t, aber auch Starkregen bedrohen das Leben der Tiere – Verbände können kaum etwas dagegen tun

- Von Luke Maguire

- Flüsse treten über die Ufer, Starkregen hält die Feuerwehre­n im Dauereinsa­tz. Zwei Tage später herrschen Temperatur­en von 30 Grad. Die Sommermona­te im Allgäu waren in den vergangene­n Jahren wechselhaf­t – heuer ist das nicht anders. Unter den Auswirkung­en des Klimawande­ls leidet die Tier- und Pflanzenwe­lt – ganz besonders die Fische. „Es ist nicht schön, was in den letzten Jahren passiert“, sagt Ulrich Krafczyk, Geschäftsf­ührer des Fischereiv­erbandes Schwaben. Die Trockenper­ioden setzen den Fischen stark zu: „Heuer gibt es zwar viel Regen, aber die Trockenhei­t wird in Zukunft unser größtes Problem sein.“

Steigende Lufttemper­aturen werden auch vor Gewässern keinen Halt machen, da ist sich Krafczyk sicher: „Da können wir leider kaum gegensteue­rn. Kälteliebe­nde Fischarten wie Bachforell­e und Koppe wird es irgendwann nicht mehr geben.“

Zwar werden gefährdete Fischarten wieder „besetzt“, also in die Gewässer eingebrach­t, doch auf Dauer sei das keine Lösung. Dem kann Oliver Born von der Fischereif­achberatun­g

Schwaben nur zustimmen: „Ich halte zwar nichts von Horrorszen­arien, aber durch den fortschrei­tenden Klimawande­l werden die heimischen Fische negativ beeinfluss­t.“Doch was kann man dagegen unternehme­n? „Nicht viel“, sind sich Krafczyk und Born einig. „Wir haben derzeit keine Antwort.“Maßnahmen, um die Auswirkung­en des Klimawande­ls zu bekämpfen, gebe es einige: So sei beispielsw­eise die Beschattun­g von Bächen eine Möglichkei­t. Eine Komplettlö­sung gebe es allerdings nicht.

Für Born sind nicht nur die Wetterextr­eme der Grund für die schlechter­e Lebensqual­ität der Fische. Begradigun­gen und Kanalisier­ungen der Flüsse in den vergangene­n Jahrzehnte­n hätten einen enormen Einfluss auf das Leben der Tiere: „Den Fischen fehlen dadurch nicht nur Laichplätz­e, sie haben auch keine Ausweichmö­glichkeite­n bei Hochwasser.“Diese Problemati­k bestätigen Allgäuer Fischereiv­ereine.

So der Fischereiv­erein Eschacher Weiher: Vorsitzend­er Walter Stockinger beobachtet, dass sich einige Fischarten aus ihren früheren Gebieten zurückzieh­en, weil die Temperatur­en

zu hoch seien und der Sauerstoff­gehalt zu niedrig. „Im Waltenhofe­ner Bach im Oberallgäu machen sich immer mehr Waller und Hechte breit, weil die Gewässer sukzessive wärmer werden.“Bachforell­en, Nasen und Koppen, die dort heimisch waren, seien kaum noch zu finden. Vor allem die länger werdenden Trockenper­ioden seien für die Fische stressig. Ein Fischsterb­en habe es in diesem Jahr „zum Glück noch nicht gegeben“. Vor einigen Jahren sei das allerdings im Bachtelwei­her in Kempten passiert: „Der Sauerstoff­gehalt war bei null Prozent, da überlebt kein Fisch.“Um heimische Arten zu erhalten, setzt der Verein regelmäßig Tiere ein und überprüft, wie viele Fische sich in den Gewässern aufhalten. „Dadurch können wir Raubfische entnehmen und heimische Fische besetzen.“

Fischereiv­erein Neugablonz: Vor allem an den Bächen stellt Vorsitzend­er Klaus Baumgartne­r fest, wie die Trockenhei­t dem Lebensraum der Fische geschadet hat: „Viele Bäche sind nur noch Rinnsale, andere liegen komplett brach.“In den vergangene­n Jahren sei der Grundwasse­rspiegel gesunken, das habe negative

Auswirkung­en auf das Fischleben. Baumgartne­r kritisiert, dass bei Hochwasser die Beschaffen­heit der Bäche verschlech­tert werde: „Das Wasser fließt immer schneller durch die Bäche und vergrößert sie.“Dadurch herrsche nach kurzer Zeit, wenn das Wetter wieder umschlägt, akuter Wassermang­el.

Fischereiv­erein Memmingen: Vor 20 Jahren seien Starkregen und Hochwasser nicht bedrohlich für Fische gewesen, sagt Vorsitzend­er Manfred Wiblishaus­er. „Damals gab es pro Jahr nur zweimal Starkregen. Das halten Fische aus.“Zuletzt registrier­te Wiblishaus­er bis zu zehn Hochwasser pro Jahr. Dadurch würden immer mehr Sedimente eingelager­t, und Gewässer verschlamm­ten zusehends. Das wiederum zerstöre die Laichplätz­e der Fische und bedrohe das Leben der heimischen Arten. Was kann man dagegen tun? „Gewässerra­ndstreifen und Sickergrub­en bei Neubaugebi­eten sind ein Anfang“, sagt Wiblishaus­er. Dadurch werde weniger Wasser auf einmal in die Flüsse gespült und die Schäden seien geringer. Wiblishaus­er: „Doch es ist ein langwierig­er Prozess, das Fischleben so zu erhalten, wie es ist.“

 ?? ARCHIVFOTO: MATTHIAS BECKER ?? Barben werden regelmäßig in die heimischen Gewässer eingebrach­t. Dadurch wollen die Fischereiv­ereine sicherstel­len, dass sich die vom Aussterben bedrohten Fischarten fortpflanz­en und in der Region wieder ausbreiten.
ARCHIVFOTO: MATTHIAS BECKER Barben werden regelmäßig in die heimischen Gewässer eingebrach­t. Dadurch wollen die Fischereiv­ereine sicherstel­len, dass sich die vom Aussterben bedrohten Fischarten fortpflanz­en und in der Region wieder ausbreiten.

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