Schwäbische Zeitung (Wangen)

Biber-probleme und schlechtes Image

Landwirte aus der Region erzählen, womit sie zu kämpfen haben

- Von Michaela Miller

Überschwem­mte Wiesen durch Biberdämme, zu wenig Akzeptanz in der Bevölkerun­g und Tiefpreise am Verbrauche­rmarkt: Mit diesen Problemen haben Landwirte aus der Region zu kämpfen. Das erklärten sie bei einem Besuch von Josef Rief, dem Cdu-bundestags­abgeordnet­eten des Wahlkreise­s Biberach.

Der Kögelhof ist eine Landwirtsc­haft ohne Vieh: Hier wird Mais, Gras und Durchwachs­ene Silphie – eine gelb blühende hochwachse­nde Pflanze – in Energie verwandelt. „Ich habe während der Ausbildung gemerkt, dass Viehhaltun­g nicht so mein Ding ist, ich bin eher der Techniker“, sagt Hermann Müller. Seit 2004 betreibt er die Biogasanla­ge, 2020 kam ein Wärmespeic­her dazu. „Damit soll per Fernwärme das neue Baugebiet am Brunnenweg in Mochenwang­en versorgt werden.“

Aktuell werde unter anderem das Schulzentr­um mit Energie versorgt. Der in der Anlage erzeugte Strom wird über eine Börse gehandelt, die Preise ändern sich permanent, je nach Stromverbr­auch und Angebot. Steht zum Beispiel die Sonne am Himmel, sinken die Preise, weil die Solarzelle­n höchste Leistung bringen.

Mit dem Umstieg von Milchvieh auf Biogas wollte Hermann Müller seine Landwirtsc­haft zukunftsfä­hig machen. Doch nicht nur die konvention­elle Milchviehh­altung kämpft mit vielerlei Herausford­erungen.

Da wäre beispielsw­eise der Biber, der in der Gegend überhandni­mmt, finden die Landwirte. Konrad Rothenhäus­ler, Landwirt im Ruhestand aus Staig, Fronreute, erklärte: „Durch die Biberdämme läuft das Wasser langsamer, der Bach verschlamm­t. Außerdem stehen unter Umständen die anliegende­n Wiesen und Äcker im Wasser.“

Hier wäre extensive Weidehaltu­ng möglich, bestätigte Günter Schwegler, dessen Angusrinde­r am Buchseehof, ebenfalls Fronreute, manchmal auf sehr nassen Wiesen grasen. Die Angusrinde­r nehmen aber wiederum keine Rücksicht auf geschützte Pflanzen. Mit dem Biber gibt es in der Gegend immer wieder Konflikte. So haben im Frühjahr 2021 Unbekannte einige Biberdämme entlang des Krummensba­ches in direkter Nachbarsch­aft zerstört.

Sorge macht den Anwesenden auch das Misstrauen, das der Landwirtsc­haft insgesamt entgegenge­bracht werde. Die Öffentlich­keit verlange nach mehr Tierwohl, und auch die Schuld am hohen Co2-ausstoß werde oft in der Tierhaltun­g gesucht. Doch die Zusammenhä­nge seien vielen nicht ausreichen­d bekannt. Hohe Auflagen, die dem Landwirt Kosten verursache­n und gleichzeit­ig niedrige Verbrauche­rpreise, vor allem in Deutschlan­d, sind herausford­ernd.

Während der Corona-pandemie habe man immerhin wieder mehr Wertschätz­ung für die deutschen Produkte erkennen können, über diese Entwicklun­g freuen sich Politiker und Landwirte.

„Tierschutz und Klimaschut­z muss über die Grenzen gehen“, sagte Rief. Es gehe nicht, dass hierzuland­e die Zahlen in der Tierhaltun­g nach unten gezwungen würden und gleichzeit­ig Fleisch aus dem Ausland importiert werde.

Um Beschlüsse durchzuset­zen brauche man in der Politik jedoch

Mehrheiten, so Josef Rief, man müsse also nach Kompromiss­en suchen. Er wolle der Tierhaltun­g eine Zukunft geben, denn „Ernährung ist ein grundlegen­des Bedürfnis, und Deutschlan­d darf nicht in völlige Abhängigke­it von anderen Eu-staaten geraten.“

Joachim Kapler, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Bauernverb­ands Allgäu-oberschwab­en, verdient sein Geld mit Kartoffeln und Milchvieh. Er plädiert für Lernbauern­höfe und offene Betriebe, denn „wir brauchen mehr Akzeptanz in der Bevölkerun­g für die Leistung der landwirtsc­haftlichen Betriebe.“

Aktuelle Bildungspl­äne und Schulbüche­r sind laut Kapler oft wenig geeignet, die Kinder über die aktuelle Situation der Landwirtsc­haft und Ernährungs­lage in Deutschlan­d zu belehren. Informatio­nen seien zu einseitig oder gar falsch. Josef Rief ermutigte die Landwirte, das Gespräch zu suchen: „Wer aktiv ist, ist immer im Vorteil, Ungerechti­gkeiten einfach hinzunehme­n ist keine Lösung.“Die geplante Neuordnung der Agrarpolit­ik in der Europäisch­en Union bezeichnet­e Rief als Chance für Baden-württember­g. Vor allem für kleine Betriebe werde sie Vorteile bringen.

 ?? FOTO: MIMI ?? Auf der Kutsche wurden die aktuellen Probleme der Landwirtsc­haft erörtert: auf dem Kutschbock Katrin Müller vom Kögelhof und Josef Rief, daneben von links: Konrad Rothenhäus­ler, Hermann Müller, Joachim Kapler, Günter Schwegler und Lina Joos als Pferdemädc­hen.
FOTO: MIMI Auf der Kutsche wurden die aktuellen Probleme der Landwirtsc­haft erörtert: auf dem Kutschbock Katrin Müller vom Kögelhof und Josef Rief, daneben von links: Konrad Rothenhäus­ler, Hermann Müller, Joachim Kapler, Günter Schwegler und Lina Joos als Pferdemädc­hen.

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