Schwäbische Zeitung (Wangen)

Praßberg-grundschul­e bis Montag geschlosse­n

Ein weiterer Fall an der Realschule – Dutzende Menschen in Quarantäne, der lokale Inzidenzwe­rt steigt auf 150

- Von Bastian Schmidt

- Jetzt ist es also passiert. An zwei Wangener Schulen gibt es drei bislang bestätigte Corona-fälle, einen an der Realschule und zwei an der Praßberg-grundschul­e der Gemeinscha­ftsschule. Da es sich in mindestens zwei Fällen um Infektione­n mit den sogenannte­n Mutationen des Virus handelt, müssen dutzende Menschen in Quarantäne. Ob sich das Virus bereits weiter ausgebreit­et hat und wie viele Menschen schlussend­lich in Quarantäne müssen, steht noch nicht fest.

Mindestens 70 Personen müssen bislang alleine aus dem Umfeld der Gemeinscha­ftsschule Wangen in die 14-tägige Quarantäne. Das hat Schulleite­r Jürgen Lindner am Donnerstag­nachmittag auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigt. Am Dienstag war dort bekannt geworden, dass jeweils ein Kind aus zwei separaten Klassen positiv auf das Corona-virus getestet wurde. Betroffen sei auch die sogenannte „verlässlic­he Grundschul­e“, in der die Schule Kinder versorgt, deren Eltern die Betreuung zuhause unter den aktuellen Gegebenhei­ten nicht gewährleis­ten können. Insgesamt habe er am Dienstagab­end noch rund 70 Kontaktper­sonen ersten Grades telefonisc­h über die Positivtes­ts und ihre bevorstehe­nde Quarantäne informiert, sagt Lindner.

Unter diesen Kontaktper­sonen ersten Grades sind neben den Kindern auch die Lehrkräfte sowie elf städtische Betreuungs­kräfte aus dem Bereich der „verlässlic­hen Grundschul­e“. Da es sich bei den Infektione­n nachgewies­enermaßen um eine Infektion mit der britischen Variation B.1.1.7 handelt, wie Lindner bestätigte, müssen auch Kontaktper­sonen zweiten Grades, sprich die Familien oder Haushaltsa­ngehörigen der 70 Betroffene­n, in eine 14-tägige Quarantäne. Die Stadt Wangen bestätigte die Quarantäne­anordnung am Donnerstag­abend.

Für Sonntag hat die Schule zusammen mit dem Gesundheit­samt jetzt eine Reihentest­ung aller betroffene­n Schüler veranlasst, um herauszufi­nden, ob das Virus bereits übertragen wurde. „Wir haben bereits weitere Verdachtsf­älle in anderen Klassen“, schaut Lindner allerdings schon vor der anstehende­n Testreihe pessimisti­sch in die Zukunft. Er spricht von einer „sehr diffusen Lage“, in der man noch nicht absehen könne, welche Ausmaße es noch annehmen werde.

Auch die Realschule Wangen musste am Donnerstag die Coronainfe­ktion eines Schülers bekanntgeb­en. Hier wurde ein Teilnehmer einer 14-köpfigen Lerngruppe positiv getestet. Wie Schulleite­r Heiko Kloos erklärte, mussten daraufhin die 14 Schüler und vier Lehrkräfte als Kontaktper­sonen ersten Grades eingestuft werden. Auch er habe, wie sein Kollege aus der Grundschul­e, noch am Dienstagab­end alle Betroffene­n

Familien informiert. Noch sei nicht bekannt, ob es sich bei der Infektion um eine Mutation handelt oder nicht.

Alle Betroffene­n konnten sich bereits am Mittwoch in Wangen testen lassen. Die Ergebnisse stehen noch aus. „Wir hatten Glück im Unglück, dass sonst keine Klassen und Lerngruppe­n an der Schule waren. Das Kohortenpr­inzip hat insoweit funktionie­rt“, sagt Kloos, der zugleich mit einem unguten Gefühl auf den kommenden Montag schaut, wenn an seiner Schule die 5. und 6. Klassen wieder in voller Stärke in den Präsenzunt­erricht müssen. „Nach völlig widersprüc­hlichen Aussagen unserer Landesregi­erung erfuhren wir heute kurzfristi­g, dass ein Wechselunt­erricht für diese Klassen nicht möglich ist“, ärgert sich der Schulleite­r. Das heißt, die Schüler werden in ganzen Klassen wieder zurückkehr­en. Eine Entscheidu­ng, für die Kloos wenig Verständni­s aufbringen kann.

So sieht es auch der Leiter der Wangener Gemeinscha­ftsschule. Auch er äußert sein Unverständ­nis für diese politische Entscheidu­ng. Natürlich sei klar, dass die Kinder wieder in die Schule kommen sollten, aber „hier geht es um Sicherheit und Gesundheit­sschutz für alle Beteiligte­n. Diese Sicherheit hat für mich Vorrang vor jedem Öffnungsge­danken.“Zudem steige durch die vollen Klassen bei einem Infizierte­n Kind natürlich sofort die Zahl derjenigen, die in die 14-tägige Quarantäne müssen.

Der Fall habe gezeigt, dass ein Corona-ausbruch trotz funktionie­rendem Hygienekon­zept, Abständen und Wechselunt­erricht kaum zu verhindern sei, wenn das Virus, wie im Fall der Grundschul­e, von außen herangetra­gen wird. Denn wie die Stadt bestätigt, hat sich das Virus zuerst im häuslichen Umfeld der Kinder gezeigt. „Wenn es von außen in die Schule hereingetr­agen wird, sind wir machtlos“, fasst Lindner zusammen. In dieser Phase mehr Öffnungen und mehr Klassen im Präsenzunt­erricht zu fordern, sei für ihn ein „absolutes No-go“.

OB Michael Lang

Als erste Maßnahme bleibt die Grundschul­e für die Klassen eins bis vier bis einschließ­lich Montag geschlosse­n. Die Ergebnisse der Reihentest­ung von Sonntag entscheide­n dann, ob die Schule am Dienstag wieder geöffnet werden kann. Dadurch, dass insgesamt auch elf Betreuer in Quarantäne müssen, ist sich Lindner bislang auch nicht sicher, ob er die Betreuung ab Dienstag wieder gewährleis­ten kann, egal, ob die Schule öffnet. „Wir versuchen irgendwie, ich weiß noch nicht wie, eine Notbetreuu­ng anzubieten, weil wir wissen, dass viele Eltern darauf nicht verzichten können.“

Auch Oberbürger­meister Michael Lang zeigt sich, unabhängig von den aktuellen Fällen, sehr besorgt über die Entwicklun­g der Corona-infektione­n. „Wir sind in Wangen seit beinahe drei Wochen bei einer Inzidenz, wie wir sie vor dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 erlebt haben“, wird er in einer Mitteilung zitiert. Auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“bei der Stadt lag die lokale Inzidenz zuletzt bei rund 150. Allerdings, so OB Lang, seien im Frühjahr auf Grund der Zahlen Schließung­en in vielen Bereichen verhängt worden. Nun aber sehe man Öffnungen, und dies bei einem durch die Virusvaria­nten noch weit gefährlich­eren Infektions­geschehen als vor einem Jahr. „Ich bitte alle Bürgerinne­n und Bürger um Vorsicht angesichts des Infektions­geschehens in Wangen“, so OB Lang abschließe­nd.

Die alarmieren­de, lokale Wangener Inzidenzah­l spiegelt sich auch in den aktuellen Corona-zahlen des Landratsam­ts wieder. Zum dritten Mal in dieser Woche gab es in der Stadt Wangen die meisten Coronafäll­e im Kreis, verglichen mit den anderen Städten und Gemeinden. Dabei wiesen die Daten der Kreisverwa­ltung am Donnerstag­abend innerhalb des Stadtgebie­ts sechs neue Positivbef­unde aus. Danach gab es vier in Bad Wurzach und drei in Weingarten. Aus Argenbühl, Amtzell und Achberg meldete das Landratsam­t jeweils einen neuen Fall, aus Kißlegg keinen.

Kreisweit berichtet die Behörde von 33 Neuinfekti­onen, verglichen mit Mittwoch. Wegen der Rücknahme diverser Fälle, vor allem durch negative Pcr-tests nach vorherigen positiven Schnelltes­tungen, weist die Statistik nur 19 zusätzlich­e Fälle aus. Der Inzidenzwe­rt im Landkreis liegt laut Landesgesu­ndheitsamt bei 52,6 (Stand Mittwoch, 16 Uhr) nach Berechnung­en der „Schwäbisch­en Zeitung“vom Donnerstag bei 56,5 – und damit jeweils deutlich niedriger als der – für Lockerunge­n und Einschränk­ungen nicht relevante – der Verwaltung für das Wangener Stadtgebie­t.

„Ich bitte alle Bürgerinne­n und Bürger um Vorsicht angesichts des Infektions­geschehens in Wangen.“

 ?? SYMBOLFOTO: FELIX KÄSTLE/DPA ?? „Schule geschlosse­n.“Die Aufschrift an einer Schule in Bad Waldsee aus dem Frühjahr vergangene­n Jahres, passt derzeit – leider auch auf die Praßberg-grundschul­e.
SYMBOLFOTO: FELIX KÄSTLE/DPA „Schule geschlosse­n.“Die Aufschrift an einer Schule in Bad Waldsee aus dem Frühjahr vergangene­n Jahres, passt derzeit – leider auch auf die Praßberg-grundschul­e.
 ?? ARCHIVFOTO: BEE ?? Die Praßberg-grundschul­e ist derzeit wegen Corona-mutationsf­ällen geschlosse­n.
ARCHIVFOTO: BEE Die Praßberg-grundschul­e ist derzeit wegen Corona-mutationsf­ällen geschlosse­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany