Mathematik und Frühlingsblumen per Video
Lehrerinnen in Blitzenreute unterrichten ihre Schüler online – und die finden das „obercool“
FRONREUTE - Das Coronavirus fördert in den Schulen ganz neue Unterrichtsmethoden, So werden die Schüler der Grundschule Blitzenreute außerhalb der Ferien in Kleingruppen per Videokonferenz unterrichtet. Lehrerinnen und Kinder sind begeistert von dieser Möglichkeit des Lernens und Lehrens.
Henning Klatt brachte seine Mutter Birgit Klatt, Lehrerin der Tigerklasse an der Grundschule Blitzenreute, auf die Idee. Der angehende Abiturient kannte Jitsi. Das ist keine Kampfsportart, sondern eine Konferenzsoftware, die von Endgeräten wie Handy, PC und Tablet genutzt werden kann.
Mit Hennings Hilfe stellte Birgit Klatt in der ersten Woche der schulfreien Zeit die Voraussetzungen her, um mit ihren Erstklässlern der Tigerklasse Kontakt in Bild und Ton aufzunehmen. Dazu wurde von der Familie Klatt der privat gemietete Speicherplatz auf einem externen Server erweitert. Datenschutztechnisch sei das System sicher, so Klatt. „Es entstehen für die Eltern keine Kosten. Ist der Unterricht vorbei, so sind auch alle Daten verschwunden“, erklärt die Lehrerin.
Ab der zweiten Woche habe der Unterricht gut geklappt. Die Schüler wählen sich laut Klatt in den Chat ein, und ihre Lehrerin kann ihnen den neuen Buchstaben der Woche beibringen. Immer in kleinen Gruppen von maximal sechs Schülern werde unterrichtet. „Bei mehr Teilnehmern war die Verbindung instabil“, erklärt Birgit Klatt. „Die Klasse mit 18 Kindern wird in drei Gruppen von 8 bis 9 Uhr, von 10 bis 11 Uhr und von 11 bis 12 Uhr unterrichtet. Ich erkläre dreimal den gleichen Stoff. Die Kinder zeigen ihre Hausaufgaben und können sich melden – wie im richtigen Unterricht. Wir hören und sehen uns gegenseitig. Ich kann auch vorzeichnen, wie ein Buchstabe geschrieben wird“, ergänzt sie. Nur ein kleiner Teil der Kinder könne aus technischen Gründen nicht an den Videokonferenzen teilnehmen. Sie werden von den Lehrerinnen per Telefon und E-Mail kontaktiert. „Die erste Woche war sehr anstrengend“, erzählt Klatt, denn es sei mehr Vorbereitung notwendig gewesen. „Es ist schon ein ganz anderes Unterrichten. Die Körpersprache entfällt, und auch die Tafel, um Sachverhalte zu erklären.“Inzwischen mache ihr das digitale Unterrichten sehr viel Spaß. „Ich habe viele Tricks gefunden, wie ich den Unterricht effizient gestalten kann.“
Anfang April wurden laut Rektorin Rafaela Straub sechs der acht Klassen auf diese Weise unterrichtet. „Frau Klatt hat am Sonntagmorgen ihre Kolleginnen zum Videochat eingeladen. So haben wir ausprobiert, ob das System funktioniert“, erinnert sich Straub. „Wir waren sofort begeistert von der Möglichkeit.“Ein täglicher Kontakt zum Lehrer sei für viele Grundschüler dringend notwendig. „Für die Eltern ist es oft problematisch, die Kinder zum Arbeiten zu motivieren“, meint die Rektorin. Wenn die Lehrerin kontrolliert, ob und wie geübt wurde, sehe das gleich viel besser aus. Hauptsächlich Mathe und Deutsch wurden per Videokonferenz unterrichtet. So könne die Lehrerin sicherstellen, dass alle Kinder die Fachbegriffe richtig verstehen und verwenden. „Aber auch die Frühlingsblumen kamen diese Woche noch dran“, meint Birgit Klatt. „Das haben wir tatsächlich noch geschafft.“
Rektorin Rafaela Straub ist froh und dankbar, dass die Lehrerinnen der Grundschule Blitzenreute bereit waren, privat die technischen Voraussetzungen für diese Art von Unterricht zu erfüllen. Denn: „Vom Schulgebäude aus ist das nicht möglich. Die Digitalisierung der Schulen muss dringend passieren“, betont sie. Anfangs hätten die Kinder die Unterstützung der Eltern gebraucht, inzwischen könnten sie die Geräte selbst bedienen. Wer spricht, erscheint groß auf dem Bildschirm. „Das finden die Kinder ,obercool’.“