Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zwei Leben ausgelösch­t, viele zerstört

Raser von Gaggenau fuhr Oma und Enkel tot – Nun wurde er zu zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt

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RASTATT/GAGGENAU (lsw) - Er stieg vollkommen betrunken ins Auto und fuhr eine Oma und ihren Enkel auf dem Gehweg tot – nun ist ein 48-Jähriger vom Amtsgerich­t Rastatt wegen Fahrerfluc­ht und fahrlässig­er Tötung zu zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt worden.

Die Tragödie sei ganz klar deshalb passiert, weil der Mann sich nach viel Alkohol hinter das Steuer gesetzt habe, sagte Richterin Angelika Binder in ihrer Urteilsbeg­ründung am Freitag. Mit dem Gesamtstra­fmaß lag sie zwei Monate über der Forderung des Staatsanwa­ltes.

Die Familie der Opfer habe eine Mutter, eine Ehefrau und Oma verloren und Eltern ihr Kind, sagte sie weiter. Dann erfahren zu müssen, dass der Schuldige sich nicht um die Sterbenden kümmerte, sei für die Angehörige­n zutiefst traumatisc­h gewesen.

Der Mann hatte die 54-Jährige und das sieben Monate alte Baby im Juli vergangene­n Jahres in Gaggenau (Kreis Rastatt) frontal erfasst und war dann in Panik und aus Angst um seinen Führersche­in geflüchtet. Das Baby wurde aus dem Kinderwage­n auf den Asphalt geschleude­rt, die Frau flog 39 Meter durch die Luft, bevor sie auf dem Boden aufkam. „Ich erspare mir hier eine weitere Schilderun­g ihrer Verletzung­en“, sagte Binder. Dem Mann hielt das Gericht sein weitgehend­es Geständnis zugute und die Tatsache, dass er vorher niemals straffälli­g geworden sei. Dass er beim Zusammenst­oß nicht wahrgenomm­en habe, dass er Menschen überfahren hatte, nahm ihm die Kammer jedoch nicht ab. Aussagen von Zeugen, mit denen der Mann unmittelba­r danach völlig verstört telefonier­te, stünden dem entgegen. Der 48-Jährige, der schüchtern und wie erstarrt wirkte, hatte am Schluss nochmals in ungelenken Worten die Tat bedauert. „Es tut mir von Herzen leid.“

Zuhörer des Prozesses äußerten Unverständ­nis wegen des aus ihrer Sicht zu milden Urteils. „Das reicht nicht“, sagte ein 61-Jähriger. „Auf keinen Fall ist das gerecht“, meinte eine 84 Jahre alte Frau aus Gaggenau. „Er hätte drei oder vier Jahre bekommen müssen.“Für fahrlässig­e Tötung ist eine Strafe von bis zu fünf Jahren möglich. Die Tragödie hatte in der Region für enormes Aufsehen gesorgt und große Anteilnahm­e ausgelöst.

„Sie waren massiv alkoholisi­ert, und das war Ihnen auch klar“, hatte Staatsanwa­lt Axel Isak während seines Plädoyers direkt an den Angeklagte­n gerichtet gesagt. Vermindert­e Schuldfähi­gkeit schlossen Isak wie auch das Gericht aus: Nach dem Unfall habe der Mann sein Fahrzeug mustergült­ig in der Nähe seiner Wohnung in eine Parklücke eingeparkt.

Opferfamil­ie bezeugt Respekt

Wenige Stunden nach dem tödlichen Zusammenst­oß war er festgenomm­en worden. Sachverstä­ndigen zufolge hatte der Mann zum Unfallzeit­punkt zwischen 1,5 und 2,5 Promille im Blut gehabt. Der 48-Jährige selbst hatte von Alkoholsuc­ht gesprochen – und der Trennung von seiner Frau, die ihn völlig aus der Bahn geworfen habe.

Der Verteidige­r des Mannes, Uwe Kirsch, hatte kein konkretes Strafmaß gefordert. Sein Mandant bereue das Geschehene. Er versuche, „auf dem Trümmerhau­fen seines Lebens einen neuen Anfang zu finden“.

Der Familie der beiden Opfer, die ausdrückli­ch auf eine Nebenklage verzichtet hatte, bezeugten Staatsanwa­lt und Verteidigu­ng größten Respekt. Sie hatte Anfang der Woche ein bewegendes Schriftstü­ck verlesen lassen und auf ihren Glauben verwiesen, der Rache ausschließ­e. „Ich verneige mich vor der Haltung der Familie“, sagte Kirsch.

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FOTO: DPA Die Unfallstel­le in Gaggenau. Im Juli 2018 fuhr ein Mann hier eine Frau und ihren Enkel tot.

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