Zur Freiwilligkeit zwingen
Freiwillig rücken Unternehmen selten Geld heraus, selbst wenn sie es zu Unrecht eingenommen haben. Und auch wenn sie für ihre Kunden jetzt einen leichten Zugang zu Entschädigungen einrichten will: Die Deutsche Bahn ist da keine Ausnahme.
Das ist auch kein Wunder, denn angesichts der vielen Verspätungen belaufen sich die Ausgleichszahlungen des Konzerns auf einen hohen Millionenbetrag. Dabei scheuen viele Fahrgäste das mit Formularen verbundene Prozedere oder kennen ihre Rechte gar nicht. Mit der angekündigten digitalen Abwicklung könnte es für die Bahn noch teurer werden, sofern sich die Pünktlichkeit der Züge nicht deutlich verbessert. Das Unternehmen kommt einer gesetzlichen Verpflichtung zu einem so einfachen Verfahren zuvor. Damit wird auch das Versprechen eines besseren Service erfüllt.
Wenn es aber um unpünktliche Reisen geht, wird viel über den Schienenverkehr und viel zu wenig über die Luftfahrt gesprochen. Die teils chaotischen Verhältnisse an den Flughäfen im vergangenen Jahr sind längst vergessen. Bei den Airlines müssen Kunden, die Anspruch auf eine Entschädigung haben, in der Regel viel Geduld und Beharrlichkeit aufbringen, wenn sie ihr Geld oder einen Teil davon zurückhaben möchten. Zwar hat sich die lange auf endlose Verzögerung ausgerichtete Taktik einiger Fluggesellschaften nicht durchhalten lassen. In der Praxis funktioniert das Verfahren heute besser als noch vor wenigen Jahren. Aber es könnte noch viel einfacher sein, wenn die Unternehmen zur automatischen Entschädigung der Passagiere bei Verspätungen oder Flugausfällen verpflichtet wären.
Große Probleme dürfte dies für die Airlines nicht schaffen. Sie verfügen über alle relevanten Kundendaten, über die auch eine Rückzahlung abgewickelt werden kann. Die Fluggesellschaften könnten sich die Bahn zum Vorbild nehmen und ein solches Verfahren freiwillig einführen. Darauf sollte sich der Bund aber nicht verlassen. Es ist zweifelhaft, ob ohne eine gesetzliche Regelung auch wirklich alle mitmachen.