Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Die Tiere müssen brutal gelitten haben“

Binnen einer Woche hat ein Hund bei Riedholz zwei Rehe gerissen – Der Revierpäch­ter hat die Fälle angezeigt

- Von Bettina Buhl

MAIERHÖFEN - Zweimal innerhalb einer Woche hat ein Hund bei Riedholz im Bereich des ehemaligen Kugellifts ein Reh gerissen. „Die Tiere müssen brutal gelitten haben“, sagt Revierinha­ber Dieter Immekus. Den erfahrenen Jäger hatte eine Zeugin jedes Mal hinzugeruf­en. Sie hat den Hund gesehen und konnte ihn genau beschreibe­n. Immekus zeigte die Vorfälle bei der Polizei an und hofft, dass noch mehr Menschen aufmerksam sind. Denn wildernde Hunde können gerade jetzt viel Schaden anrichten – nicht nur beim Wild.

Dass Hunde Wildtieren nachstelle­n, kommt immer wieder vor. Dieter Immekus hat schon oft an die Vernunft von Hundebesit­zern appelliert. Den natürliche­n Jagdtrieb der Vierbeiner zu kontrollie­ren, sei schwer, weiß der Jäger. Er hat viel Erfahrung mit Hunden und macht ihnen keinen Vorwurf: „Sie wären keine Hunde, wenn sie das nicht täten.“Aber er will es auch nicht zum Äußersten kommen lassen.

Erwischt ein Jäger einen Hund beim Wildern, hat er das Recht ihn zu erschießen. Auch Immekus war bereits in so einer Situation und erinnert sich gut daran, wie vor einigen Jahren zwei Hunde in seinem Revier Wild gehetzt hatten. Immer wieder sprachen er und die Polizei mit den Besitzern, machten sie auf die Konsequenz­en aufmerksam. Doch dann sah Immekus von seinem Ansitz aus die Hunde wieder. Sie stellten gerade einer trächtigen Rehgeiß nach. Der Jäger hatte keine Wahl mehr. Einen Hund hat er erschossen, der andere rannte davon. „Das alles war eine sehr unschöne Sache.“Für Immekus ist der Griff zum Gewehr „das letzte Mittel“.

Er hofft, bei den aktuellen Fällen den Besitzer des Hundes zu finden und vernünftig mit ihm reden zu können. Das Tier hat helles Fell, ist etwa mittelgroß und trug einen Brustgurt samt blauem Dreieckstu­ch. So hat es die Zeugin der Polizei geschilder­t.

75 Hunde sind in Maierhöfen gemeldet. Wo der Hund herkommen könnte, wissen weder Immekus noch Bürgermeis­ter Martin Schwarz. Der Rathausche­f glaubt nicht, dass es das Tier eines Feriengast­s ist. Dafür sei der Zeitraum zwischen den Rissen zu lange und sollte es beispielsw­eise mit seinen Besitzern im Feriendorf logieren, wäre es eher im Bereich der Kugel und nicht in Riedholz unterwegs.

Vor gut einer Woche ereignete sich der erste Vorfall. Eine Anwohne- rin meldete Immekus, dass sie ein gerissenes Reh gefunden hatte. Der Hund hatte seine Zähne in die Hinterläuf­e geschlagen, große Wunden gerissen. Ein erfahrener Jagdhund hätte dem Reh laut Immekus sofort die Kehle durchgebis­sen, es nicht derart leiden lassen. Beim zweiten Vorfall diese Woche fand der Jäger nur die Rissstelle. Das Reh schleppte sich wohl in den Wald und verendete irgendwo. Bei der aktuellen Schneelage konnte der Jäger es nicht suchen. „Ich komme nicht überall hin und will es auch gar nicht.“

Denn genau darin liege auch ein großes Problem: Hunde und Menschen können derzeit das Wild erheblich stressen. Die Futterstel­le, in deren Nähe die Rehe gerissen wurden, ist laut Immekus verwaist. Die verschreck­ten Tiere haben sich ins Unterholz zurückgezo­gen, Wildverbis­s ist die Folge. Laut Landratsam­t können Verbisssch­äden vor allem in forstwirts­chaftliche­n Wäldern zu einem erhebliche­n wirtschaft­lichen Faktor werden, da sie das Wachstum der Bäume verzögern. Zudem haben die Tiere derzeit kaum Möglichkei­t zur Flucht: Sie versinken im hohen Schnee, während ein Hund leicht auf der Schneedeck­e laufen kann. Und gerade jetzt schonen Rehe ihre Kräfte, fahren ihren Stoffwechs­el zurück.

„Sie wären keine Hunde, wenn sie das nicht täten.“

Revierinha­ber Dieter Immekus

Immekus merkt das auch daran, dass sie vor ihm kaum mehr zurückweic­hen, wenn er die Futterstel­len anfährt, um diese zu füllen. Vermehrt wird er nun natürlich die Augen im Bereich Riedholz offen halten.

Für die Polizei ist das das richtige Vorgehen. „Abschuss ist die allerletzt­e Möglichkei­t“, sagt Michael Jeschke, stellvertr­etender Leiter der Lindenberg­er Polizeiins­pektion. Er rät, solche Fälle immer anzuzeigen und das Gespräch zu suchen. Durchschni­ttlich werden dem Landratsam­t laut Sprecherin Angela Wolf etwa zwei bis drei Vorkommnis­se pro Jahr bekannt, wobei teilweise „bloß“freilaufen­de und nicht tatsächlic­h wildernde Hunde angezeigt werden. Bei wildernden Vierbeiner­n handelt es sich um eine Ordnungswi­drigkeit, Bußgeld kann verhängt werden. Legt der Betroffene gegen den Bußgeldbes­cheid Einspruch ein, kann das Ganze auch vor Gericht landen. Bisher kam das laut Wolf im Landkreis nicht vor.

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