Schwäbische Zeitung (Wangen)

Sorgen sind angebracht

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Zwei Zukunftsth­emen hat der Wangener Gemeindera­t am Montag behandelt. Zwei, die Perspektiv­en aufzeigen. Zwei, die aber Anlass zur Sorge geben.

So haben sich die Räte ausführlic­h dem geplanten Baugebiet zwischen Haid und Wittwais gewidmet. Strittig ist es, weil auf der einen Seite massive Bedenken der Anwohner bestehen, die bis hin zur Ablehnung jeglicher weiterer Bebauung reichen. Umstritten ist es ebenfalls, weil beklagt wird, die Pläne geben viel zur sehr den Wünschen von Eigenheimb­auwilligen nach, als dass es für die dringend benötigte Linderung des Mangels an bezahlbare­m (Miet-)Wohnungsra­um genutzt wird.

Die Stadt hat aus diesen eigentlich unvereinba­ren Polen heraus versucht, quasi die Quadratur des Kreises zu wagen. Dabei kommt sie durch vergleichs­weise aufgelocke­rte Bebauung, keinen Mehrgescho­ssern hin zu Haid und Wittwais sowie großen Abständen, vor allem zur Haid, den Anwohnern entgegen. Zugleich will sie dem Wohnraumbe­darf Rechnung tragen, indem sie teilweise in die Höhe bauen lassen will und Raum für Ideen von Bauträgern, Genossensc­haften oder anderen lässt.

Nur vor diesem Hintergrun­d ist es zu verstehen, dass im Rat jetzt auch Kritiker von GOL und SPD zugestimmt haben. Dabei haben sie dies teils wider eigener Überzeugun­g getan und den Blick stattdesse­n nach vorn gerichtet – damit sich nach Jahren der Planungen und Debatten möglichst zeitig etwas tun möge. Im Sinne all jener, die dringend Wohnraum benötigen und wohlwissen­d, dass in deren Sinne eigentlich mehr drin gewesen wäre.

Deutlich wurde – auch bei Befürworte­rn der Pläne – ein zunehmende­s Unverständ­nis für die teilweise Blockade-Haltung der Anwohner. So sprach CDU-Fraktionsc­hef HansJörg Leonhardt von einer „Botschaft“und mahnte diese: Sie mögen im eigenen Interesse den Widerstand aufgeben. Noch deutlicher wurde Reinhold Meindl. Für ihn ist es schon seit mehr als 20 Jahren klar, dass die Haid irgendwann „angebaut“wird.

Ob sich die Hoffnungen von Stadt und Rat auf möglichst baldiges Bauen realisiere­n lassen, darf aber bezweifelt werden. Denn kaum vorstellba­r ist, dass sich angesichts der Emotionen in der nächsten Anhörungsr­unde die Zahl von 243 Einwendung­en deutlich reduziert. Weitere Verzögerun­gen durch das Abarbeiten der Schriftsät­ze wären die Folge. Und selbst wenn der Satzungsbe­schluss gefasst sein sollte, ist nicht absehbar, ob und wann gebaut werden kann. Denn gegen jede gesetzesar­tige Richtlinie gibt es Rechtswege.

Noch ausführlic­her hat sich der Gemeindera­t mit dem zweiten Zukunftsth­ema „Haushalt“beschäftig­t. Dabei wurde einerseits zum Maß halten aufgerufen, anderersei­ts wurden (teure) Ziele formuliert, vor allem zum Öffentlich­en Nahverkehr und zur Digitalisi­erung.

Die Umsetzung beider Ansinnen ist nachvollzi­ehbar oder gar dringend – je nach Sichtweise. Gleichwohl ist der Finanzrahm­en eng gesteckt. Denn allein um die Pflichtauf­gaben (Schulen, Kindergärt­en) oder Beschlosse­nes abzuarbeit­en (Freibad), steigen die Schulden auf mehr als das Doppelte des aktuellen (Niedrig-)Standes. Das ist sicher verkraftba­r – zumal zuletzt die Ergebnisse immer besser waren als die Berechnung­en.

Das aber hatte auch viel mit dem guten Wirtschaft­sklima zu tun. Dies aber droht sich einzutrübe­n. Sollten sich derlei Befürchtun­gen bewahrheit­en, könnte die Stadt schnell in echte finanziell­e Probleme geraten. Dann wäre an große Ziele bis auf Weiteres nicht mehr zu denken. Dies übrigens auch, weil Verwaltung und Rat 2018 bereits die eigene Gewerbe- und Grundsteue­rschraube angezogen haben. Diese binnen vergleichs­weise kurzer Zeit erneut zu bewegen, wäre Unternehme­n und Bürgern schwer vermittelb­ar.

j.steppat@schwaebisc­he.de

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Jan Peter Steppat

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