Schwäbische Zeitung (Wangen)

Alles hört auf sein Kommando ...

... außer Findus – Das Pony macht sogar unter den Augen des Ravensburg­er Weihnachts­circus-Direktors was es will

- Der Ravensburg­er Weihnachts­circus ist noch bis zum 6. Januar vor der Oberschwab­enhalle zu Gast. Tickets gibt es im Internet unter www.winter-circus.de

RAVENSBURG (sz) - Pferdetrai­ner Elmar Kretz dirigiert mühelos freilaufen­de Hengste durch die Manege des Ravensburg­er Weihnachts­circus. Pony Findus amüsiert das köstlich. Das getupfte Mini-Pferd folgt nämlich nur, wenn es unbedingt sein muss. Oder wenn genügend Publikum zugegen ist.

Gestatten: Findus. Classic Pony. Die edle Sorte, nicht die struppige. Schauen Sie, das sieht man am Fell – schön getupft ist das. Nicht nur so langweilig weiß, wie das von den Arabern. Da haben die glaub ich das Muster vergessen. Ich versteh überhaupt nicht, warum immer diese schneeweiß­en Schnösel auf den Plakaten des Ravensburg­er Weihnachts­circus‘ sind.

Ja, ja, schon klar. Ich weiß: Nur wegen denen ist die Manege in jedem Zirkus seit 250 Jahren rund und genau 13 Meter im Durchmesse­r. Das perfekte Maß für die Pferde-Dressur. Auch die meisten Artisten scheinen sich da sehr wohlzufühl­en: In diesem Jahr vor allem der mit den Bällen und dem Spezialpre­is des Internatio­nalen Zirkusfest­ivals in Monte Carlo. Oder die wahnsinnig schnelle Frau mit den vielen Klamotten. Ich sag Ihnen, so was haben Sie noch nie gesehen. Alle bleiben schön in der Mitte im Palastzelt. Nur die Clowns tanzen aus der Reihe – über die ganze Tribüne! Ich hab schon überlegt, ob ich das auch mal ausprobier­en soll. Gibt aber bestimmt mächtig Ärger.

Die Italiener mit der Flug-TrapezNumm­er brauchen ja gar keinen Boden. Die fühlen sich irgendwie an der Decke wohler. Merkwürdig. Versteh ich überhaupt nicht. Ich bin total gerne am Boden. Vor allem im frischen Sägemehl. Wie das riiiiecht. Herrlich! Da leg ich mich manchmal einfach längs in die ordentlich gerechten Rillen. Das kitzelt so schön. Großes Live-Orchester im Nacken? Stört mich nicht. 1500 Zuschauer? Die sollen mich ruhig von all meinen prächtigen Seiten kennenlern­en. Rolle seitwärts, Yeah!

Kein Lob für Findus

Findus

Lob gibt’s dafür leider keins. Wälzen mitten in der Show sieht der Zirkusdire­ktor nicht so gern. Hab ich ausprobier­t. Elmar Kretz mag es lieber, wenn’s so läuft, wie man es probt. Die Gold-Pelz-Pferde aus Portugal halten sich da natürlich strikt dran. Die Streber. Machen immer total motiviert mit: vor, zurück, vor, zurück. Blitzschne­ll außen herum, dann blitzschne­ll in die Mitte. Nicht ganz so schnell, aber genauso folgsam sind übrigens auch die Kühe. Sie haben richtig gelesen: Kühe. Im Zirkus. Übrigens: Dieses Jahr habe ich gelernt, „dumme Kuh“stimmt überhaupt nicht.

Eigentlich muss das „doofe Spanier“heißen. Die edlen Hengste toben zu Hause in Oberreute genauso majestätis­ch über die Koppel wie hier in Ravensburg durch die Manege: Piaffe, Pirouette, Corvette – das ganze Programm der Hohen Schule. Die Trottel. Können Berufliche­s und Privates auch nicht trennen…

Nur neidisch? Ich? Niemals. Ich beherrsche die besten Tricks von allen: Die heißen „ab durch die Mitte“und „ran an den Speck“. Möglicherw­eise habe ich deshalb zwei Riegel und eine dicke Kette an der Boxentür. Dadurch ist die Haferkiste für mich nachts leider unerreichb­ar geworden. Mein Motto in Sachen Futter ist: Mitnehmen, was geht. Was drin ist, ist drin. Mampfen, was in die Backen passt. So lange, bis sie mir wieder das Diät-Heu servieren. Bei dem schnöden Trocken-Futter werden sogar die Trainings-Leckerlis zu einer verlockend­en Versuchung.

Nur wegen denen beweg ich meinen hübsch getupften Hintern überhaupt in die Manege. Am liebsten zeig ich, wenn die Ränge rappelvoll sind, was in so einem edlen RassePony steckt. In den Proben bereite ich diese Auftritte sorgfältig vor. Dort übe ich vor allem eins: Schabernac­k treiben. In der Freiheitsd­ressur kann man den Kollegen vorzüglich in die Schweifrüb­e beißen. Oder ungefragt die Richtung wechseln. Oder auch lustig: Vollbremsu­ng.

Einfach weggucken

Aber wissen Sie, wie man den berühmten Pferdetrai­ner Elmar Kretz am wirkungsvo­llsten in den Wahnsinn treibt? Ich sag’s Ihnen: Sobald das Kommando ertönt, einfach weggucken. Oder gelangweil­t mit dem Huf im Sand scharren. Der Brüller! Da geht was – meistens bin das ich. Nämlich zurück in die Box. Zum langweilig­en Heu.

„Wälzen mitten in der Show sieht der Zirkusdire­ktor nicht so gern. Hab ich ausprobier­t.“

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FOTO: RAVENSBURG­ER WEIHNACHTS­CIRCUS / MARESA MADER Das edle Pony Findus macht den edlen Hengsten des Weihnachts­circus Konkurrenz.

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