Alles hört auf sein Kommando ...
... außer Findus – Das Pony macht sogar unter den Augen des Ravensburger Weihnachtscircus-Direktors was es will
RAVENSBURG (sz) - Pferdetrainer Elmar Kretz dirigiert mühelos freilaufende Hengste durch die Manege des Ravensburger Weihnachtscircus. Pony Findus amüsiert das köstlich. Das getupfte Mini-Pferd folgt nämlich nur, wenn es unbedingt sein muss. Oder wenn genügend Publikum zugegen ist.
Gestatten: Findus. Classic Pony. Die edle Sorte, nicht die struppige. Schauen Sie, das sieht man am Fell – schön getupft ist das. Nicht nur so langweilig weiß, wie das von den Arabern. Da haben die glaub ich das Muster vergessen. Ich versteh überhaupt nicht, warum immer diese schneeweißen Schnösel auf den Plakaten des Ravensburger Weihnachtscircus‘ sind.
Ja, ja, schon klar. Ich weiß: Nur wegen denen ist die Manege in jedem Zirkus seit 250 Jahren rund und genau 13 Meter im Durchmesser. Das perfekte Maß für die Pferde-Dressur. Auch die meisten Artisten scheinen sich da sehr wohlzufühlen: In diesem Jahr vor allem der mit den Bällen und dem Spezialpreis des Internationalen Zirkusfestivals in Monte Carlo. Oder die wahnsinnig schnelle Frau mit den vielen Klamotten. Ich sag Ihnen, so was haben Sie noch nie gesehen. Alle bleiben schön in der Mitte im Palastzelt. Nur die Clowns tanzen aus der Reihe – über die ganze Tribüne! Ich hab schon überlegt, ob ich das auch mal ausprobieren soll. Gibt aber bestimmt mächtig Ärger.
Die Italiener mit der Flug-TrapezNummer brauchen ja gar keinen Boden. Die fühlen sich irgendwie an der Decke wohler. Merkwürdig. Versteh ich überhaupt nicht. Ich bin total gerne am Boden. Vor allem im frischen Sägemehl. Wie das riiiiecht. Herrlich! Da leg ich mich manchmal einfach längs in die ordentlich gerechten Rillen. Das kitzelt so schön. Großes Live-Orchester im Nacken? Stört mich nicht. 1500 Zuschauer? Die sollen mich ruhig von all meinen prächtigen Seiten kennenlernen. Rolle seitwärts, Yeah!
Kein Lob für Findus
Findus
Lob gibt’s dafür leider keins. Wälzen mitten in der Show sieht der Zirkusdirektor nicht so gern. Hab ich ausprobiert. Elmar Kretz mag es lieber, wenn’s so läuft, wie man es probt. Die Gold-Pelz-Pferde aus Portugal halten sich da natürlich strikt dran. Die Streber. Machen immer total motiviert mit: vor, zurück, vor, zurück. Blitzschnell außen herum, dann blitzschnell in die Mitte. Nicht ganz so schnell, aber genauso folgsam sind übrigens auch die Kühe. Sie haben richtig gelesen: Kühe. Im Zirkus. Übrigens: Dieses Jahr habe ich gelernt, „dumme Kuh“stimmt überhaupt nicht.
Eigentlich muss das „doofe Spanier“heißen. Die edlen Hengste toben zu Hause in Oberreute genauso majestätisch über die Koppel wie hier in Ravensburg durch die Manege: Piaffe, Pirouette, Corvette – das ganze Programm der Hohen Schule. Die Trottel. Können Berufliches und Privates auch nicht trennen…
Nur neidisch? Ich? Niemals. Ich beherrsche die besten Tricks von allen: Die heißen „ab durch die Mitte“und „ran an den Speck“. Möglicherweise habe ich deshalb zwei Riegel und eine dicke Kette an der Boxentür. Dadurch ist die Haferkiste für mich nachts leider unerreichbar geworden. Mein Motto in Sachen Futter ist: Mitnehmen, was geht. Was drin ist, ist drin. Mampfen, was in die Backen passt. So lange, bis sie mir wieder das Diät-Heu servieren. Bei dem schnöden Trocken-Futter werden sogar die Trainings-Leckerlis zu einer verlockenden Versuchung.
Nur wegen denen beweg ich meinen hübsch getupften Hintern überhaupt in die Manege. Am liebsten zeig ich, wenn die Ränge rappelvoll sind, was in so einem edlen RassePony steckt. In den Proben bereite ich diese Auftritte sorgfältig vor. Dort übe ich vor allem eins: Schabernack treiben. In der Freiheitsdressur kann man den Kollegen vorzüglich in die Schweifrübe beißen. Oder ungefragt die Richtung wechseln. Oder auch lustig: Vollbremsung.
Einfach weggucken
Aber wissen Sie, wie man den berühmten Pferdetrainer Elmar Kretz am wirkungsvollsten in den Wahnsinn treibt? Ich sag’s Ihnen: Sobald das Kommando ertönt, einfach weggucken. Oder gelangweilt mit dem Huf im Sand scharren. Der Brüller! Da geht was – meistens bin das ich. Nämlich zurück in die Box. Zum langweiligen Heu.
„Wälzen mitten in der Show sieht der Zirkusdirektor nicht so gern. Hab ich ausprobiert.“