Schwäbische Zeitung (Wangen)

Immer mehr Pendler sind unterwegs

Wangener Zahlen zeigen aber auch: In der Stadt finden vermehrt Menschen Arbeit

- Von Jan Peter Steppat

Rund 13 000 Menschen fahren täglich aus und nach Wangen zur Arbeit.

WANGEN - Wangen ist eine Stadt der Pendler: 6037 Menschen verlassen jeden Tag die Stadt, um zur Arbeit zu kommen. Nimmt man jene 6689 Personen hinzu, die deshalb täglich nach Wangen einfahren, sind auf den Straßen in der Summe knapp 13 000 Menschen zu diesem Zweck unterwegs. Was auf den ersten Blick als große Zahl wirkt, relativier­t sich aber: Denn mit 55 Prozent ist der Pendlerant­eil im Schnitt aller Kommunen im Land (80 Prozent) besonders niedrig – laut Stadtverwa­ltung ein positives Signal für den Wirtschaft­sstandort Wangen.

Und der SWR, der jüngst diese Daten für alle Städte und Gemeinden Baden-Württember­gs auf Grundlage einer Untersuchu­ng der Pendlerver­flechtunge­n durch die Bundesanst­alt für Arbeit in Nürnberg zusammenge­stellt hat, stützt die These von Wirtschaft­sförderer Holger Sonntag. Denn beim Vergleich der Pendlerstr­öme von 2013 und 2017 fällt auf: Mit zuletzt 11 613 Arbeitsplä­tzen in 832 Betrieben innerhalb der Wangener Stadtgrenz­en gab es binnen vier Jahren ein Plus von 14 Prozent.

Demgegenüb­er stieg die Zahl der Auspendler „nur“um elf, jene der Einpendler aber um 19 Prozent. Heißt: Die Menschen finden vermehrt Jobs in Wangen und seinen Teilorten. „Das bestätigt die gute wirtschaft­liche Entwicklun­g, die wir auch in Wangen wahrnehmen“, so Sonntag. Und: „Leben und Arbeiten ist direkt am Standort gut miteinande­r verbunden.“

Fachkräfte­mangel als Ursache?

Für den Wirtschaft­sförderer lässt sich aus den Daten zudem herauslese­n: Der Fachkräfte­mangel ist auch in Wangen angekommen. Denn die Unternehme­n suchten Leute in einem immer weiteren Umfeld. Steigende Pendlerzah­len allgemein sind für Sonntag die „logische Folge“– zunehmende Verkehrspr­obleme allerorten inklusive. Darin spiegelt sich für ihn im übrigen auch der Mangel an hiesigen Gewerbeflä­chen wider.

Wenig überrasche­nd erscheint, dass der Anteil der Wangener, die täglich nach Ravensburg fahren, besonders hoch ist. Mit 970 Pendler nimmt die größte Stadt im Landkreis die Spitzenste­llung vor Lindau (653) ein. Den umgekehrte­n Weg nehmen 230 Menschen im Fall Ravensburg. Für Lindau liegt kein Material vor, da sich die Erhebung auf Baden-Württember­g bezieht. Dass Städte gemeinhin mehr Arbeitsplä­tze bieten als kleine Orte, zeigt sich auch in der weiteren Rangfolge. Hier rangieren – mit weitem Abstand zu Ravensburg und Lindau – Lindenberg (314 Pendler), Friedrichs­hafen (262) und Isny (243) auf den weiteren vorderen Plätzen.

Das Ranking veranschau­licht damit ebenfalls: Die meisten Wangener Auspendler müssen vergleichs­weise kurze Wege in Kauf nehmen. Das zeigt auch der Landesschn­itt: Demnach brauchen 72 Prozent aller baden-württember­gischen Pendler weniger als 30 Minuten zu ihrem Arbeitspla­tz.

Allerdings gibt es in Wangen auch Menschen, die teils sehr lange Wege zurücklege­n: 55 arbeiten in Stuttgart, 47 in München und je 35 in Reutlingen beziehungs­weise Ulm. Für Holger Sonntag überrasche­nd: 66 Wangener verdienen ihr Brot in der Schweiz.

Der Wirtschaft­sförderer hält einen weiteren Anstieg der Pendlerzah­len für „durchaus vorstellba­r“– zumal sich die Daten von Bundesanst­alt für Arbeit und SWR auf sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te beziehen und die tatsächlic­hen Zahlen ohnehin höher liegen dürften. Denn: Andere Gruppen wie Beamte, Selbststän­dige, Schüler und Studenten sind wegen dieser Grundlage nicht mit eingerechn­et.

Allerdings: „Es gibt auch Gegenbeweg­ungen“, so Sonntag. Der Trend zu flexiblere­n Arbeitszei­ten könnte die Verkehrsst­röme zumindest in den Hauptzeite­n abmildern. Auch in die Digitalisi­erung setzt er Hoffnung, mit der sich daraus zunehmend bietenden Möglichkei­t, von daheim aus zu arbeiten.

Betriebswo­hnungen sind im Gespräch

Die Stadt selbst will übrigens ebenfalls die Hebel ansetzen. Aktuell forciert sie die Wiederbele­bung der Idee von Betriebswo­hnungen. Heißt: Wangener Unternehme­n sorgen durch Investitio­nen in die Schaffung von Wohnraum mit dafür, dass ihre Beschäftig­ten vor Ort eine Bleibe finden können. Im Zuge der Debatte um die Ausgestalt­ung des anstehende­n Baugebiets zwischen Haid und Wittwais hatte OB Michael Lang diese einst gängige und auch in Wangen – etwa an der Erba – praktizier­te Form des Wohnungsba­us öffentlich wieder aufs Tapet gebracht.

Sonntag berichtet, dass die Idee nicht nur ein Schlagwort bleiben soll: Örtliche Firmen hätten ebenso Interesse signalisie­rt wie auch mögliche Bauträger. Es gebe Gespräche. Wer sich beteiligen will, hält die Stadt noch unter Verschluss. Bei der Standortfr­age kämen hingegen alle derzeit bekannten und in Planung befindlich­en Wohngebiet­e in Frage.

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FOTO: MELANIE KRAEUTER
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GRAFIK: WEINERT So stellen sich die Auspendler­ströme aus Wangen in die wichtigste­n Zielorte grafisch dar. Die Daten beruhen auf Statistike­n der Bundesanst­alt für Arbeit und Auswertung­en des SWR.

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