Hochkonjunktur auf dem Trainermarkt
Favre soll zum BVB – Rangnick in der Klemme – Spalier für Heynckes
RAVENSBURG (SID/dpa) - Die Jobcenter hätten ihre helle Freude an der brummenden Konjunktur auf dem Trainermarkt. Kein Fachkräftemangel, gestiegene Nachfrage, Bewerbungsschreiben, Vorstellungsgespräche, Absagen, Zusagen – bei den Fußball-Bundesligisten ist wenige Tage nach dem Ende der Spielzeit mehr los als in manch anderer Branche während der Hochsaison. Dennoch ist die Vollbeschäftigung in der Eliteklasse noch nicht erreicht: Hochdotierte Arbeitsplätze sind nach wie vor unbesetzt.
Zwar hat Adi Hütter den vakanten Posten beim Pokalfinalisten Eintracht Frankfurt eingenommen, doch fast gleichzeitig hat sein österreichischer Landsmann Ralph Hasenhüttl die Stelle bei RB Leipzig freigemacht. Bewerbungen an die Adresse von Borussia Dortmund erscheinen mittlerweile aussichtslos, doch Topfavorit Lucien Favre gilt bekanntlich als wankelmütig.
Auch Jobs, die derzeit nicht frei sind, könnten es schon bald werden. So erscheint der Arbeitsplatz von Bruno Labbadia beim VfL Wolfsburg nicht gerade sicher. Dazu brauchen die Störche von Holstein Kiel, die ihren Erfolgstrainer Markus Anfang an den Absteiger 1. FC Köln verlieren, unabhängig vom Ausgang der Relegationsspiele gegen Wolfsburg in jedem Fall einen neuen Coach. Das gilt nicht für den Hamburger SV. Die Hanseaten bauen auf Christian Titz, der nun wirklich am wenigsten für den Abstieg kann.
Besonders spannend ist die Lage in Leipzig. Sollte Sportchef Ralf Rangnick keinen adäquaten Nachfolger für Hasenhüttl finden oder noch ein Jahr auf seinen angeblichen Wunschtrainer Julian Nagelsmann warten, könnte sich der gebürtige Backnanger selbst auf die Bank setzen. „Ich habe immer wieder betont, dass ich mich hier als Sportdirektor sehr wohlfühle. Ich möchte aber nicht komplett ausschließen, irgendwann noch einmal auf die Trainerbank zurückzukehren“, hatte der 59Jährige vor einiger Zeit der „Bild“gesagt, „dafür bin ich einfach noch zu jung.“
Für seinen Ehrgeiz spricht auch, dass er sich vor noch wenigen Wochen dem Vernehmen nach zumindest mit dem Gedanken beschäftigte, wie er mit einer Anfrage des FC Arsenal umgehen sollte. Zu einem Zeitpunkt übrigens, als Hasenhüttl – auch auf Drängen Rangnicks – dem FC Bayern abgesagt hatte.
Auch Wolf bei Leipzig ein Thema
Marco Rose von Leipzigs Schwesternverein RB Salzburg und der beim VfB Stuttgart Ende Januar freigestellte arbeitslose Hannes Wolf – immerhin Trainer des Jahres – sind in Leipzig aber auch im Gespräch.
Mehr als nur im Gespräch ist Favre in Dortmund. Die Ernennung des Schweizers ist offensichtlich nur noch eine Frage der Zeit. Wie der „kicker“berichtet, haben sich die BVBVerantwortlichen mit dem 60-jährigen früheren Trainer von Hertha BSC und Borussia Mönchengladbach bereits auf einen Vertrag bis 2020 geeignet. Die Borussia bestätigte dies noch nicht: „Es gibt nichts zu verkünden“, sagte Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Als Ablösesumme für Favre, der eigentlich noch bis 2019 an den französischen Erstligisten OGC Nizza gebunden ist, sollen die Dortmunder drei Millionen Euro zahlen.
Ganz so viel hat Hütter die Eintracht nicht gekostet. Die Hessen müssen 800 000 Euro an den Schweizer Meister Young Boys Bern überweisen, damit der Traum des 48Jährigen wahr wird: „Ich habe mir geschworen, nie mehr ein passendes Angebot aus der Bundesliga abzulehnen.“Deshalb unterzeichnete Hütter, der als Spieler einst eine Offerte von 1860 München ausschlug, einen Vertrag bis 2021 am Main.
Entscheidungen wird es über kurz oder lang auch bei anderen Clubs geben: Beim Angebot eines Topclubs für Nagelsmann braucht Hoffenheim in einem Jahr einen neuen Trainer. Der könnte dann für fünf Millionen Euro Ablöse gehen. Christian Streich gilt nach kräftezehrenden Jahren des Abstiegskampfs beim SC Freiburg als Kandidat für eine Auszeit. Die Kritik an Dieter Hecking ist rund um Borussia Mönchengladbach nicht verstummt. Und André Breitenreiter hat auf das ständige Theater bei Hannover 96 auch nicht endlos lange Lust.
Gewiss ist, dass Jupp Heynckes am Samstag beim DFB-Pokalfinale in Berlin gegen Frankfurt nicht nur für für den FC Bayern München zum letzten Mal an der Seitenlinie stehen wird. Bereits gestern wurde Heynckes von den Mitarbeitern des FC Bayern verabschiedet: Nach seiner letzten Trainingseinheit in München standen die Mitarbeiter für den 73Jährigen Spalier und spendeten dem scheidenden Erfolgscoach Beifall.