Neue Verordnung wirft bei Bauern Fragen auf
Jauche, Gülle und Sickersäfte werden nun als „allgemein wassergefährdend“definiert
KISSLEGG/REGION - Als „die große Unbekannte“wird sie bezeichnet: die neue Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV). Am Donnerstagabend haben Vertreter des Landwirtschaftsamts sowie des Bau- und Umweltamts Ravensburg vor rund 30 Landwirten aus dem östlichen Teil des Landkreises die neue Verordnung erläutert. Im Mittelpunkt standen die Konsequenzen, die sie für die landwirtschaftliche Praxis hat.
In Öffentlichkeit und Presse sei die AwSV bislang im Schatten der neuen Düngeverordnung gestanden, stellte Ulrich Zinser vom Landwirtschaftsamt eingangs fest. Bei der AwSV sieht er den Knackpunkt darin, dass „noch nicht ganz alles geklärt ist“. Sie sei aber „in einem langen Abwägungsprozess entstanden“, befand Michael Brandt vom Bau- und Umweltamt. Systematisieren, Vereinheitlichen und das
Umsetzen von EU-Richtlinien seien die Motivation des Bundes zum Aufstellen der neuen AwSV gewesen. Bislang hatte jedes Bundesland seine eigene Verordnung. „Den Ländern bleiben aber auch weiterhin Spielräume.“, so Brandt.
Wie die bisherige Landesverordnung (VAwS) gilt auch die neue Bundesverordnung für alle Anlagen, die mit wassergefährdenden Stoffen umgehen. Neu ist, dass auch Jauche, Gülle und Sickersäfte (JGS) als „allgemein wassergefährdend“definiert sind. Alle bestehenden JGS-Anlagen – damit sind jene gemeint, die vor dem 1. August 2017 gebaut wurden – genießen bis auf weiteres Bestandsschutz. Dies jedoch nur solange, bis eine „wesentliche Änderung“vorgenommen wird.
Michael Brandt führte ein Beispiel an: „Wenn Sie zwei Fahrsilos haben und ein drittes dazu bauen wollen, koppeln Sie es lieber nicht mit den bestehenden. Sonst geht der Bestandsschutz für die alten Silos verloren, und alles fällt unter die neue AwSV.“Die anwesenden Landwirten diskutierten die Frage, was denn eine wesentliche Änderung sei, heftig. Eine eindeutige Klärung gab es nicht. „Ich sag mal, prinzipiell gilt neues Recht für neue Anlagen“, so Ulrich Zinser.
Einer der Anwesenden fragte, ob man denn beim Aufstellen der Verordnung auch an die Umwelt gedacht habe: „Wo ist denn da die Vermeidung von Flächenverbrauch, wenn neu Bauen attraktiver gemacht wird als Erweitern?“Es sei eben fast immer so, dass neue Gesetze auch Mehrkosten mit sich bringen, entgegnete Brandt.
„Ich will in vier Wochen ein Fahrsilo bauen und in einer Woche wissen, wie ich bauen soll. Das kann mir auf Ihrer Behörde niemand sagen“, kritisierte ein Teilnehmer. Brandt versicherte: „Wir wollen das Bauen nicht verhindern.“Vor allen baulichen Maßnahmen sei jedoch Kontakt mit der Wasserbehörde und dem Landwirtschaftsamt ratsam.
Das Referat von Ulrich Zinser drehte sich hauptsächlich um das „technische Regelwerk“, das Mitte des Jahres veröffentlicht wird. Bis dahin könne es jedoch noch zu Änderungen an den Formulierungen kommen. Als Knackpunkt bezeichnete Zinser, dass Niederschlagswasser als verunreinigt gelte, sobald es mit Jauche, Gülle, Sickersäften oder Silage in Berührung kommt. Jenes Wasser darf nicht versickern, sondern muss gesammelt, gelagert und ausgebracht werden. Hier gilt auch für bestehende Analgen, dass beispielsweise Abfüllplätze vor Fahrsilos befestigt sein müssen. Pflaster- oder Rasengittersteine seien nicht mehr zulässig.
Für das Sammeln des verunreinigten Regenwassers stellte Zinser mehrere Varianten vor. „Wir sind dafür da, zusammen mit Ihnen eine Lösung zu finden, die praktikabel ist“, sicherte er den Bauern zu. Zur praktischen Umsetzung der behördlichen Vorgaben sprach im Anschluss Helmut Heydt von der gleichnamigen Baufirma aus Aulendorf.
„Wir sind dafür da, zusammen mit Ihnen eine Lösung zu finden, die praktikabel ist.“Ulrich Zinser, Landwirtschaftsamt