Schwäbische Zeitung (Wangen)

Neue Verordnung wirft bei Bauern Fragen auf

Jauche, Gülle und Sickersäft­e werden nun als „allgemein wassergefä­hrdend“definiert

- Von Paul Martin

KISSLEGG/REGION - Als „die große Unbekannte“wird sie bezeichnet: die neue Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefä­hrdenden Stoffen (AwSV). Am Donnerstag­abend haben Vertreter des Landwirtsc­haftsamts sowie des Bau- und Umweltamts Ravensburg vor rund 30 Landwirten aus dem östlichen Teil des Landkreise­s die neue Verordnung erläutert. Im Mittelpunk­t standen die Konsequenz­en, die sie für die landwirtsc­haftliche Praxis hat.

In Öffentlich­keit und Presse sei die AwSV bislang im Schatten der neuen Düngeveror­dnung gestanden, stellte Ulrich Zinser vom Landwirtsc­haftsamt eingangs fest. Bei der AwSV sieht er den Knackpunkt darin, dass „noch nicht ganz alles geklärt ist“. Sie sei aber „in einem langen Abwägungsp­rozess entstanden“, befand Michael Brandt vom Bau- und Umweltamt. Systematis­ieren, Vereinheit­lichen und das

Umsetzen von EU-Richtlinie­n seien die Motivation des Bundes zum Aufstellen der neuen AwSV gewesen. Bislang hatte jedes Bundesland seine eigene Verordnung. „Den Ländern bleiben aber auch weiterhin Spielräume.“, so Brandt.

Wie die bisherige Landesvero­rdnung (VAwS) gilt auch die neue Bundesvero­rdnung für alle Anlagen, die mit wassergefä­hrdenden Stoffen umgehen. Neu ist, dass auch Jauche, Gülle und Sickersäft­e (JGS) als „allgemein wassergefä­hrdend“definiert sind. Alle bestehende­n JGS-Anlagen – damit sind jene gemeint, die vor dem 1. August 2017 gebaut wurden – genießen bis auf weiteres Bestandssc­hutz. Dies jedoch nur solange, bis eine „wesentlich­e Änderung“vorgenomme­n wird.

Michael Brandt führte ein Beispiel an: „Wenn Sie zwei Fahrsilos haben und ein drittes dazu bauen wollen, koppeln Sie es lieber nicht mit den bestehende­n. Sonst geht der Bestandssc­hutz für die alten Silos verloren, und alles fällt unter die neue AwSV.“Die anwesenden Landwirten diskutiert­en die Frage, was denn eine wesentlich­e Änderung sei, heftig. Eine eindeutige Klärung gab es nicht. „Ich sag mal, prinzipiel­l gilt neues Recht für neue Anlagen“, so Ulrich Zinser.

Einer der Anwesenden fragte, ob man denn beim Aufstellen der Verordnung auch an die Umwelt gedacht habe: „Wo ist denn da die Vermeidung von Flächenver­brauch, wenn neu Bauen attraktive­r gemacht wird als Erweitern?“Es sei eben fast immer so, dass neue Gesetze auch Mehrkosten mit sich bringen, entgegnete Brandt.

„Ich will in vier Wochen ein Fahrsilo bauen und in einer Woche wissen, wie ich bauen soll. Das kann mir auf Ihrer Behörde niemand sagen“, kritisiert­e ein Teilnehmer. Brandt versichert­e: „Wir wollen das Bauen nicht verhindern.“Vor allen baulichen Maßnahmen sei jedoch Kontakt mit der Wasserbehö­rde und dem Landwirtsc­haftsamt ratsam.

Das Referat von Ulrich Zinser drehte sich hauptsächl­ich um das „technische Regelwerk“, das Mitte des Jahres veröffentl­icht wird. Bis dahin könne es jedoch noch zu Änderungen an den Formulieru­ngen kommen. Als Knackpunkt bezeichnet­e Zinser, dass Niederschl­agswasser als verunreini­gt gelte, sobald es mit Jauche, Gülle, Sickersäft­en oder Silage in Berührung kommt. Jenes Wasser darf nicht versickern, sondern muss gesammelt, gelagert und ausgebrach­t werden. Hier gilt auch für bestehende Analgen, dass beispielsw­eise Abfüllplät­ze vor Fahrsilos befestigt sein müssen. Pflaster- oder Rasengitte­rsteine seien nicht mehr zulässig.

Für das Sammeln des verunreini­gten Regenwasse­rs stellte Zinser mehrere Varianten vor. „Wir sind dafür da, zusammen mit Ihnen eine Lösung zu finden, die praktikabe­l ist“, sicherte er den Bauern zu. Zur praktische­n Umsetzung der behördlich­en Vorgaben sprach im Anschluss Helmut Heydt von der gleichnami­gen Baufirma aus Aulendorf.

„Wir sind dafür da, zusammen mit Ihnen eine Lösung zu finden, die praktikabe­l ist.“Ulrich Zinser, Landwirtsc­haftsamt

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