Absturz: Zweifel an vereister Klappe als Ursache
Zwischenbericht für das Flugzeugunglück im Dezember bei Waldburg liegt vor - Keine technischen Probleme
RAVENSBURG - Ursache für den Flugzeugabsturz bei Waldburg am 14. Dezember, bei dem alle drei Insassen ums Leben gekommen waren, ist laut Staatsanwaltschaft Ravensburg vermutlich eine vereiste Klappe gewesen (die „Schwäbische Zeitung“berichtete). Der SZ liegt jetzt der Zwischenbericht der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung in Braunschweig (BFU) vor, in dem sich allerdings diese Aussage so nicht findet. Auch ein ehemaliger Lufthansapilot aus Ravensburg hat starke Zweifel an dieser Lesart.
Eis könnte bei dem Unglück zwar eine Rolle gespielt haben: Zwei weitere Piloten, die an diesem kalten Donnerstagabend mit ihren Flugzeugen kurz vor oder nach dem Absturz auf der gleichen Strecke geflogen waren, hatten an ihren Maschinen massive Vereisungen festgestellt, heißt es in dem Zwischenbericht. Dass aber eine vereiste Landeklappe das Flugzeug zum Trudeln gebracht haben soll, hält ein Sprecher der BFU schlicht für eine falsche Darstellung: „Landeklappen können vereisen, Flugzeuge können aber auch mit vereisten Landeklappen landen.“
Das Flugzeug hatte am 14. Dezember beim Anflug auf Friedrichshafen ganz plötzlich an Höhe verloren und war abgestürzt. Die drei Männer in der Cessna Citation Mustang, der 45 Jahre alte Pilot, sein 49 Jahre alter Co-Pilot und der „Bäderkönig“Josef Wund (79), waren sofort tot. Die Maschine war im hessischen Egelsbach gestartet und um 18.14 Uhr im Wald bei Sieberatsreute zerschellt.
Keine Hinweise auf Defekt
Hinweise auf einen technischen Defekt oder eine Erkrankung der Besatzung gibt es nicht. Laut dem Zwischenbericht der Bundesstelle hat die Obduktion der Piloten auch keinerlei Hinweise auf Medikamente, Drogen oder Alkohol ergeben. Der Funkverkehr mit dem Flughafen Zürich war um 18:13,41 Uhr abgerissen. Der Radarlotse hatte einen starken Sinkflug der Cessna beobachtet und keine Antwort mehr aus dem Cockpit bekommen. Im gesamten Funkverkehr hatte es zuvor keine Meldungen der Besatzung über Probleme oder Einschränkungen gegeben.
Zum Zeitpunkt des Unfalls waren das Fahrwerk und die Landeklappen eingefahren. „Insgesamt ergaben sich bei der Untersuchung der Wrackteile keine Hinweise, die auf eine technische Beeinträchtigung vor dem Unfall hindeuten würden“, heißt es in dem Zwischenbericht.
Damit bleibt Eis eine mögliche Ursache für das Unglück. Der Kapitän eines Verkehrsflugzeuges hat den Experten berichtet, dass er um 18 Uhr im Anflug auf Stuttgart eine starke Vereisung an seiner Maschine beobachtet hatte. In kurzer Zeit hätten sich zwei bis drei Zentimeter Eis an der Windschutzscheibe angesetzt. Auch die Unglücksmaschine hatte zu dieser Zeit den Luftraum Stuttgart im Sinkflug passiert. 45 Minuten nach dem Unfall war in Friedrichshafen eine Beechcraft 1900 gelandet. Nach Angaben des Personals war dieses Flugzeug an der Bugnase, den Tragflächen und am Leitwerk massiv vereist.
Dass Eis an einer Klappe aber die Absturzursache der Cessna gewesen sein soll, wie die Staatsanwaltschaft bei einem Pressegespräch am 1. März mitteilte, hält ein ehemaliger Lufthansa-Pilot aus Ravensburg für mehr als unwahrscheinlich: „Das kann man als Fachmann ausschließen.“Der Rentner stellt sich nach dem Studium des Zwischenberichtes vielmehr die Frage, „warum ein flugfähiges Flugzeug in den Boden fliegt“. Maschinen dieses Typs und ihre Enteisungsanlagen seien laut Flughandbuch nicht für schwere Vereisungen geeignet. „Kommt es dennoch dazu, und damit muss man im oberschwäbischen Winter rechnen, müssen Pilot und Co-Pilot unbedingt die richtigen Maßnahmen im richtigen Moment einleiten“, so der Ravensburger. Das Problem sei ein doppeltes: „Eis am Flugzeug bringt ein enormes Zusatzgewicht. Und es verändert das Tragflächenprofil und damit die Strömung massiv.“
Stutzig macht den Mann eine weitere Passage aus dem Bericht der Experten. Hier heißt es: „Wrackteile lagen in einem Bereich von ca. 130 Meter mal 50 Meter. Auffällig war, dass viele Wrackteile seitenverkehrt lagen, das heißt, Teile der rechten Flugzeugseite lagen links der Unfallspur und umgekehrt.“Der Pilot: „Das deutet vor dem Aufprall auf eine Drehung um die Längsachse hin. Da kann man viel spekulieren, was die Ursache dafür war. Ungewöhnlich ist es auf jeden Fall.“
Ob der Abschlussbericht Klarheit schafft, bleibt abzuwarten. Bis spätestens Ende des Jahres wird er vorliegen, sagt der Sprecher der BFU. Sicher ist, dass an jenem Dezemberabend das Flugzeug zunächst im Waldstück Frankenberg gegen Bäume gekracht war. Danach flog die stark beschädigte Maschine noch einen Kilometer bis in den Wald von Sieberatsreute weiter. Die Absturzspur war 130 Meter lang. Zeugen hörten einen Knall. Dann gab es eine Stichflamme.