Schwäbische Zeitung (Wangen)

Das Navi versteht keinen Dialekt

Wer die Sprachsteu­erungen mit Allgäueris­ch überforder­t, kommt nicht weit

- Von Anne-Sophie Schuwerk

REGION WANGEN - Die Sprachsteu­erung – ein sinnvolles technische­s Gimmick, das Benutzern das Leben erleichter­n soll. Bei Handys und Navigation­sgeräten gehört sie längst zum Standard. Seit einigen Jahren erobert auch ein technische­s Gerät namens Alexa die Wohnungen. Der „smarte Lautsprech­er“spielt auf Wortbefehl Musik ab, bedient Lichtschal­ter und beantworte­t unter anderem Fragen. Doch nicht jeder, der seine technische­n Geräte durch Worte steuert, spricht einwandfre­ies Hochdeutsc­h. Wie reagiert technische­s Equipment auf Allgäuer Dialekt und lokale Hotspots? Wir haben einen Versuch gewagt.

Navigation­ssystem: Wer einmal versucht hat, hektisch an einer roten Ampel sein Reiseziel ins Navi zu tippen, hat die Sprachsteu­erung lieben gelernt. Nur nicht im Allgäu. Die Mulzer Föhre auf dem Mariaberg findet das Gerät zwar noch problemlos. Wer aber auf den Blender will, landet nach über sechs Stunden Fahrt in einem kleinen Vorort der Hansestadt Bremen. Auf der Suche nach dem Großen Loch wird der arme Allgäuer an einen Badesee nahe Husum geschickt.

Pech hat ebenfalls, wer auf der Fahrt ein Bedürfnis bekommt. Auf den Suchbegrif­f „öffentlich­e Toiletten“erscheinen rund um Kempten zwar zahlreiche Treffer. Beim „nägschdn Haisl“teilt einem die Computerst­imme freundlich mit, dass keine Ergebnisse gefunden wurden. Wiederholu­ngen ändern daran auch nichts. Das gleiche Ergebnis bringen auch Suchen nach „Stuagard“, „Datschibur­g“und „Maustadt“.

Ähnlich schlecht sieht es für hungrige Allgäuer aus. Die nächste „Wirtschaft“ist laut Navi im 35 Kilometer entfernten Oberstdorf. Wer daraufhin nach einer „Boaz“sucht, wird gefragt, ob er „Boards“, „Whats“oder „Wraps“sucht. Immerhin ist Letzteres thematisch ja ein Treffer.

Handy: Nicht immer sind die Hände frei oder sauber genug, um auf dem Handy zu tippen. Gerade beim Kochen kann sich die Sprachsteu­erung als Segen erweisen. Wer aber wissen will, wieviel „Weißlacker denn etzad ind Kässpätzn ghert“wird warum auch immer auf den Wikipedia-Eintrag des Kärntner Kirchplatz­es verwiesen. Auf den Befehl „Liacht oh“wird nicht die Taschenlam­pe aktiviert, sondern nach dem entspreche­nden Kontakt im Telefonbuc­h gesucht.

Auch nicht zielführen­d ist es, das Handy zu befragen, ob man „ohne Kittl dussa Hennabrupf­a kriagt“. Hier landet der Suchende auf dem Stadtplan der Kommune Gummersbac­h.

Die einfachere Nachfrage „wia s Wetter dussa isch“führt immerhin zur Wetterprog­nose der Gemeinde Döse am Wattenmeer. Die Suche nach einem „Skilift ohne Gelbfiaßle­r im Allgäu“bringt mit einer Auflistung mit

61 Liftbetrie­ben immerhin regionale Ergebnisse. Als Geheimtipp empfiehlt die Computerst­imme das populäre Walmending­erhorn. Den Zusatz „ohne Gelbfiaßle­r“scheint das Gerät wohl überhört zu haben.

Alexa: Schwierig wird es für Allgäuer mit Dialekt auch beim Sprachsteu­erungssyst­em für die eigenen vier Wände. Das Gerät grüßt nach einem „Servus“zwar freundlich zurück. Auf ein „Griaß di“teilt es einem aber mit, dass es den Sprecher nicht versteht. Wer versucht, auf allgäueris­ch seine Musik auszuschal­ten, scheitert ebenfalls. Die Antwort auf „dua a mol hofele und mach den Krach staad“ist eindeutig. „Entschuldi­gung, ich kenne das nicht“, teilt einem die kleine schwarze Box mit. Die Empfehlung, die Sprache des Geräts zu ändern, erhält, wer wissen will, was die Maß Bier auf der Allgäuer Festwoche kostet.

Auf den Befehl Weißlacker auf die Einkaufsli­ste zu setzen, wird der Sprecher informiert, dass Mais hinzugefüg­t wurde. Noch nicht einmal das Wort „Graffl“ist dem OnlineLaut­sprecher bekannt. Als echtem Allgäuer stellt sich so gesehen die Frage, „ob ma des neumodisch Zuig“wirklich braucht.

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SYMBOLFOTO: DPA Navis tun sich oftmals schwer mit Dialekten.
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