Regeln für kranke Arbeitnehmer
Wer krank ist, gehört nicht ins Büro oder auf die Baustelle – Was Arbeitsunfähige sonst noch wissen müssen
Kopfschmerzen, verstopfte Nase, schwere Glieder – wer sich so fühlt, gehört ins Bett und nicht ins Büro oder auf die Baustelle. Es klingt ganz simpel: Ein Arbeitnehmer ist krank. Also meldet er das dem Arbeitgeber und kann sich in Ruhe auskurieren. Um die Details gibt es aber immer wieder Streit, manchmal sogar vor Gericht. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Krankschreibung:
Wann muss der Arbeitnehmer sich krankmelden?
Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer „unverzüglich“mitteilen – das regelt das Gesetz. „Das Gebot der Höflichkeit führt dazu, dass man das schon frühzeitig tun sollte, damit der Arbeitgeber planen kann“, sagt Jürgen Markowski, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Nürnberg. „Aber spätestens vor dem üblichen Dienstantritt muss ich dem Arbeitgeber mitteilen, dass ich arbeitsunfähig bin.“
Muss der Arbeitgeber wissen, was ich habe?
Nein. Es gilt grundsätzlich, zwischen Krankheit und Arbeitsunfähigkeit zu unterscheiden: „Wenn ich wegen meiner Krankheit meinen Job nicht mehr machen kann, bin ich arbeitsunfähig“, erklärt Markowski. Welche Krankheit der Arbeitnehmer hat, muss der Arbeitgeber aber nicht wissen.
Auf welchem Weg muss sich der Arbeitnehmer arbeitsunfähig melden?
Das kann jeder Betrieb regeln, wie er will. Die erste Info des Arbeitnehmers ist aber oft formlos. Bei einem der größten deutschen Arbeitgeber, der Deutschen Bahn, sieht man das auch so, wie eine Sprecherin erklärt: In der Regel melden sich kranke Arbeitnehmer dort direkt bei ihrer Führungskraft. Das könne per Mail, Anruf oder SMS erfolgen, je nachdem, welche die üblichen Kommunikationswege im Team sind und was für den Mitarbeiter möglich ist. Anders ist es bei der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt: Die muss dem Arbeitgeber im Original vorliegen.
Wann muss die ärztliche Bescheinigung beim Arbeitgeber sein?
Auch das steht im Gesetz: Nach dem dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit, also an Tag vier, muss die Bescheinigung beim Arbeitgeber sein. Das Wochenende zählt dabei mit. Wer am Freitag fehlt, muss am Montag also die Bescheinigung vorlegen. Aber Vorsicht: Der Arbeitgeber darf von der gesetzlichen Regelung abweichen und von Arbeitnehmern schon ab dem ersten Tag eine Bescheinigung verlangen oder im Arbeitsvertrag eine andere Frist festlegen. Hier muss sich der Arbeitnehmer erkundigen, was für ihn gilt.
Was passiert, wenn die Bescheinigung zu spät kommt?
Liegt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig vor, darf der Arbeitgeber in diesem Zeitraum die Fortzahlung des Lohns verweigern. Wer zu krank ist, um zur Post zu gehen, sollte daher einen Boten schicken – etwa einen Freund oder Verwandten, der im Streitfall auch Zeuge sein kann. Denn es liegt „komplett im Risikobereich des Arbeitnehmers, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig beim Arbeitgeber ist“, sagt Fachanwalt Markowski.
Wie muss ich mich verhalten, wenn ich krankgeschrieben bin?
Der Arbeitnehmer darf alles tun, was seine Genesung nicht verzögert und seiner Krankheit angemessen ist. „Wenn jemand einkaufen geht, muss das nicht heißen, dass er sich genesungswidrig verhält oder gar nicht arbeitsunfähig war“, sagt Peter Mayer, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin. Das komme immer auf den konkreten Einzelfall an. „Wenn ich als Kraftfahrer tätig bin und den Arm gebrochen habe, kann ich meine Arbeitsleistung nicht erbringen, aber natürlich kann ich einkaufen gehen.“
Sollte der Arbeitnehmer wieder zur Arbeit kommen, wenn er sich gut fühlt, aber noch krankgeschrieben ist?
Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dokumentiert nur die vom Arzt erwartete maximale Dauer der Erkrankung. Wenn sich der Arbeitnehmer schon vorher fit fühlt, kann er auch zur Arbeit gehen. Laut Deutscher Bahn gibt es dabei aber Einschränkungen: Sollte der Arbeitgeber objektive Zweifel an der Arbeitsfähigkeit haben, könne und müsse er – insbesondere bei Tätigkeiten im sicherheitsrelevanten Bereich – eine betriebsärztliche Untersuchung anordnen, bevor der Arbeitnehmer zurück an den Arbeitsplatz kommen kann.
Kann Arbeitsunfähigkeit zur ● Kündigung führen?
Ja. „Arbeitsunfähigkeit ist ein klassischer Kündigungsgrund“, sagt Arbeitsrechtler Peter Meyer. Es sei ein weit verbreiteter Irrtum, dass dem Arbeitnehmer nicht während und wegen einer Krankheit gekündigt werden könne. Aber die Anforderungen sind hoch. Für den Arbeitgeber darf es nicht mehr zumutbar sein, den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Diese sogenannte Zumutbarkeitsgrenze sehen Gerichte aber in der Regel erst überschritten, wenn der Arbeitnehmer drei Jahre in Folge mehr als sechs Wochen im Jahr arbeitsunfähig war.
Gilt das auch dann, wenn eine schwere Krankheit überstanden ist?
Nein. „Eine Kündigung ist nie eine Bestrafung für die Vergangenheit, sondern sie soll dazu führen, dass der Arbeitgeber vor unzumutbaren Belastungen in der Zukunft geschützt wird“, sagt Jürgen Markowski. Das gilt auch bei Krankheit, wie eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aus dem März 2017 (Az.: 2 Sa 158/16) zeigt. Die Kündigung einer Anlagenfahrerin war demnach nicht rechtmäßig – obwohl sie in vier Jahren 400 Tage gefehlt hatte. Dafür gab es aber ganz unterschiedliche Gründe, vom eingeklemmten Nerv bis zu psychischen Problemen. Für das Gericht war damit nicht absehbar, dass die Arbeitnehmerin in Zukunft krankheitsanfällig ist. (dpa)