Vom Allgäu in den Libanon
Delegation aus fünf Gemeinden macht sich ein Bild von der humanitären Lage.
AMTZELL - Gleich hinter den Bergen, die das riesige Zeltlager umgeben, liegt Syrien. Manchmal hört man die Einschläge der Granaten wie den Groll des Donners. Viele Männer, die jenseits der Grenze, im Libanon, mit ihren Familien Schutz gefunden haben, gehen noch regelmäßig über die Berge, um für ihr Land zu kämpfen.
Und auch wenn die Menschen dort unter sehr schwierigen Bedingungen ihr Dasein fristen, so haben sie die Hoffnung nicht aufgegeben, eines Tages wieder in ihr Heimatland zurückkehren zu können. Mit solchen und noch vielen anderen Eindrücken kam die Delegation, die aus fünf Allgäuer Gemeinden bestand, aus dem Libanon zurück.
Bei der Reise und dem Besuch von ebenfalls fünf Gemeinden im Libanon ging es darum, sich vor Ort ein Bild der humanitären Lage zu machen, um gegebenenfalls zu einem anderen Zeitpunkt finanzielle Hilfe zu leisten, aber auch mit Experten beratend zu Seite zu stehen. Ein Projekt, das unter anderem vom Bundesintegrationsministerium unterstützt wird.
Um diese Eindrücke auch den Mitbürgern zu vermitteln, hat am vergangenen Mittwoch ein Informationsabend im Alten Schloss stattgefunden. So konnten die 15 Mitreisenden aus Heimenkirch, Opfenbach, Hergatz, Gestratz und Amtzell, die auch anwesend waren, Rede und Antwort stehen.
Markus Reichart aus der Gemeinde Heimenkirch führte mit eindrucksvollen Bildern und Berichten durch den Abend. Der Libanon ist ein kleines Land, das an der Grenze zu Syrien liegt und unweit der Türkei. Mit der Frage „Wie kann man verhindern, dass so viele Menschen den gefährlichen Weg über das Meer nehmen?“kam auch der Anstoß zu dieser Reise mit der naheliegenden Antwort „indem man den Menschen, die dort wohnen, ihre essentiellen Grundbedürfnisse sichert“, erklärte Reichart. Der Libanon beherberge sehr viele Flüchtlinge. Diese kommen durch die Grenznähe hauptsächlich aus Syrien.
Die Menschen finden zum Teil Zuflucht in abgelegenen Kommunen, die aber vom Staat selber keine Unterstützung bekommen. Zum Anderen entstehen nahe der Grenze zu Syrien Zeltstädte, die bar jeglicher lebensnotwendiger Infrastruktur wie Pilze aus dem Boden sprießen. Und es werden immer mehr, so Reichart.
Müllprobleme an allen Ecken
Die Delegierten aus dem Allgäu erfuhren in den einzelnen Kommunen von Problemen, deren Schwerpunkte je nach Gemeinde ganz unterschiedlicher Natur waren. So fehlt es zum Beispiel in dem Dorf Al Mohammarra an einem Schulgebäude für die vielen Kinder, die unterrichtet werden müssen. Die Grundschule besteht aus einem Container, in dem Hunderte Kinder platziert sind. Vormittags werden rund 300 libanesische Kinder unterrichtet und nachmittags doppelt so viele aus Syrien.
In einer anderen Stadt gibt es zwar ein großes Wasserreservoir, das neben den eigenen Bewohnern noch die Stadt Tripolis mit Wasser versorgt (500 000 Einwohner), doch das Wasser muss gechlort werden. Grund: Häuser werden ohne Genehmigung außerhalb des Abwassersystems gebaut und somit das Grundwasser verunreinigt.
Der Besuch in einer der großen Zeltstädte zeigte, dass hier Hilfe an allen Ecken und Enden gebraucht wird. Der Boden ist verschlammt, die sanitären Einrichtungen kaum zumutbar, und die dünnen Zeltwände schützen kaum vor der Kälte des nahenden Winters, der genauso kalt sein kann wie in unseren Breiten. Praktisch allen Kommunen gemeinsam jedoch ist das Müllproblem. Müllvermeidung und -entsorgung sind ein großes Thema, und auch hier wäre der Versuch einer Abhilfe eine große Herausforderung.
Doch welches Projekt gilt es nun vom Allgäu aus zu unterstützen? Um die Entscheidung etwas zu erleichtern, wurden verschiedene Kriterien aufgestellt. Diese berücksichtigen die Anzahl der Flüchtlinge, die Herausforderung des Projekts und das Thema überhaupt. Wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit der Kommune, und natürlich spielt auch die Sympathie eine bedeutende Rolle. Anfang Dezember ist eine Gemeinderatssitzung der fünf Kommunen anberaumt, bei der entschieden wird, ob eine Partnerschaft im Libanon zustande kommt, um damit ein Hilfsprojekt zu unterstützen. Und wenn ja, wie genau die Allgäuer Gemeinden vor Ort helfen können.