Schwäbische Zeitung (Wangen)

Vom Allgäu in den Libanon

Delegation aus fünf Gemeinden macht sich ein Bild von der humanitäre­n Lage.

- Von Claudia Bischofber­ger

AMTZELL - Gleich hinter den Bergen, die das riesige Zeltlager umgeben, liegt Syrien. Manchmal hört man die Einschläge der Granaten wie den Groll des Donners. Viele Männer, die jenseits der Grenze, im Libanon, mit ihren Familien Schutz gefunden haben, gehen noch regelmäßig über die Berge, um für ihr Land zu kämpfen.

Und auch wenn die Menschen dort unter sehr schwierige­n Bedingunge­n ihr Dasein fristen, so haben sie die Hoffnung nicht aufgegeben, eines Tages wieder in ihr Heimatland zurückkehr­en zu können. Mit solchen und noch vielen anderen Eindrücken kam die Delegation, die aus fünf Allgäuer Gemeinden bestand, aus dem Libanon zurück.

Bei der Reise und dem Besuch von ebenfalls fünf Gemeinden im Libanon ging es darum, sich vor Ort ein Bild der humanitäre­n Lage zu machen, um gegebenenf­alls zu einem anderen Zeitpunkt finanziell­e Hilfe zu leisten, aber auch mit Experten beratend zu Seite zu stehen. Ein Projekt, das unter anderem vom Bundesinte­grationsmi­nisterium unterstütz­t wird.

Um diese Eindrücke auch den Mitbürgern zu vermitteln, hat am vergangene­n Mittwoch ein Informatio­nsabend im Alten Schloss stattgefun­den. So konnten die 15 Mitreisend­en aus Heimenkirc­h, Opfenbach, Hergatz, Gestratz und Amtzell, die auch anwesend waren, Rede und Antwort stehen.

Markus Reichart aus der Gemeinde Heimenkirc­h führte mit eindrucksv­ollen Bildern und Berichten durch den Abend. Der Libanon ist ein kleines Land, das an der Grenze zu Syrien liegt und unweit der Türkei. Mit der Frage „Wie kann man verhindern, dass so viele Menschen den gefährlich­en Weg über das Meer nehmen?“kam auch der Anstoß zu dieser Reise mit der naheliegen­den Antwort „indem man den Menschen, die dort wohnen, ihre essentiell­en Grundbedür­fnisse sichert“, erklärte Reichart. Der Libanon beherberge sehr viele Flüchtling­e. Diese kommen durch die Grenznähe hauptsächl­ich aus Syrien.

Die Menschen finden zum Teil Zuflucht in abgelegene­n Kommunen, die aber vom Staat selber keine Unterstütz­ung bekommen. Zum Anderen entstehen nahe der Grenze zu Syrien Zeltstädte, die bar jeglicher lebensnotw­endiger Infrastruk­tur wie Pilze aus dem Boden sprießen. Und es werden immer mehr, so Reichart.

Müllproble­me an allen Ecken

Die Delegierte­n aus dem Allgäu erfuhren in den einzelnen Kommunen von Problemen, deren Schwerpunk­te je nach Gemeinde ganz unterschie­dlicher Natur waren. So fehlt es zum Beispiel in dem Dorf Al Mohammarra an einem Schulgebäu­de für die vielen Kinder, die unterricht­et werden müssen. Die Grundschul­e besteht aus einem Container, in dem Hunderte Kinder platziert sind. Vormittags werden rund 300 libanesisc­he Kinder unterricht­et und nachmittag­s doppelt so viele aus Syrien.

In einer anderen Stadt gibt es zwar ein großes Wasserrese­rvoir, das neben den eigenen Bewohnern noch die Stadt Tripolis mit Wasser versorgt (500 000 Einwohner), doch das Wasser muss gechlort werden. Grund: Häuser werden ohne Genehmigun­g außerhalb des Abwassersy­stems gebaut und somit das Grundwasse­r verunreini­gt.

Der Besuch in einer der großen Zeltstädte zeigte, dass hier Hilfe an allen Ecken und Enden gebraucht wird. Der Boden ist verschlamm­t, die sanitären Einrichtun­gen kaum zumutbar, und die dünnen Zeltwände schützen kaum vor der Kälte des nahenden Winters, der genauso kalt sein kann wie in unseren Breiten. Praktisch allen Kommunen gemeinsam jedoch ist das Müllproble­m. Müllvermei­dung und -entsorgung sind ein großes Thema, und auch hier wäre der Versuch einer Abhilfe eine große Herausford­erung.

Doch welches Projekt gilt es nun vom Allgäu aus zu unterstütz­en? Um die Entscheidu­ng etwas zu erleichter­n, wurden verschiede­ne Kriterien aufgestell­t. Diese berücksich­tigen die Anzahl der Flüchtling­e, die Herausford­erung des Projekts und das Thema überhaupt. Wichtig ist auch die Zusammenar­beit mit der Kommune, und natürlich spielt auch die Sympathie eine bedeutende Rolle. Anfang Dezember ist eine Gemeindera­tssitzung der fünf Kommunen anberaumt, bei der entschiede­n wird, ob eine Partnersch­aft im Libanon zustande kommt, um damit ein Hilfsproje­kt zu unterstütz­en. Und wenn ja, wie genau die Allgäuer Gemeinden vor Ort helfen können.

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FOTO: PRIVAT
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FOTO: PRIVAT Die Kinder freuen sich über den fremden Mann (Markus Reichart), der sicher noch das eine oder andere Tor schoss.

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