Nahles und Barley prangern Sexismus an
Missbrauchsvorwürfe gegen Filmproduzent Weinstein treten Debatte in Deutschland los
BERLIN/LOS ANGELES - Der Aufschrei über die Missbrauchsvorwürfe gegen den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein, die „#MeToo“-Initiative, in der Frauen in den USA über ihre erniedrigenden Erfahrungen berichten, hat nun auch hierzulande eine hitzige Debatte losgetreten. „Immens wichtig“sei die Diskussion, aber auch „frustrierend“, sagte Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD). Denn immer wieder werde darüber gesprochen, „aber es ändert sich nicht viel“.
Auch FDP-Vize Katja Suding sieht die „#MeToo“-Initiative als wichtigen Vorstoß, Sexismus in Deutschland zu debattieren. „Wegschauen darf nicht zum gesellschaftlichen Konsens gehören“, sagte sie am Sonntag im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Es gibt klare Grenzen, die nicht verhandelbar sind.“Schärfere Gesetze, wie sie Barley forderte, „helfen allerdings nicht weiter“, sagte Suding und sieht keinen Handlungsauftrag für die Jamaika-Koalitionäre. „Vielmehr muss es uns allen darum gehen, Hemmnisse und Hürden abzubauen, damit Sexismus auch tatsächlich zur Anzeige gebracht und geahndet wird.“
SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles sieht eine typische SexismusErfahrung darin, „dass Frauen nicht ernst genommen werden“. In der Politik gebe es Männer-Kartelle. „Immer, wenn ich es in ein Gremium geschafft habe, stellte ich fest: Es gibt noch ein höheres, informelles Gremium, in dem die Männer die Entscheidungen unter sich treffen.“
Die Zahl der Frauen, die Weinstein sexuelle Übergriffe vorwerfen, wuchs dem US-Sender NBC zufolge unterdessen auf mehr als 60. Sie sei von dem Produzenten „zu Tode geängstigt“worden, sagte ein Anwalt über seine Mandantin, eine anonyme italienische Schauspielerin. Die Frau hatte angegeben, Weinstein vor vier Jahren auf sein Drängen hin in ihr Hotelzimmer gelassen zu haben. Im Badezimmer habe er sie dann vergewaltigt. Weinstein hat erklären lassen, er weise Vorwürfe von nichteinvernehmlichem Sex zurück.
Der Verband der US-Regisseure DGA leitete derweil Schritte zum Ausschluss Weinsteins ein. In Frankreich soll das Sexualstrafrecht verschärft werden.
HEIDELBERG (dpa) - Besserverdienende greifen einer aktuellen Untersuchung zufolge deutlich häufiger zum Glas als sozial Schwächere. Etwa 70 Prozent der Männer mit hohem Sozialstatus tränken mindestens einmal wöchentlich Alkohol, heißt es im neuen „Alkoholatlas“des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) Heidelberg. „Gerade in höheren Sozialschichten gilt Alkohol auch als Statussymbol – etwa Wein oder Cognac“, sagte DKFZ-Expertin Ute Mons. Bei Männern mit mittlerem Sozialstatus konsumieren demnach „nur“58 Prozent und bei niedrigem Sozialstatus 49 Prozent regelmäßig Bier und andere Alkoholika. Ähnlich sieht es der Analyse zufolge bei Frauen aus. Den Sozialstatus definiert die Untersuchung unter anderem anhand der Schulbildung, einer abgeschlossenen Ausbildung und einer regelmäßigen Arbeit.
Nur knapp drei Prozent der deutschen Erwachsenen sind dem DKFZ zufolge völlig abstinent – obwohl Alkohol ein Risikofaktor für Krebs und andere ernste Erkrankungen des Verdauungssystems sei. Das liege auch an der Werbung für alkoholische Getränke. Hersteller verknüpften ihre Produkte oft mit Jugendlichkeit und Lebensfreude, sagte Mons. Zur Prävention forderte sie eine spürbare Erhöhung der Alkoholsteuersätze in Deutschland, die deutlich niedriger seien als im EU-Durchschnitt.