Ein Leben mit Alexa
Digitale Sprachassistenten sind auch in Deutschland auf dem Vormarsch
Wer eine Wohnung sucht, braucht gute Nerven, viel Geduld – und Alexa. Das glauben zumindest die Anbieter von Immobilienportalen. In welcher Stadt wollen wir wohnen, in welchem Bezirk? Wie viel darf die Wohnung kosten? Wie groß soll sie sein? Gefüttert mit diesen Informationen macht sich der digitale Sprachassistent von Amazon auf die Suche nach den besten Angeboten. Alexa legt ein Suchprofil für den Nutzer an und stellt die Liste zur Verfügung.
Im Laufe des Oktobers soll die Anwendung über das Immobilienportal Immowelt möglich sein. Das Unternehmen will damit einen neuen Kanal für die Wohnungssuche anbieten, aber auch auf einen Trend aufspringen. „Das Smarthome ist längst keine Zukunftsmusik mehr und die Sprachassistenten sind Teil davon“, sagt Jan-Carl Mehles von Immowelt. Der intelligente Computer, der die Technik steuert, war vor einigen Jahren noch Science-Fiction und ist heute selbstverständlich.
In den USA sind Alexa, Siri oder der Google Assistent längst fester Bestandteil im Alltag. In Deutschland hinken die Nutzer noch hinterher. Doch auch hierzulande werden sie keine Spielerei für Technik-Fans bleiben. „Sprache ist die natürliche Kommunikationsform des Menschen. Jeder nimmt digitale Unterstützung gerne an“, sagt Robert Spanheimer vom Branchenverband Bitkom.
Die Technologie soll uns das Leben erleichtern, zum Beispiel bei der Steuerung der Haustechnik, beim Kochen, bei der Urlaubsplanung, bei der Freizeitgestaltung. „Überall dort, wo wir einen kurzen Befehl oder eine Frage loswerden wollen und die Antwort unmittelbar brauchen, springen die Assistenten ein“, sagt der Experte für Smarthome-Anwendungen. Es geht aber nicht nur um die Lösung für ein Problem, die dann aus dem Off im Raum präsentiert wird. Zutaten für das Sushi-Rezept werden automatisch auf dem Tablet angezeigt. Die Liste der Kinos für den Film am Samstagabend kann sich der Nutzer auf dem Smartphone speichern.
Jetzt kommt es auf die Qualität der Anwendungen an, darauf, was die digitalen Sprachassistenten eigentlich können. „Je besser die Anwendungen sind und je weniger man lernen muss, desto stärker werden sie auch im Alltag angenommen.“Spanheimer vergleicht die Entwicklung der digitalen Sprachassistenten mit dem Smartphone. Ohne kommen die meisten heute nicht mehr aus. Es geht längst nicht mehr nur ums Telefonieren oder darum, Nachrichten zu versenden oder Fotos zu machen. Termine werden über das Smartphone verwaltet, die Gesundheit mit Apps gefördert, das Auto durch den Stadtverkehr geleitet. Die Geräte sind im Alltag angekommen.
Nutzer muss sich Mühe geben
Alexa versteht auch nur das, was sie kann. Derzeit kursiert im Netz ein Video, in dem ein kleines Kind verzweifelt versucht, Alexa dazu zu bringen, ihr Lieblings-Kinderlied zu spielen. Doch so sehr sich das Mädchen abmüht – Alexa erfüllt ihr ihren Wunsch nicht. „Unfälle“wie diese gibt es etliche. Undeutliche Aussprache oder unklare Anweisungen – der digitale Assistent muss passen, wenn der Nutzer sich nicht Mühe gibt.
Mit konkreten Marktdaten hält sich Amazon bedeckt. Weder zu Verkaufszahlen noch zur Umsatzentwicklung macht das Unternehmen auf Anfrage Angaben. Aber dass die Geschäfte vermutlich gut laufen, daraus machen Experten keinen Hehl. Das zeigen nicht zuletzt die vielen technischen Verbesserungen und die neuen Anwendungen, die Amazon auf den Markt wirft. Erst vor Kurzem wurden mehrere neue Alexa-fähige Geräte vorgestellt. So wurden etwa die vernetzten Echo-Lautsprecher überarbeitet. Zudem kommt in wenigen Wochen der Echo-Show auf den deutschen Markt. Mit dem Gerät kann man per Video telefonieren, sich Fotos anzeigen lassen und die Haustechnik steuern. Zudem sollen Nutzer künftig per Sprachbefehl an Alexa Telefonanrufe führen können. Eine Neuerung sind auch sogenannte Routinen-Schaltungen. Über den Befehl „Gute Nacht“können Nutzer das Licht löschen, den Fernseher abschalten oder die Tür verriegeln.
Datenschutz nicht klar geregelt
Um die Anforderungen der Nutzer zu erfüllen, brauchen Alexa, Siri und Co. jede Menge Daten. Die holen sie sich aus dem Netz. Datenschutz ist vor allem auch für die deutschen Nutzer ein Thema. Die Sorge vor dem Missbrauch der Informationen, von der Weitergabe persönlicher Daten an Dritte ist groß. Die Geräte sind mit Servern in den USA verbunden. Welche Daten abgegriffen werden könnten und wo diese landen, kann keiner genau sagen. Amazon beteuert, dass niemals Kundendaten freigegeben würden, ohne dass eine gültige, rechtlich verbindliche Anforderung erlassen und an das Unternehmen übermittelt wurde.
Auch eine ungewollte Überwachung ist kaum möglich. Die EchoGeräte verwenden eine sogenannte Keyword-Spotting-Technologie. Damit wird das Aktivierungswort für das Gerät erkannt. Sobald dies geschieht, leuchtet der Lichtring am Gerät blau. Er zeigt dem Kunden, dass das Gerät nun Audioaufnahmen in die Cloud sendet. „Der Nutzer hat also einen klaren visuellen Indikator, wann aufgezeichnet wird. Wir geben Kunden die volle Kontrolle über Äußerungen“, heißt es aus dem Unternehmen. Zudem kann man jede Äußerung, die mit dem Kundenkonto verknüpft ist einsehen und löschen.
Verbraucherschützer verfolgen die Entwicklung der digitalen Sprachassistenten dennoch kritisch. Vor allem den Umgang mit sensiblen Daten. Die Informationen kommen nicht nur dem Nutzer zugute, sondern sind auch für Gesundheitsunternehmen, für Versicherungen, für Banken, für etliche andere Dienstleister interessant. „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Daten auch an Dritte weitergegeben werden könnten“, sagt Julian Graf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Umso heikler ist die Frage: Wann dürfen Alexa und Co. zuhören und sich einmischen? Die Assistenten haben eine StandbyFunktion und schalten sich nicht automatisch ab. „Sie warten auf ein bestimmtes Schlüsselwort und starten dann die Aufzeichnung“, sagt Graf. Das kann auch ohne direkte Aufforderung geschehen. Zum Beispiel, wenn der Fernseher läuft, denn „das Gerät unterscheidet nicht nach Stimme, sondern nur nach bestimmten Worten“. Über die „mute“-Taste lässt sich die Aufzeichnung verhindern.