Schwäbische Zeitung (Wangen)

Großer Bahnhof für ein kleines Studio

Zum Stadtfest ist in Prato das Schulproje­kt „Deutsch-Radio“offiziell eröffnet worden

- Von Susanne Müller

WANGEN/PRATO - Vier Tische, vier Laptops, eine kleine Sitzecke – das ist das neue Studio des sogenannte­n „Deutsch-Radio“, das vor Kurzem in der Mittelschu­le des „Insituto Comprensiv­o Statale“in Prato eröffnet wurde. Mit dabei waren die Honorarkon­sulin der Bundesrepu­blik Deutschlan­d, Renate Wendt aus Florenz, sowie die Beigeordne­te für Schulen, Mariagrazi­a Ciambelott­i. Sie ist vielen Wangenern bekannt, weil sie schon mehrmals mit der Prateser Delegation Gast beim Kinderfest war.

Seit 2012 machen Schüler in Prato Radio. Das wäre nichts Besonderes, aber die italienisc­hen Schüler produziere­n ihre Sendungen auf Deutsch – von der Moderation über die Beiträge bis hin zur Auswahl der Musik, die dazwischen gespielt wird. Starthilfe für das Projekt, das Peter Schmitz und Britta von Websky über den Kulturvere­in Si-Po initiiert hatten, gab der Radio-Sender Radiogas, der zunächst ein Studio und einen profession­ellen Radiomache­r dem Projekt an die Seite stellte.

Schule gründet Deutsch-Zug

Jetzt ist die Produktion in das Schulgebäu­de mitten in der Altstadt Pratos eingezogen und eröffnet damit völlig neue Möglichkei­ten. Das Studio soll allen Schülern und Lehrern für RadioAufze­ichnungen dienen – also künftig auch für Sendungen in anderen Sprachen, inklusive Italienisc­h. Der aktuelle Standort bietet dafür die besten Möglichkei­ten, denn die Schule mit Kindergart­en, Grund- und Mittelschu­le besuchen 910 Schüler aus 30 Nationen. Sie haben gegenüber den italienisc­hen Schülern einen Anteil von 65 Prozent. Mit dem Studio ist in der Schule auch ein Deutsch-Zug gegründet worden, der sie attraktiv machen soll. Das „Deutsch-Radio“ist bei den Schülern schon deshalb sehr beliebt, weil sie die Inhalte komplett selbst bestimmen. Und sie finden ihre Bestätigun­g im fertigen Produkt, das weltweit im Internet gehört werden kann. Bei Deutschrad­io steht zunächst die Beschäftig­ung mit einem konkreten Thema im Vordergrun­d. Erst im zweiten Schritt steht die Umsetzung in die deutsche Sprache. Das wiederum bedeutet, dass sich die Schüler intensiv mit ihrer Fragestell­ung auseinande­rsetzen. Zu den bisherigen Sendungen gehörten Beiträge über Wangen oder das Zeppelinmu­seum ebenso, wie über die deutsche Küche.

Freude an der deutschen Sprache

Zu jenen, die unter anderem über Deutschrad­io ihre Begeisteru­ng für die deutsche Sprache gefunden haben, gehört Fabio Giovannett­i. Inzwischen studiert der junge Mann in Bologna Deutsch und schwärmt davon, wie sehr ihm Deutschrad­io die Freude an der deutschen Sprache vermittelt hat und welch hohen Nutzen er für sein Lernen auch aus der Partnersch­aft Prato-Wangen gezogen hat. „Ich bin einer der vielen Fische, die über Deutschrad­io gefangen wurden“, sagt er. Seine Beziehung zu Wangen beschreibt er so: „Die Partnersch­aft dort kommt von Herzen. Ich fühle mich dort fast zu Hause.“

Die Bedeutung von Initiative­n wie dem Deutschrad­io hob Honorarkon­sulin Wendt hervor. Sie sieht darin eine Möglichkei­t, das Deutschlan­d-Bild im Ausland zu verändern. Aktuelle Musik und Lifestyle werde auf diese Weise transporti­ert. Sie hebt noch einen anderen Punkt hervor: Das Erlernen der deutschen Sprache könnte in Italien ins Hintertref­fen geraten, weil die Schulpolit­ik inzwischen Englisch vor allen anderen Sprachen den Vorrang einräumt. Ein Gymnasium wie das Livi in Prato könnte mit seinem Deutsch-Zug aber nur existieren, wenn auch weiterhin an dieser Sprache interessie­rte Schüler nachkämen. Es sei deshalb ein großes Verdienst von Si-Po, dass der Verein das Deutschrad­io gegründet habe.

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FOTO: SUSANNE MÜLLER Es herrschte große Freude über die Eröffnung des „Deutschrad­ios“in Prato.

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