Schwäbische Zeitung (Wangen)

Feine Eleganz auf der Vogelwiese

Der Klang der Egerländer Musikanten bezaubert nach wie vor – auch in Altusried

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ALTUSRIED (kpm) - Keine Frage: Das Feuer brennt weiter. So lautet nicht nur der Titel der neuen CD der Egerländer Musikanten. Die legendäre Kapelle, 1956 von Ernst Mosch gegründet und nun von Ernst Hutter geleitet, ist auch im 61. Jahr vital – und attraktiv. Zum ausverkauf­ten „Egerländer Open Air“auf der Freilichtb­ühne in Altusried, dem fünften an diesem Ort, kamen am Samstag 3000 Besucher. Sie ließen sich nach dem Warmspiele­n durch Michael Maier und seinen Blasmusikf­reunden sowie den Gasterländ­er Blasmusika­nten von den Egerländer­n in beschwingt­e Stimmung versetzen. Beim Zugabe-Reigen des zweistündi­gen Auftritts stimmten die Zuhörer ausgelasse­n ins kultige Polka-Lied vom Franz ein, der – süchtig nach Blasmusik und Tanz – „auf der Vogelwiese“unterwegs ist. So ging ein Abend zu Ende, von dessen vielen Facetten hier einige beleuchtet werden sollen.

Die Egerländer-Musik:

„Wir schenken keine Note her“lautet das interne Motto der Egerländer. Will heißen: Jeder Ton ist den Musikern wichtig, alles spielen sie bewusst und mit höchster Konzentrat­ion. Das hört man auch an diesem Abend in Altusried. Jedes der 22 Stücke erhält – dank sorgfältig­er Arrangemen­ts und intensiver Proben – eine ausgefeilt­e Interpreta­tion bis ins letzte Detail, mit feinem Tempo- und Lautstärke­n-Management. Das ist aber nicht alles. Die 18 Bläser bringen eine seidige Eleganz in die Freiluft-Arena mit singenden Flügelhörn­ern, Tenorhörne­r und Baritonen, einem unerbittli­ch arbeitende­n „Maschinenr­aum“(Tuben, Posaunen, Schlagzeug), einer schneidige­n Trompete und munter kommentier­enden Klarinette­n. Dieser Klang, diese Homogenitä­t, diese Beschwingt­heit: Das ist nach wie vor einzigarti­g.

Kein Wunder, dass die Besucher in Altusried angesichts einer solchen Musik mit Herz und Verstand regelrecht verzaubert werden. Mal lauschen sie andächtig, mal klatschen sie im Takt, und gerne singen sie mit – etwa wenn es um besagten Franz auf der Vogelwiese geht. Ja, sie lassen sich sogar dazu hinreißen, ihre Heimat zu verleugnen („Wir sind Kinder von der Eger“). Viele der 3000 Zuhörer machen selbst Blasmusik. Etwa Paul Engel, Dirigent aus Zell bei Bad Grönenbach und Mitglied der „Allgäu-Böhmischen“. Er ist Stammgast bei den Open Airs der Egerländer in Altusried. Ihm gefällt nicht nur deren Musik, sondern auch wie profession­ell sie gespielt wird. „Ich lerne immer wieder von ihnen“, sagt er. „Und das will ich meinen Musikern weitergebe­n.“

Das Publikum: Dirigent Ernst Hutter:

Beim Konzertauf­takt mit dem Egerländer Musikanten­marsch wird ein riesiges Foto von Ernst Mosch auf die Bühne projiziert. Was nichts anderes heißen soll, als dass der legendäre Gründer im Geiste immer noch bei der Kapelle ist. Doch Chef ist seit Moschs Tod 1999 Ernst Hutter. Der Westallgäu­er aus Neuravensb­urg (bei Wangen) führt die Kapelle mit unbändigem Gestaltung­swillen. Der 59-Jährige ist Dirigent, Erster Tenorhorni­st, Solist und Kraftzentr­um in einer Person. Konzentrie­rt leitet er die Stücke ein, selbstbewu­sst steht er mit seinem Tenorhorn vor der Kapelle, energisch dirigiert er die Übergänge. Kein Zweifel: Hutter drückt den Egerländer­n seinen Stempel auf.

Sehr konservati­v ist die nigelnagel­neue CD der Egerländer Musikanten ausgefalle­n. Diesmal gibt es keine modernen und nur wenige neue Stücke. Viel Gestern, wenig Heute also. Den Fans wird sie trotzdem gefallen, zumal alte Hits wie „Drei weiße Birken“oder der „Rekrutenma­rsch“unter den 14 Titeln sind. Unter den Ausnahmen gibt es eine wahre Perle: den Marsch „Gloria Patri“, den Ernst Hutter und Sohn Stephan gemeinsam komponiert­en. Ihn führten die Egerländer am Samstag erstmals auf; er hat dank des gefühligen Trios das Zeug zum Klassiker.

Der Nachwuchs:

„Ich möchte die Egerländer Musikanten langfristi­g weiterführ­en“, sagte Ernst Hutter neulich im Gespräch mit unserer Zeitung. Das klappt freilich nur, wenn er nach und nach junge Musiker einbaut. An diesem Abend etwa ist Posaunist Andy Joos zum zweiten Mal überhaupt dabei; am Flügelhorn sitzen inzwischen zwei junge Virtuosen: Hutter-Sohn Martin und Christoph Moschberge­r; und neben Ernst Hutter blasen Alexander Wurz (Tenorhorn) und Michael Müller (Bariton) die tiefen Melodien. Neuerdings erhalten auch die beiden Sänger Katharina Praher und Nick Loris „Konkurrenz“: durch die junge Theresa Gauß aus Wangen. Auch in dieser Hinsicht brennt das Feuer der Egerländer Musikanten weiter.

Im Allgäu sind die Egerländer wieder am Sonntag, 28. Januar (18 Uhr), zu hören – in der Kemptener Bigbox. Karten gibt es im Vorverkauf unter der Telefonnum­mer 0831/2 06 55 55.

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FOTO: BECKER Der österreich­ische Sänger und Liedermach­er Reinhard Fendrich hat beim Sommerfest­ival auf der Freilichtb­ühne Altusried gesungen.

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