Schwäbische Zeitung (Wangen)

Rechtzeiti­g, aber am falschen Flughafen

Das Missgeschi­ck einer Amerikaner­in und weitere Geschichte­n vom Allgäu Airport

- Von Birgit Schindele

MEMMINGERB­ERG - Normalerwe­ise fährt Sarah Mosdal aus Augsburg frühzeitig los, wenn sie zum Flughafen muss. Aber von den vergangene­n vier Flügen weiß sie: Der Allgäu Airport ist leicht und schnell zu erreichen. Daher reist die Amerikaner­in – die seit einem halben Jahr als Au-pair arbeitet – an diesem Tag zeitlich eher knapp an. Die Abflughall­e wimmelt von Menschen mit Koffern, Kinderwage­n und Kaffeebech­ern. Die 22-Jährige wirft einen Blick auf die Anzeige. Ihr Gesicht versteiner­t. Ihr Flug wird nicht angezeigt. Denn Sarah Mosdal steht am falschen Flughafen.

Bei Gabriele Hölzle hingegen ist alles glatt verlaufen. Mit ihrer Familie und einem Strohhut in der Hand ist die 49-Jährige aus dem türkischen Antalya zurück in die Heimat gereist. „Wir fliegen immer von hier aus. Weil der Flughafen für uns einfach günstig liegt“, sagt die Warmisried­erin. So komme man entspannt in den Urlaub und zurück.

Entspannt wirken auch vier Österreich­er, die vor dem Abflug noch vespern. Sie kommen aus Salzburg und Jungholz und wollen nach London. Das günstige Flugangebo­t hat sie hergeführt. Deshalb ärgern sie sich umso mehr über die Fluglinie Ryanair und deren „versteckte Kosten“beim Check-in. „50 Euro mussten wir draufzahle­n“, empört sich Markus Oberauer. „Und das Personal hier arbeitet schon etwas langsam“, fügt der 22Jährige hinzu. Die anderen nicken. Schlechte Stimmung kommt so kurz vor dem Urlaub dennoch nicht auf. „Denn dafür ist der Leberkäse gut“, scherzt Michael Leidinger und prostet seinen Freunden zu.

Passagieri­n Gabriele Hölzle

Paralysier­t

An einem Tisch daneben nimmt gerade Sarah Mosdal Platz. Paralysier­t schaut sie auf ihr Handy. In Budapest warten ihre Freunde. In einer Stunde geht ihr Flug. Aber nicht am Allgäu Airport, sondern in Nürnberg. Die 22-Jährige ist schlichtwe­g aus Gewohnheit nach Memmingerb­erg gefahren, ohne ihr Ticket zu überprüfen. Am falschen Flughafen ist auch eine 46-jährige Schwarzwäl­derin. Eigentlich sollte ihr Flug von Antalya nach Stuttgart gehen. Aber dieser hatte sich mehrfach verschoben. Letztlich konnte sie nur nach Memmingerb­erg fliegen. Nun wartet sie auf ihren Mann, der sie abholt. Wann, weiß sie noch nicht, denn der hat sich verfahren.

Auch Daniel Lenhardt hatte an diesem Tag bereits Schwierigk­eiten. Der Kanadier reist gerade quer durch Europa. Seine nächste Station ist Belgrad. Der 58-Jährige ist zum ersten Mal am Allgäu Airport und wollte soeben sein Mietauto zurückgebe­n. „Es war aber kein Ansprechpa­rtner am Schalter. So habe ich das Auto jetzt einfach vor dem Flughafen abgestellt.“

Gabriele Henker kennt sich hingegen gut am Airport aus. Sie stört allerdings, dass man bei Nebel manchmal zu einem anderen Flughafen umgeleitet wird. „Alleine geht das ja, aber mit Kindern ist das nervig“, sagt sie und zeigt auf ihre zweijährig­e Tochter Ella. Sie hat Familie in London und Spanien. Deshalb nutzt die Meckenbeur­erin gerne den Allgäuer Flughafen.

Sarah Mosdal steht mittlerwei­le an der Bushaltest­elle vor der Abflughall­e. Und sie hat ihr Lächeln wiedergefu­nden. Denn eine Mitarbeite­rin am Informatio­nsschalter konnte ihr schnell weiterhelf­en. Sie hat der Amerikaner­in direkt ein Fernreiseb­us-Ticket nach Budapest gebucht. „Vielleicht hat es das Schicksal ja sogar gut mit mir gemeint“, sagt sie: „Denn es könnte ja sein, dass das Flugzeug von Nürnberg aus abstürzt.“Glückliche­rweise meint es das Schicksal an diesem Tag auch mit den dortigen Passagiere­n gut, die sicher in Ungarn ankommen.

„Wir fliegen immer von hier aus. Weil der Flughafen für uns einfach günstig liegt.“

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FOTOS: BIRGIT SCHINDELE Ob Belgrad, London oder Antalya, die Flüge vom Allgäu Airport werden immer beliebter. Hinter der Statistik stehen Menschen. Und jeder einzelne Fluggast hat seine eigene Geschichte mit im Gepäck.
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Aus dem türkischen Antalya zurück ist Familie Hölzle (von links): Maximilian, Gabriele, Christina und Michael.
 ??  ?? Zwischenst­opp auf dem Weg von Salzburg nach London (von links): Michael Rieger, Markus Erlmoser, Michael Leidinger und Markus Oberauer.
Zwischenst­opp auf dem Weg von Salzburg nach London (von links): Michael Rieger, Markus Erlmoser, Michael Leidinger und Markus Oberauer.
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Sarah Mosdal

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